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Österreichischer Kompromiss

Die im internationalen Vergleich niedrige Outsourcing-Quote im österreichischen Gesundheitswesen führen Experten wesentlich darauf zurück, dass hierzulande das Gesundheitswesen sehr stark dem öffentlichen Bereich angegliedert ist.

Text: Hansjörg Preims

Dietmar Ranftler
Dietmar Ranftler

In einer Studie unter dem Titel „Kostendämpfung durch Kooperation im Gesundheitswesen“ vom Institut für Höhere Studien – IHS (im Auftrag der Vinzenz-Gruppe) wird unter anderem festgestellt, dass im internationalen Vergleich die USA beim Outsourcing dieser Dienstleistungen weit vorne ist, aber zum Beispiel auch Deutschland noch vor Österreich. Experten wie Dietmar Ranftler, Schulung und Beratung im Gesundheitswesen, führen das im Wesentlich darauf zurück, dass in Österreich das Gesundheitswesen doch sehr stark dem öffentlichen Bereich angegliedert ist. Wobei es neben öffentlichen Spitälern auch Privatspitäler mit öffentlichem Versorgungsauftrag gibt, sprich: die Ordensspitäler.

Politik mit dem Gesundheitswesen

„Insgesamt haben wir im österreichischen Gesundheitswesen gewisse Hemmnisse gegenüber privatwirtschaftlich organisierten Dienstleistungen“, sagt Ranftler, „zumal man über das Gesundheitswesen letztlich auch Arbeitsmarktpolitik betreiben und Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich auch behalten will.“ Das stehe irgendwie im Widerspruch zum Anspruch der öffentlichen Auftraggeber, Kosten optimieren zu sollen und wollen, sodass hier ein gewisses Systemdilemma existiere – „einerseits eben der Anspruch, Kosten zu optimieren, andererseits Beschäftigungspolitik. Und das ist in Österreich vergleichsweise stärker ausgeprägt als in anderen Ländern.“ Weniger in der Reinigung, aber im Küchenbereich sei es doch häufig so, dass die Kostenoptimierung eher innerhalb der Konzerne gesucht werde, sprich: dass kleinere Spitäler von größeren mitversorgt würden und es damit sowohl Insourcing- als auch – für kleinere Spitäler innerhalb eines Konzerns – Outsourcing-Effekte gebe. Und wenn man sich die Entwicklung der letzten 20 Jahre anschaue: „Es gab die Bewegung, die vielen kleinen Krankenhäuser – Landesspitäler, Gemeindespitäler – zusammenzuführen zu Krankenanstaltenverbünden, und ich glaube, das ist mit ein Grund, warum viele Leistungen nicht wirklich in die Privatwirtschaft ausgelagert werden, sondern die Kostenoptimierung eher innerhalb der Konzerne gesucht wird.“

Kostendruck in allen Bereichen spürbar

Mit dem Gesundheitswesen wird also auch Politik betrieben. Aber auch – oder gerade – der öffentliche Bereich gerät zunehmend unter Kostendruck. Bemerken die Krankenhausbetreiber diesen Kostendruck im tertiären Leistungsbereich (= Reinigung, Wäsche, Küche) überhaupt? Und wenn ja, was tun sie dagegen?
Ranftler: „Ich bin hauptberuflich bei den Kärntner Landeskrankenanstalten KABEG tätig – in diesem Bereich kennen wir natürlich die Kosten, und viele andere große Konzerne kennen die Kosten mittlerweile auch. Aber es ist oft weniger ein Analyseproblem, als vielmehr ein Umsetzungsproblem.“ Der Kostendruck sei spürbar in allen Bereichen in den Krankenhäusern, auch im tertiären Leistungsbereich, und in vielen Unternehmungen im öffentlichen Gesundheitswesen sei in den letzten Jahren auch viel agiert worden: „Es wurden durchaus auch Leistungen ausgelagert, insbesondere im Bereich der Reinigung, aber meistens so, dass die Reinigung in den so genannten patientenfernen Bereichen von Kooperationspartnern abgedeckt wird und in den patientennahen Bereichen wie OPs, Krankenstationen, Ambulanzen, Untersuchungsräume etc. von eigenem Personal. Das war ein Weg, um einen Kompromiss zu finden zwischen Kostenoptimierung in Bereichen, die man friktionsfrei auch an externe Partner vergeben kann, und jenen Bereichen, wo es auch eine Frage von Kernkompetenzen des klinischen Bereiches ist, die man sich bewahren will.“ Viele solcher Kooperations- oder Outsourcing-Projekte seien durchaus realisiert, einerseits bei der Reinigung, aber auch in den Bereichen Küchenmanagement, bis hin zur Sterilisation.
Wobei es – „ohne dass ich diesbezüglich genaue Zahlen kenne“ – sicher unterschiedlich sei in den Bundesländern, weil es doch unterschiedliche Philosophien zum Thema Outsourcing gebe. „Je prekärer auch Arbeitssituationen sind, umso eher ist man bemüht, Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich zu bewahren“, meint Ranftler. „In den Bundesländern mit einer guten Wirtschaftslage ist es leichter auszulagern, weil Leute, wenn sie aus dem öffentlichen Bereich weggehen, auch anderswo in der Region gut bezahlte Arbeitsplätze finden können, während das in anderen Bundesländern weniger der Fall ist.“
Der Hauptgrund, warum in Österreich zaghaft ausgelagert wird, ist also die Sorge um die lokalen oder regionalen Arbeitsplätze? Ranftler: „Es ist schon beobachtbar, dass es diesen Widerspruch gibt – einerseits das Bemühen, Kosten zu optimieren, auch durch Outsourcing, und andererseits das Bemühen, sichere Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich zu bewahren.“ Und um einen Kompromiss zu finden, versuche man noch stärker, Optimierungsbemühungen im eigenen Bereich zu finden.

Große Strukturen tendieren eher zum Outsourcing

Dabei müssen durch Outsourcing Arbeitsplätze ja nicht verloren gehen, sondern können verlagert werden, vom öffentlichen Bereich in den privaten. Aber: „Es gibt auch Ängste vor Verschlechterung, und um diesen Ängsten zu begegnen, wird manchmal eben nicht ausgelagert“, so Ranftler. Zum anderen zeige sich bei Fremdvergaben natürlich auch, dass auch nichteinheimische Leute zum Zug kämen. „Und dass die Lohnniveaus natürlich unterschiedlich sind.“ Es sei eben auch ein Phänomen, dass im öffentlichen Bereich niedrige Lohngruppen in Relation besser bezahlt würden als im privaten Bereich.
Auch die Größe eines Krankenhauses spielt bezüglich Outsourcing-Bereitschaft eine Rolle. Ranftler: „Wenn es nur wenige Personen sind, um die es geht, dann wird man sie eher im eigenen Verbund behalten, wenn es dagegen um große Strukturen geht, wo man einen guten Kooperationspartner finden kann, dessen Kernkompetenz hier auch zum Tragen kommt – was im Sinne von Outsourcing wichtig ist –, dann macht man das auch eher.“ Und er kenne auch kein Krankenhaus mehr, das nicht schon längst den Reinigungsdienst zumindest in den patientenfernen Bereichen ausgelagert hätte. Die Frage sei eher, welche Bereiche man zusätzlich noch auslagere. „Die große Frage im Reinigungsbereich ist ja, wie weit man bei diesen Outsourcing-Projekten geht, ob man sich auf patientenferne Bereiche wie Büros beschränkt oder ob man die Fremdvergabe auch auf klinische Bereiche ausdehnt.“


Relation private Spitäler zu öffentlichen

Die größte Anzahl von Patienten wird in Österreich in öffentlichen Krankenhäusern mit entsprechend öffentlichem Versorgungsauftrag versorgt – meistens Landeskrankenhäuser, zum Teil auch Bezirks- und Gemeindespitäler, wie das AKH Linz oder das AKH Wien. Der zweitgrößte Bereich sind die Ordensspitäler, formal privat, aber ebenfalls mit einem öffentlichen Versorgungsauftrag und daher faktisch wie öffentliche Krankenhäuser zu sehen, weil sie ja gemeinsam mit den öffentlichen Spitälern im Sinne des Rechtsträgers auch von Landesgesundheitsfonds finanziert werden. In der Gruppe dieser beiden gibt es eine einzige Ausnahme – das Spittal am Millstädtersee, wo es einen privaten Rechtsträger mit öffentlichem Versorgungsauftrag gibt. Und die dritte Gruppe ist die der Privatkliniken, die nicht Teil des öffentlichen Systems sind und nur eine kleine, ausgewählte Gruppe von Patienten versorgen – wenngleich die Anzahl der Privatkliniken relativ hoch ist, weil es sich dabei um sehr kleine Spitäler handelt.

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