Graz-GeriatrischeGZ

Ohne Reinigung kein Krankenhausbetrieb

Erfolgreiches Outsourcing der Reinigung im Gesundheitswesen am Beispiel der Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz.

Text Hansjörg Preims

Franz Scheucher
Franz Scheucher © Furgler/Graz

Unter Kennern der Gesundheitswirtschaft fällt im Zusammenhang mit den „Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz“ auch schon mal das Wort „Vorzeigebetrieb“. Das Unternehmen wurde 1999 gegründet – als Unternehmen der Stadt Graz, aber mit eigener Geschäftsführung und eigenem Statut. Seitdem wurde das Unternehmen mit Geschäftsführer Prof. Dr. Gerd Hartinger von zwei Produktleistungen – Langzeitpflege und Langzeitbehandlung – also im klinischen Bereich und im Pflegeheimbereich völlig neu aufgestellt. Franz Scheucher vom Management Team der Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz, Leiter Technik und Facility Management: „Das Produktportfolio wurde seit 2000 von zwei auf 20 abgestufte Produkte ausgeweitet. Neben der Produktentwicklung galt es aber auch, das Unternehmen von der Kameralistik in die „Doppik“ („Doppelte Buchführung“) zu führen und folgend ein modernes Kostenrechnungs- und Controllingmodell einzuzuführen sowie weitere Basics für ein modernes Unternehmen zu schaffen. Wobei ein Thema natürlich auch das Qualitätsmanagementsystem war.“ So habe sich das Unternehmen zweimal hintereinander mit KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen), einem deutschen System, sehr erfolgreich zertifizieren lassen, habe dann gewechselt zum europäischen EFQM-System (European Foundation for Quality Management) und voriges Jahr im Herbst die zwei Preise in den Bereichen Strategie und Personalentwicklung gewonnen. „Daneben gibt es ganz viele Preise, wo wir uns auch dem Wettbewerb stellen wollen und müssen. Und, ja, das gelingt uns sehr gut“, sagt Scheucher.

Ausschreibung nach Bestbieterprinzip

Den Bereich Reinigung haben die Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz schon sehr lange zu 100 Prozent ausgelagert. „2013 haben wir dann – professionell begleitet – eine große Ausschreibung gemacht, nach einem Bestbieterprinzip und mit einer Gewichtung von 60 Prozent Preis und 40 Prozent Qualität“, erklärt Scheucher. „Eine der Hauptaufgaben dabei war natürlich auch zu schauen, wo wir in diesem differenzierten abgestuften Versorgungsmodell welche Reinigungsintervalle benötigen.“ Denn ein Pflegeheim ist keine Klinik, und ein Tageszentrum ist nur wochentags besetzt. Es galt also, eine entsprechende Matrix zu erstellen und zu definieren, welche Räume welche Reinigungsintervalle brauchen. Dazu wurde dann ein eigenes Programm entwickelt, wo alle Räume mit den entsprechenden Reinigungsintervallen hinterlegt sind.
Die Qualitätskriterien bei der Ausschreibung waren: Mitarbeiter fördernde Maßnahmen, Social Responsibility Themen, der Einsatz von green care Produkten, „da wir“, so Scheucher, „sehr auf Ökologie, und Nachhaltigkeit achten“, dann: mit welchem Qualitätsmanagement das Dienstleistungsunternehmen arbeitet, auch das Konfliktmanagement dieses Unternehmens, das heißt, wie es mit Konflikten intern umgeht bzw. welche Lösungsansätze es bei internen Konflikten hat, und natürlich Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. „Wichtig ist hier, interdisziplinär vorzugehen“, betont Scheucher. So seien in der Gruppe der Bewertung, aber auch in der Erarbeitung dieses Konstruktes immer Pfleger, Hygieniker, Ärzte, Leute vom Einkauf, von der Geschäftsführung und vom Facility Management dabei gewesen – jeder müsse sich einbringen können, jeder müsse sagen können, ob es so oder so passe oder nicht.

Man war grundsätzlich offen auch für Anbieter ohne Spitalsreferenzen

Welche Rolle haben Referenzen bei den Ausschreibungskriterien gespielt? Oder war man offen auch für Anbieter ohne Referenzen im Gesundheitswesen? Scheucher: „Natürlich haben wir uns vorher erkundigt, wer am Markt gut unterwegs ist. Aber grundsätzlich sind wir hier völlig offen. Bei EU-weiten Ausschreibungen muss man sich ohnehin mit allen Bewerbern auseinandersetzen. Und wir haben die Erfahrung gemacht, dass – es war ein zweistufiges Ausschreibungsverfahren – bei der Ausarbeitung der Unterlagen sich bald schon herauskristallisiert, wer tatsächlich in der Lage ist, Leistung und Qualität zu bieten bzw. ob die Unterlagen auch halten, was sie versprechen.“
Zur Frage nach grundsätzlichen Unterschieden zwischen Eigenreinigung und Fremdreinigung bzw. zu jeweiligen Vor- und Nachteilen hat Scheucher eine ganz klare Meinung: „Unsere Kernkompetenz ist die Altersmedizin und -pflege und nicht mehr die Reinigung und nicht mehr der Küchenbereich, den wir auch ausgelagert haben. Da tut sich technologisch so viel, dass wir uns mit dem eigentlich nicht mehr beschäftigen wollen. Wir haben ja 58.000 Quadratmeter Nettonutzfläche zu reinigen und noch einmal das Doppelte an Grünraumfläche (Grünraum wird selbst gemacht) zu betreuen. Das alles zu bewerkstelligen, bei dem ganzen Personal, das dahintersteckt, die ganzen Dienstpläne zu erstellen, zu schauen, dass alles funktioniert, und dann auch noch schauen, was sich am Markt tut – da müssten wir im Haus eine eigene Abteilung haben, die sich ausschließlich mit Reinigung beschäftigt.“ Daher sei klar gewesen: „Wir kümmern uns um unsere Kernkompetenz, das sind die Patienten, Bewohner und Tagesgäste, das ist unser Kerngeschäft, und das andere sollen die entsprechenden Profis machen. Das ist meiner Meinung nach immer noch die beste Entscheidung.“ Selbstverständlich sei auch die Kostensituation analysiert und bewertet worden, aber der Grundgedanke sei eben gewesen, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren und die anderen Bereiche von jeweiligen Profis abdecken zu lassen. Das sei im täglichen Arbeiten auch wesentlich einfacher, so Scheucher weiter: „Wir müssen uns um keine Krankenstands- und Urlaubsvertretungen kümmern, wir haben die Objektleiterin als ‚One face to the customer‘. Und ich muss echt sagen, so kann man super arbeiten.“

Die Objektleitung ist das Um und Auf

Zum Thema Outsourcing möchte Scheucher auch die Firmenphilosophie hervorheben: „Gerade im patientennahen Bereich, wo Mitarbeiter langjährig da sind, gibt es ein Vertrauensverhältnis – auch mit den Mitarbeitern der Fremdfirma, und wir erleben das auch wirklich so. Für mich sind das ,unsere‘ Mitarbeiter, auch wenn sie den Namen der Fremdfirma auf der Kleidung tragen. Um es an einem schönen Beispiel festzumachen: Wir haben jedes Jahr eine Führungskräfteklausur mit rund 60 Führungskräften und wir laden dazu immer auch unsere Partner ein, die so unsere strategischen Themen der nächsten Zukunft aus erster Hand erfahren. Wir weihen sie ein, denn sie sind ein Bestandteil unseres Unternehmens – das leben wir auch so, und darauf lege ich besonders großen Wert. Und diese Identifikation kann nur dann stattfinden, wenn unsere Kultur auch rüberkommt.“ Ohne Reinigung kein Krankenhausbetrieb – „die Wertschätzung gegenüber allen, die hier dazu beitragen, dass das System funktioniert, ist ein Grundsatz, den man immer wieder betonen muss.“
Wobei eine Firma nur so gut sei, wie die Objektleitung vor Ort: „Die Objektleitung ist das Um und Auf. Und das Zweite, worauf wir großen Wert legen, ist das Qualitätsmanagement – nicht nur das, welches wir von der Firma einfordern, sondern auch ein gemeinsames Qualitätsmanagement. So machen wir vom Technikbereich einmal im Monat Begehungen mit dem Hygieniker und zweimal im Jahr eine große Sitzung mit Heimleitung und Pflegedienstleitung, wo wir alles genau besprechen.“

Themen der Zukunft

Als großes Thema der Zukunft spricht Scheucher die Personalknappheit im medizinischen Bereich und auch beim Diplom-Pflegepersonal an: „Zu wenig Personal für die älter werdende Generation – das ist nicht nur ein österreichisches, sondern ein europäisches Problem.“ Auch wenn es abgestufte Modelle wie 24-Stunden-Betreuung, betreute Wohnformen, Pflegeheime und geriatrische Einrichtungen gebe, sei es so, dass die Länder, die früher ausgeholfen hätten, Stichwort Osteuropa, jetzt für sich selbst Anreizmodelle schaffen würden, um die eigenen Leute im Land zu halten. „Daher“, so Scheucher, „müssen wir uns genau anschauen, wie wir die Leute, die im patientennahen Bereich arbeiten, von Tätigkeiten entlasten können, die nicht unbedingt ihre Kernkompetenz sind. Es gibt auch schon auch Reinigungsfirmen, die zum Reinigungsdienst auch zusätzliche Serviceleistungen anbieten. Hier sind wir gerade dabei, uns ganz genau anzusehen, wie wir wieder Ressourcen für das Pflegepersonal freischaufeln können.“ Zum Beispiel: In den Patientenzimmern Wäsche verteilen, das müsse nicht unbedingt eine Pflegeassistenz machen, das könne man ohne weiteres in den Outsourcing-Bereich mit eingliedern. „Hier sind wir in der Evaluierung, wie der jetzige Prozess genau läuft, um herauszufinden, welche Tätigkeiten schlussendlich für eine Auslagerung in Frage kommen können – wieder mit dem Ziel, Zeit für unser Kerngeschäft zu gewinnen.“

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