kuechenhygiene

Wollen wir’s wirklich wissen?

Sollten Ergebnisse von Hygienekontrollen in Gaststätten für die Öffentlichkeit transparent gemacht werden? In Dänemark ist das angeblich bereits ein Erfolg.

Text: Hansjörg Preims

Wollen wir Konsumenten es wirklich wissen, wenn in einer Gaststätte der Salat auf der Personaltoilette gewaschen wird? Die Frage ist frappierend schwer zu beantworten, sie erübrigt sich aber auch gleich wieder, denn wir erfahren es ohnehin nicht. Auch bei weit schlimmeren hygienischen „Zuständen“, die in Restaurantküchen bei amtlichen Kontrollen immer wieder festgestellt werden, erfährt die Öffentlichkeit über den beanstandeten Betrieb meist nichts. Sollte sie das?
In Deutschland fordern Verbraucherschützer schon lange eine Veröffentlichung der amtlichen Lebensmittelkontrollen von Gaststätten. Ihnen schwebt laut deutscher „Apotheken-Umschau“ (sic!) vor, die Verbraucher in Form eines Smileys, eines Barometers oder einer Ampel über unhygienische Zustände direkt vor Ort oder im Internet zu informieren, um die Betriebe stärker dazu zu disziplinieren, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten. Sanktionen wie Bußgelder hätten nicht viel geändert, heißt es. Die Verbraucherminister der Länder hätten zwar für 2012 die Einführung eines Kontrollbarometers für Gaststätten beschlossen, doch ihre Ministerkollegen von der Wirtschaft und die Lebensmittelwirtschaft hätten dagegengehalten, sodass bis heute kaum etwas passiert sei. Nur wenige lokale Behörden hätten ein derartiges System eingeführt, und zwar schon zuvor.
Verbraucherorganisationen wie Foodwatch wiederum geht die entsprechende Gesetzesgrundlage nicht weit genug. Es bleibe zu viel Spielraum für Klagen, wendet man ein. Verstöße müssten nur veröffentlicht werden, „wenn sie so erheblich sind, dass ein Bußgeld von mehr als 350 Euro zu erwarten ist.“ Diese Einschränkung verunsichere aber die Verantwortlichen, die eine juristische Auseinandersetzung befürchten würden, und verhindere so viele Veröffentlichungen. Nur wenn das Gesetz vorsehe, dass uneingeschränkt alle Kontrollergebnisse veröffentlicht werden müssten, bestehe Rechtssicherheit. Dazu aber fehle der politische Wille.
Der deutsche Branchenverband des Gastgewerbes wiederum argumentiert, die Veröffentlichung von Kontrollergebnissen würde einen unverhältnismäßigen Eingriff in die unternehmerische Freiheit darstellen und verstoße deshalb gegen die Verfassung. Außerdem habe jede Abweichung von der Bestbewertung und deren Veröffentlichung eine Prangerwirkung und könne die Existenz eines Betriebs gefährden. Schließlich würden amtliche Kontrollen nur eine Momentaufnahme bedeuten, und zeitnahe Nachkontrollen seien nicht gewährleistet, sodass ein schlechtes Ergebnis nicht korrigiert werden könne.

„Sehr schwierig“

Und wie sieht es in Österreich aus? Heinz Schöffl, Konsumentenschützer der Arbeiterkammer: „Ähnliche Diskussionen gibt es auch in Österreich, auch unser Vorschlag war immer, Kontrollergebnisse bekannt zu geben bzw. transparent zu machen, zum Beispiel im Internet – nicht nur im Bereich der Hygiene in Gaststätten, sondern grundsätzlich Hygieneuntersuchungen amtlicher Natur.“ Speziell die Gastronomie betreffend, habe man auch schon die „Idee verfolgt, die Kontrollergebnisse durch Aushang kenntlich zu machen“, aber die schwierige Frage sei, ab welchem Beanstandungsgrad man das kundtue. Schließlich gebe es so gut wie in jedem Betrieb Hygieneprobleme irgendwelcher Natur, und sei es nur, dass irgendwo ein schmutziger Fetzen herumliege, so Schöffl. Und da sei die Wirtschaft natürlich sehr dagegen, das würde sie als Pranger sehen. „Wichtig ist, dass Mängel behoben werden – das ist ja auch das Wesen der Nachkontrolle, die es nach Beanstandungen gibt.“ Wobei natürlich auch die Frage sei, „was man als Konsument davon hat, wenn man weiß, dass irgendwo ein schmutziger Fetzen herumgelegen ist.“
Das alles mache es „sehr schwierig“, sagt Schöffl, und deswegen habe diese Diskussion noch nicht wirklich zu einem Ergebnis geführt, die Positionen seien hier sehr weit auseinander: Die Wirtschaft möchte diesbezüglich natürlich gar nichts tun – eine Veröffentlichung könne für einen Betrieb ja auch ruinös sein, auch wenn er sich bemühe. Andererseits gebe es natürlich auch das Bedürfnis auf Konsumentenseite zu wissen, wo Hygienemängel welcher Natur aufgetreten sind. „Wir“, so der AK-Konsumentenschützer, „vertreten die Ansicht, dass dort, wo auch bei Nachkontrollen noch Probleme auftauchen und Wiederholungen stattfinden, es noch ein weiteres Regulativ geben sollte. Und da könnte man vielleicht mit dem Druckmittel „Öffentliche Meinung“ bessere Ergebnisse erzielen als mit einer geringfügigen Geldstrafe.“ Das könne eine Möglichkeit sein, die Anzahl der beanstandeten Fälle etwas zu reduzieren – weil ja doch viele Unternehmen sich redlich bemühten, festgestellte Mängel zu beheben.
Diesbezüglich öffentlich einsehbar ist in Österreich – im Internet – nur ein regelmäßig erscheinender Lebensmittelsicherheitsbericht vom Gesundheitsministerium, wo anonymisiert und in komprimierter Form dargestellt ist, in wie vielen Betrieben Hygienekontrollen stattgefunden haben und wie viel Verstöße es in Summe gab.
Viel offener scheint man mit diesem Thema in Dänemark umzugehen. Dort wurde, wie die deutsche Apotheken-Umschau weiter berichtet, „bereits 2001 ein sogenanntes Smiley-System eingeführt. Verbraucher werden im Internet, aber auch an der Tür jedes Restaurants oder Imbisses detailliert darüber informiert, was der Kontrolleur zu bemängeln hatte. So kann der Kunde erkennen, ob fehlende Hygiene oder schlechte Organisation der Grund für die Beanstandung war.“ Ein Smiley-Gesicht fasse die Ergebnisse zusammen. Lache es, sei alles in Ordnung, sei es traurig, sei vieles zu bemängeln gewesen – allerdings nicht genug, um den Betrieb gleich zu schließen. Und dieses Smiley-System in Dänemark habe sich bewährt: Die Quote der Betriebe mit schlechten Bewertungen sei um etwa die Hälfte gesunken, wird ein Vertreter von Foodwatch zitiert. Denn Transparenz fördere diejenigen, die sich an die Vorschriften hielten. An Hygienemaßnahmen zu sparen rechne sich nicht länger.
Inzwischen, heißt es von Seiten des deutschen Verbands der Lebensmittelkontrolleure, würden in Dänemark nicht nur die Verbraucher von den verbesserten Hygienebedingungen profitieren, auch die Wirtschaftsverbände hätten sich mit dem System angefreundet. Die Betriebe hätten festgestellt, dass es keine effektivere Werbung gebe als eine Bestbewertung. Man sei überzeugt, dass sich früher oder später auch „hierzulande“ mehr Transparenz durchsetzen werde – weil die Verbraucher dies fordern würden und um Kosten zu sparen.

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