Wegenberger

Weg von der Improvisation, hin zur Professionalisierung

Die verschieden Sprachen und Kulturen sowie die unterschiedlichen Bildungs- und Wahrnehmungshintergründe der Mitarbeiter sind speziell in der Reinigungsbranche eine große Herausforderung für die kommunikative Führungskompetenz.

Text: Hansjörg Preims

Auf fachlich-handwerklicher Ebene hat sich im Bereich Aus- und Weiterbildung in der Reinigungsbranche sehr viel getan in den letzten Jahren, viel Notwendiges und auch Überfälliges ist aufgeholt worden. Doch wie sieht es mit der Ausbildung im Bereich Führungskompetenz aus? Und welche sind die speziellen Anforderungen auf dieser Ebene? Dipl.-Psych. Mag. Josef Wegenberger, CMC, Geschäftsführer der Gesellschaft für Wirtschaftspsychologie und Organisationsdynamik (GWO): „Die größte Herausforderung für die Führungskräfte im Reinigungsbereich ist die große Anzahl an Mitarbeitern. Nun kommen viele Führungskräfte in dieser Branche von der fachlich angelernten Mitarbeiter-Seite und stehen vor der Herausforderung, diese vielen Mitarbeiter zu führen und die entsprechenden personellen Ressourcen zu managen. Und hier ließ das Ausbildungsangebot bisher noch zu wünschen übrig.“ Dabei sei gerade dieser Markt ein sehr sensibler, speziell im Bereich Führung, Stichworte: Multikulturalität, verschiedene Sprachen, zum Teil hohe Fluktuation. In diesem – auch noch sehr umworbenen – Markt Menschen zu führen, sei sicher eine ganz spezielle Herausforderung, wo es umso mehr von der Ausbildungsseite her Unterstützungsbedarf gebe, so Wegenberger.

Nicht auf der Ebene der fachlichen Wissens-vermittlung stehen bleiben

Diesen Bedarf wollen die GWO und The Cleaning Company als Kooperationspartner nun mit einer Seminarreihe für Führungskräfte in der Gebäudereinigung ab September 2015 abdecken – eben mit dem Ziel, die Managementkompetenzen dieser Führungskräfte individuell zu stärken (s. auch S. 4). „Wir wollen nicht auf der Ebene der fachlichen Wissensvermittlung stehen bleiben, sondern – wie es in anderen Branchen längst schon gemacht wird – jetzt den nächsten Schritt machen und Objektleiter, Meister oder neue Selbstständige abholen für ein Ausbildungsprogramm im eigentlichen Management, wo es unter anderem um Mitarbeiterführung und -motivation, Umgang mit Kunden und Lieferanten, usw. geht“, erklärt Johann Tatschl, Geschäftsführer The Cleaning Company.

von The Cleaning Company und DFG-Landesinnungsmeister in Kärnten, und hebt ebenfalls hervor, was die Anforderungen an die Führungskompetenz im Reinigungsbereich von denen in anderen Bereichen unterscheidet: „Der erste große Unterschied ist der, dass wir es als Reinigungsdienstleister mit einer multinationalen Mitarbeiterschaft zu tun haben, die es kompetent zu führen gilt. Das heißt, wir stehen vor der Herausforderung, Fachwissen an Personen unterschiedlichster Bildungs-, sprachlicher und kultureller Herkunft zu transportieren.“ Ein weiterer großer Unterschied sei die Schlüsselposition des Objektleiters zwischen Kunden, Firmenchef, Mitarbeitern, Lieferanten und auch noch dem Gesetz. Und: „Speziell in unserer Branche gilt es nicht zuletzt auch, durch kompetente, professionelle Führung die Mitarbeiter so an das Unternehmen zu binden und sie so zu motivieren, dass das Problem der Mitarbeiter-Fluktuation geringer wird.“ Die derzeitige Realität sei dagegen, dass viele Mitarbeiter, vor allem von kleinen Betrieben, das Unternehmen überhaupt noch nie gesehen hätten, sagt Tatschl. Das äußere sich dann so, dass eine Reinigungskraft auf die Frage, bei wem sie arbeite, zum Beispiel sage, „als Reinigungskraft bei der Sparkasse“, also dem Kunden der Reinigungsfirma. Auch dieses Problem sei eines der Führung, sprich: „Obwohl wir dezentral arbeiten, müssen wir die Mitarbeiter sozial so an das Unternehmen binden, dass sie sich nicht mit dem Kunden, sondern mit ihrem Arbeitgeber identifizieren“, so Tatschl weiter. Die vielfältigen, spannenden und herausfordernden Führungsaufgaben in der Gebäudereinigung würden eine entsprechende Professionalität erfordern, „die wir mit unserer Seminarreihe erreichen wollen, nach dem Motto: Weg von der Improvisation, hin zur Professionalisierung.“

Der Managementbereich beginnt beim Objektleiter

Für GWO-Chef Wegenberger geht es dabei sowohl um branchenunabhängige wie auch branchenspezifische Kompetenzbereiche:

  • Die Führungspersönlichkeit in ihrem Auftreten, ihrem Selbstbewusstsein und in ihrer eigenen Motivation – eine branchenunabhängige Kompetenz.
  • Die kommunikative soziale Kompetenz, in der Gesprächsführung, in der Überzeugungsarbeit und im Konfliktmanagement – grundsätzlich ebenfalls eine branchenunabhängige Anforderung, aber von Branche zu Branche wie auch je nach Hierarchieebene doch auch unterschiedlich. „So gibt es etwa in der Reinigungsbranche bestimmte Konflikte, die in anderen Branchen nicht vorkommen, oder sie treten wesentlich diffiziler auf. Hier sind die verschieden Sprachen und Kulturen sowie die unterschiedlichen Bildungs- und Wahrnehmungshintergründe der Mitarbeiter sicher eine ganz spezielle Herausforderung für die kommunikative Führungskompetenz“, erklärt Wegenberger.
  • Führen von Menschen, wo es um die eigene Vorbildwirkung und die persönliche Integrität gehe, aber auch darum, wie man Mitarbeiter motiviere, zumal in einem Umfeld, wo dies vom Branchenimage her eher schwierig sei. Bis hin zur Teamentwicklung in größeren Gebäuden und dem Managementbereich, der schon beim Objektleiter beginne, sprich: „Wie er die Ressourcen steuert, wie er Krankenstände und Personalausfälle managt und Ersatzkräfte neu integriert. Das sind sicher spezielle Herausforderungen in der Reinigungsbranche.“

Wesentlich beim Personalmanagement sei für einen Objektleiter nicht zuletzt auch, „dass er auf die arbeitsrechtliche Komponente achtet, von Kündigungsfragen bis hin zu der Frage, wie man zum Beispiel – arbeitsrechtlich, aber auch psychologisch – damit umgeht, wenn sich einer im Team diskriminiert fühlt“, so Wegenberger.

Objektleiter mit Migrationshintergrund „sicher kein Nachteil“

Zwar kein Muss-Kriterium, aber – wie sich in den letzten Jahren immer wieder bestätigt habe – „sicher auch kein Nachteil“ sei, wenn Leute mit Migrationshintergrund in die Position eines Objektleiters kämen, sagt Gerhard Apfelthaler, Leiter des Sigron-Schulungszentrums, denn: „Viele davon sind schon sehr lange in Österreich, haben aber auch die Möglichkeit, mit ihren Mitarbeitern in deren Muttersprache zu kommunizieren.“ Im Übrigen müss­ten auf Objektleiterebene zunehmend auch Office-Kenntnisse vorhanden sein, weil es immer mehr auch Kundenunternehmen gebe, wo die Objektleiter zusätzlich noch Tätigkeiten wie Berichtswesen, Besuchsprotokolle und Qualitätskontrollen machen müssten, so Apfelthaler. Die Anforderungen hätten also auch sehr viel mit der Kundenstruktur zu tun.

Natürlich sollte ein Objektleiter vor allem auch Organisationstalent mitbringen – idealerweise schon von seiner Persönlichkeit her, denn anlernen könne das nicht jeder, meint Apfelthaler. Es komme aber auch darauf an, in welchem Bereich einer tätig sei: „In der Sonderreinigung, das ja keine regelmäßigen Arbeiten sind, wird das Organisationstalent wichtiger sein als in der täglichen Unterhaltsreinigung.“ Dort zwar auch, aber wenn das Objekt von der Arbeitseinteilung und dem Arbeitssystem her einmal gestartet sei, dann laufe es weitgehend.

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