komarek

„Wir vertreten jene Betriebe, die sich am Markt fair verhalten“

Informationen zur Branche sowie über aktuelle Tätigkeiten und Errungenschaften der Bundesinnung der chemischen Gewerbe und der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger – von Gerhard Komarek anlässlich des Reinigungstages 2021.

Unsere Aufgabe speziell als Bundesinnung ist es, die Bedürfnisse, Wünsche und Probleme aus der Branche aufzugreifen und zu versuchen, Lösungen zu finden bzw. diese organisatorisch oder auch politisch umzusetzen. In unterschiedlichen Arbeitskreisen (siehe Infobox „Arbeitskreise“) setzen wir uns mit allen Themen, die wir im Bereich der Landesinnungen und der Bundesinnung aufgreifen, auseinander und überlegen gegebenenfalls, wo notwendige Schritte zu setzen sind. Jedenfalls gilt es, die Branche so zu vertreten, dass wir klar dafür stehen, die Vertreter jener Betriebe zu sein, die sich am Markt fair verhalten. Wir vertreten keinen Mitgliedsbetrieb, der zu Dumpingpreisen anbietet bzw. dem Kunden mehr Stunden verkauft, als er tatsächlich leistet. Dafür habe ich kein Verständnis, und dagegen werden wir auch weiterhin vorgehen.

Nun: Wo sind wir erfolgreich? Wo stoßen wir aber auch auf Grenzen? Wo ist es schwierig? – zum Beispiel was die Stundensätze betrifft.

Zuvor aber, ergänzend zu den Branchenzahlen (siehe Infobox „Branchenzahlen“), sei noch das Thema Lehrlinge angesprochen: Wir haben in Österreich derzeit bei 55.000 Beschäftigten 57 Lehrlinge – eine Zahl, die bedenklich stimmt.

Unsere Errungenschaften in diesem Jahr gemeinsam mit der Gewerkschaft vida:

  • Zusatzkollektivvertrag
  • Rahmenkollektivvertrag 2022
  • Lohnordnung 2022
  • Umsetzung Sozialfonds 2022
  • Lohnschema neu

Arbeitskreise

  • Aus- und Weiterbildung
  • wirtschaftliche Angelegenheiten
  • Technik / Ö-Norm
  • Arbeitnehmerschutz
  • Hausbetreuung 
  • Werbung und Öffentlichkeitsarbeit
  • Rahmenkollektivvertrag
  • Umwelt, Nachhaltigkeit und Soziales 
  • Digitalisierung

Zum Punkt „Zusatzkollektivvertrag“

Es ist dies ein zwischenzeitlicher Kollektivvertrag. Mit 1.1.2021 hätte es die Angleichung Arbeiter – Angestellte gegeben, wonach wir Kündigungsfristen für unsere MitarbeiterInnen von 6 Wochen bis 5 Monaten gehabt hätten. Das ist aber nicht branchenüblich und -möglich. Nun hat die Regierung heuer den Beginn der Angleichung zunächst auf 1.7. verschoben und dann noch einmal auf 1.10., was uns die Möglichkeit gegeben hat, noch einmal gemeinsam mit der Gewerkschaft eine Lösung für unsere Branche zu finden. Und wir haben auch eine gefunden – die natürlich auch einiges kostet. Wir haben Löhne erhöht, hinzuzurechnen ist auch der Sozialfond, den wir ausgemacht haben, in welchem zukünftig sämtliche Betriebe einzahlen, um Menschen zu unterstützen, die das brauchen. Zum Beispiel Reinigungskräfte, die ihren Partner verloren haben, mit den Kindern allein dastehen und mit ihrem Verdienst nicht auskommen. Oder jemand, der sich im Zuge der Reinigung verletzt oder abstürzt. In diesen Sozialfond sind zukünftig 0,2 % einzuzahlen.

Insgesamt, mit allem Drum und Dran, kostet uns das knapp über 4 % – zuzüglich Verbraucherpreisindex und Preiserhöhungen bei Maschinen und Geräten. 

Wichtig war jetzt jedenfalls, dass das, was bezüglich Kündigungsfristen mit 1.10. in Kraft getreten ist, für uns nicht gilt, dazu dient eben dieser Zusatzkollektivvertrag, der diese gesetzliche Maßnahme aufhebt und alles so belässt, wie es bisher war – bis 31. 12.2021.


Kündigungsfristen

Bestehende Kündigungsfristen bis 31.12.2021 verlängert.

ab 1. Jänner 2022 bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber:

  • von mehr als 4 Wochen bis zum vollendeten 3. Jahr 2 Wochen
  • von mehr als 3 Jahren bis zum vollendeten 5. Jahr 4 Wochen
  • von mehr als 5 Jahren bis zum vollendeten 10. Jahr 6 Wochen
  • von mehr als 10 Jahren 8 Wochen

Thema „Lohnschema neu“

Das Lohnschema, das wir jetzt haben, ist etwas verwirrend, zum Beispiel: Wenn Sie heute eine Garage in einem Einkaufszentrum mit einer Aufsitzmaschine reinigen, haben Sie Lohngruppe 6, wenn Sie das gleiche in einer Hotelgarage machen, müssen Sie Lohngruppe 3 zahlen. Und wenn Sie in einem Verwaltungsgebäude eines Krankenhauses arbeiten, müssen Sie Lohngruppe 5 zahlen, obwohl wir in allen anderen Verwaltungsgebäuden, die nichts mit einem Krankenhaus zu tun haben, Lohngruppe 6 haben. Hier sollten wir überlegen, ob das in der Form noch Sinn macht, und Sie sind gerne eingeladen, uns Anmerkungen, Befürchtungen oder Wünsche dazu kundzutun. Angedacht ist eine eventuelle Veränderung für 2024.

Aus- und Weiterbildung 

  • 2019 und 2020 haben wir die Meisterprüfungsordnung neu überarbeitet – gemäß Nationalem Qualifikationsrahmen (NQR) Stufe 6. Die Prüfung nach dem „Verhältnismäßigkeitsprüfungsgesetz“ (VPG) ist noch offen.
    • Neue Auflage Handbuch Reinigungstechnik, abzurufen über Austria Standards.
    • Verkürzte Version des Lehrbuches für die Lehrlingsausbildung 
  • Qualitätsleitfaden Lehre, in dem das Berufsbild samt Erklärungen abgebildet ist. Ein sehr sinnvolles Werk, das für den Lehrlingsbeauftragten wie auch für den Lehrling wichtig ist, weil dadurch nichts vergessen werden kann, was im Bereich der gesamten Lehrausbildung notwendig ist. Eines ist nämlich klar: Wenn wir – Stichwort Fachkräftemangel – nicht selber bemüht sind, Menschen auszubilden, werden wir auch keine eigenen Fachkräfte schaffen. Deswegen auch die Bitte an die Betriebe, sich zu überlegen, Lehrlinge aufzunehmen. Schließlich sind 57 Lehrlinge bei 55.000 Beschäftigten eine beschämende Zahl.

Wirtschaftliche Angelegenheiten 

  • Das Musterstundensatzkalkulations-Tool wurde überarbeitet. 
  • Stundenermittlungstool – bezieht sich auf die im KV hinterlegte ÖNORM D 2050 und bietet uns die Möglichkeit, für Ausschreibungen bestimmte Leistungswerte nach der Norm zu eruieren. Sprich: Dort ist hinterlegt, welche Leistungswerte laut KV für die diversen Raumgruppen gelten (respektive einzuteilen in Sicht-, Teil- oder Vollreinigung). Das ergibt automatisch unter dem Strich eine Stundenanzahl, die man mindestens einsetzen muss, um arbeitsrechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Man muss nur darauf achten, dass die Raumgruppe auch richtig benannt ist, dass man zum Beispiel ein „Patientenzimmer“ nicht mit einem „Bewohnerzimmer“ verwechselt. Dieses Tool ist auch für den Kunden nicht uninteressant, der vielleicht 20 Stunden für sein Objekt angeboten bekommt, aber laut KV eigentlich 30 braucht – was man ihm damit auch zeigen und beweisen kann.
  • Die Lohnnebenkostenstudie KMU Forschung Austria steht auch wieder zur Verfügung. Wenn also der Kunde der Meinung ist,  dass wir nur 70 – 80 % Lohnnebenkosten haben, können Sie dort nachschauen und ihm zeigen, dass wir zwischen 90 und 94 % Lohnnebenkosten haben. 
  • Kostenerhöhung Schiedskommission: Wir haben aufgrund der Löhne, Sozialfond und allen anderen Preissteigerungen wahrscheinlich einen Antrag, der um die 4 oder sogar über 4 % liegen wird, was die Preiserhöhung pro Stundensatz betrifft. Wir werden sehen, was die Schiedskommission uns zugesteht.

Technik / Ö-Norm 

Der Arbeitskreis Technik und Ö-Norm beschäftigt sich natürlich unter anderem mit den Ö-Normen. So wurde die

  • Ausbildungsnorm D 2040 noch einmal überarbeitet (seit 07/2021).
  • D 2050 (seit 01/2015) – allen bekannt.
  • D 2210 (seit 04/2018) – bezieht sich auf alle Sonderreinigungstätigkeiten mit allen Informationen zu verschiedensten Oberflächen.
  • Alle diese Normen sind gratis auf der Homepage www.dfg.at abrufbar.
  • Merkblatt für die Bau-Glasreinigung, das wir derzeit gemeinsam mit der Bundesinnung der Glaser erstellen. Vor allem da wir in letzter Zeit immer wieder relativ große Schäden an Glasfassaden erlebt haben.
  • SV-Gutachten: Generalreinigung und Scheuersaugautomaten. Diese zwei Themen betreffen auch etwas, das wir aus der Branche an Informationen erhalten. Zum einen: Bei Ausschreibungen wird die Generalreinigung mit 50 bis 70 Prozent Anteil der Vollreinigung berechnet. Es ist aber so, dass die Generalreinigung eine allumfassende Reinigung ist, inklusive Lampen, Decken, Wänden, Schränken usw. Wir haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, eine Fallstudie in unterschiedlichen Objekten in unterschiedlichen Raumgruppen, wo diese Arbeiten nachgestellt und getestet wurden. Und daraus haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass wir zum Beispiel in bestimmten Bereichen zwischen 6 und 24 % von der Vollreinigung schaffen, im Durchschnitt sind es 12 % der Werte der Vollreinigung, die wir bei der Generalreinigung schaffen. Das ist auch ein Schritt in die Richtung, dies alles ehrlicher gestalten zu können. 

Und ad Thema Kleinst-Scheuersaugautomaten, von denen ich einerseits sehr überzeugt bin, weil die Qualität dieser Maschinen eine ganz andere ist als die, die man mit dem Mopp erreicht: Allerdings gibt es Überlegungen und Ideen am Markt, diese Maschinen zu Einsätzen in unterschiedlichen Raumgruppen bringen zu wollen, die gar nicht möglich sind. Beispiel: 100 Toilettenanlagen mit jeweils 10 Quadratmetern, sind 1000 Quadratmeter – hier zu glauben, man wäre mit einem Scheuersaugautomaten viel schneller, als die ÖNORM D 2050 vorgibt, ist ein Irrtum. Das wissen wir nach einem entsprechenden Gutachten von drei Gerichtssachverständigen in der Reinigung, die das in unterschiedlichen Bereichen und in den Raumgruppen Sanitär, Büro, Klassenzimmer, Gang, Labor und Teeküche nachgestellt haben – einmal manuell, einmal mit der Maschine. Und das hat im Durchschnitt ergeben, dass sie in allen hier genannten Raumgruppen – also nicht auf größeren Flächen – mit der Maschine um 46 % langsamer waren als händisch mit Mopp. Heißt: Innovation, Digitalisierung, Robotik – ja, alles sehr gut, aber nur das, was auch wirklich möglich ist. 

Arbeitnehmerschutz

Das Arbeitnehmerschutz-Handbuch steht wieder allen zur Verfügung, ebenfalls über die Austrian Standards zu bestellen. Es ist genau abgestimmt auf die Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung.

Umwelt, Nachhaltigkeit und Soziales 

Zusammenarbeit mit der Österreichischen Umweltberatung und dem Lebensministerium sowie dem VKI im Bezug auf das EU Eco Label. 

Ein großes Projekt, das wir neu angehen, ist „Tagesreinigung“. Hier gibt es eine Vereinbarung zwischen der Gewerkschaft vida, der BBG und der Wirtschaftskammer. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet von Dr. Karin Sardadvar.

Digitalisierung

  • Robotik
  • Digitale datengestützte Reinigung
  • Digitales Qualitätsmanagement 
  • Werbung und Öffentlichkeitsarbeit 
  • Sprach-Lern-App, z.B. mehrsprachige Covid-Impfinfos.
  • Pandemie PR: Talk oe24, Schau TV Leben, Interviews mit Branchenexperten, Kurier, Krone. Alles auf youtube und Homepage www.dfg.at abrufbar
  • AAA CL Attersee

Branchenzahlen österreichweit

2.067 DFG Betriebe
10.714 Hausbetreuungsbetriebe
Umsatz Gebäudereinigung: € 1,8 Mrd.
Marktanteil Fremdreinigung: ca. 67 %
Anzahl Beschäftigte: > 55.000 Personen
Anzahl Teilzeitbeschäftigung: > 61 %
Anteil Frauen > 71 %
Anteil Migrationshintergrund: > 62 %


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