Ampelkarte

Nicht lustig

Durch die Bank arbeiten Hausbetreuer vom freien Gewerbe über ihren Berechtigungsbereich hinaus. Lösungsansätze für diese Problematik kommen über das Prinzip Hoffnung kaum hinaus.

Text: Hansjörg Preims

Der Verdacht, der Johann Tatschl beschlich, als er vor einem öffentlichen Hallenbad das Auto eines Hausbetreuers stehen sah, kam weiß Gott nicht von ungefähr. Denn zu präsent und verbreitet ist das Problem, dass sich Hausbetreuer vom freien Gewerbe über ihre Berechtigungsgrenzen hinwegsetzen und Arbeiten verrichten, wozu nur ein gelernter Gebäudereiniger berechtigt wäre. Tatschl rief den Verwalter des Hallenbades an und fragte, was „der“ bei ihm mache – „hoffentlich nichts.“ Er reinige das Hallenbad, bekam er frei heraus zur Antwort. „Wenn da etwas passiert, ist der Auftraggeber mit dran“, so Tatschl, Landesinnung Kärnten. Aber das Problem fange eben schon damit an, dass der Auftraggeber die Qualifikation gar nicht überprüfe.

Gängige Praxis

Johann Tatschl
Johann Tatschl

Dabei ist nach der Gewerbeordnung klar geregelt, welche Tätigkeiten der selbstständige Hausbetreuer durchführen darf, was er unter „Sonstigen Rechten“ gemäß § 32 der Gewerbeordnung auch noch verrichten darf und was gar nicht geht (siehe „Ampelkarte“ S.18). Die gängige Praxis zeigt freilich ein anderes Bild, zumal das freie Gewerbe Hausbetreuer jeder auch ohne irgendeine Ausbildung anmelden kann. Ist einer einmal in einem Gebäude drinnen, wird er oft vom Kunden angehalten, auch dieses und jenes noch zu machen. Unter bestimmten objektspezifischen Nutzungsgegebenheiten darf ein Hausbetreuer auch das Stiegenhaus reinigen, und wenn in dem Haus ein Büro ist, wird das einfach mitgereinigt, obwohl das nicht in den Berechtigungsbereich des Hausbetreuers fällt. „Viele bieten sich aber auch aktiv an und werden nicht weiter hinterfragt“, so Tatschl, „speziell in der Baureinigung und Baureinreinigung, was sie auch nicht machen dürften.“ Man habe auch schon Öffentlichkeitsarbeit betrieben, bezüglich Haftung usw., „weil Auftraggeber nicht überprüfen, ob für die Tätigkeiten, die sie gerne hätten, einer überhaupt eine gewerberechtliche Konzession hat – und eine Haftpflichtversicherung für den Fall, dass er einen Schaden verursacht.“

Auch bei der Schneeräumung von Gehsteigen, die ein Hausbetreuer ohne entsprechende Gewerbeberechtigung nur dort machen darf, wo er auch das Haus betreut, finden Gewerbeübertretungen statt. „Wir bekommen diese Problematik fast nicht in den Griff“, so Tatschl, auch weil die gesetzlichen Handhaben nicht greifen würden. Erstens dauere es ewig, bis dieser Apparat funktioniere, und zweitens würden Strafen, wenn es denn zu welchen komme, locker weggesteckt. In Kärnten zum Beispiel verfolge man einige schon über zwei Jahre lang, aber keine Chance, der gesetzliche Rahmen sei dermaßen lax und die Strafen so niedrig, dass einer dieses Risiko locker eingehe. „Es ist nicht lustig.“

Ruinös für den Preis

Deshalb, so Tatschl, habe man voriges Jahr auch die Idee mit der Ausbildung zum „geprüften Hausbetreuer“ forciert. „Damit er wenigstens eine Schulung hat und sich dadurch von den anderen abheben kann.“ Die meisten würden sich ja überhaupt nicht auskennen, bei der Chemie und den verschiedenen Materialien im Innenbereich eines Hauses, brauchen auch keine Qualifizierung, machen aber Stiegenhausreinigung, zum Teil auch Fensterreinigung, Gehsteigräumung und und und. Doch was war? „In ganz Österreich hat es nur sechs Anmeldungen für diese Ausbildung gegeben.“ Es mache sie also keiner freiwillig. „Hier“, so Tatschl, „müssten die Innungen noch viel stärker Werbung betreiben, wirklich massiv, sprich: die Leute schon fast hinzwingen zu dieser Ausbildung.“

Gerfried Kapaun
Gerfried Kapaun

Gerfried Kapaun, Landesinnung Steiermark: „Die Hausbetreuer sind sich entweder nicht bewusst oder wollen nicht wissen, was sie tun dürfen und was nicht. Unterhaltsreinigungen im Bürobereich, Grundreinigungen – die machen alles.“ Durch die Bank arbeiteten sie über ihren Berechtigungsbereich hinaus, zum Teil sogar bis zur Fassadenreinigung. „Dadurch werden natürlich die Preise am Markt kaputt gemacht“, so Kapaun, der ebenfalls ein großes Problem darin sieht, dass die Auftraggeber nicht wüssten, was es für Konsequenzen für sie haben könnte, wenn einmal etwas passiert. Viele Auftraggeber wüssten nicht einmal, dass Gebäudereiniger ein Lehrberuf mit Meisterprüfung ist.

Lösungsmöglichkeiten? „Das ist sehr schwierig. Es wird natürlich seitens der Innung versucht, das Image aufzupolieren und Informationen weiterzugeben“, so Kapaun, unter anderem auch mit Presseaussendungen. „Hier müsste man stärker den Hebel ansetzen und versuchen, die Auftraggeber noch mehr darüber zu informieren.“ Diese Ampelkarte von der Bundesinnung – „eine tolle Sache“ – müsste den Auftraggebern stärker zur Kenntnis gebracht werden.

Sie kommen und gehen (und kommen wieder)

Auf Auftragnehmerseite räumt Kapaun zwar ein, dass es, wenngleich ganz selten, doch auch welche gebe, denen diese Problematik bewusst werde und die dann darangingen, die Ausbildung für das Gebäudereiniger-Gewerbe und den Meister zu machen, um diverse Arbeiten auch durchführen zu können. „Aber das sind eher die Einheimischen, die das verstehen und sich darüber Gedanken machen, weil sie auch versicherungstechnisch mit der Problematik beschäftigt sind. Die meisten dieser Firmen kommen und gehen.“ Wenn dann irgendetwas passiere, tauchten sie unter und einen Monat später laufe das Ganze zum Beispiel unter dem Namen der Schwester weiter. Auf Auftraggeberseite geht die Unkenntnis laut Kapaun sogar bis in den öffentlichen Bereich hinein: „Die Aufträge werden vergeben und letztendlich bekommt der Günstigste den Auftrag, ohne zu hinterfragen, warum er am günstigsten sein kann.“ Aufklärung, was dieses Problem anbelange, habe daher oberste Priorität – Aufklärung bei den Auftraggebern, aber auch bei den Auftragnehmern. „Die Frage ist halt, wie das dann aufgenommen bzw. angenommen wird.“ Ein Problem sei freilich auch, dass die Innung beide, Hausbetreuer und Gebäudereiniger, vertrete, und der Prozentsatz des freien Gewerbes bei den Innungsmitgliedern auch noch weit höher sei als der des gebundenen Gewerbes. „Damit haben alle Bundesländer zu kämpfen.“

Auftraggeber der Leidtragende

Franz J. Astleithner
Franz J. Astleithner

Auch Franz J. Astleithner, LIM NÖ, hat damit zu kämpfen und sieht den einzigen Lösungsansatz darin, „wenn die Hausbetreuer sich an die Regeln halten würden, und zwar so, dass es auch exekutiert wird.“ Sie würden ohne Ausbildung munter drauf los reinigen – „und steigen dann natürlich wieder aus, sie haben meistens ja eine andere Muttersprache“, so Astleithner. Besonders schlimm dabei: „Dadurch, dass auch die Auftraggeber in die Pflicht genommen werden, steigen die Versicherungen aus.“ Der Leidtragende sei also letztlich der Auftraggeber, der im Schadensfall übrig bleibe.

Gesetzliche Handhaben? „Auch das“, so Astleithner, „ist ein großes Problem, weil man ja nicht aufs Geratewohl Anzeige erstatten kann beziehungsweise eine Gewerbeübertretung belegen muss.“ Dazu müsse man etwas Eindeutiges in der Hand haben, entweder ein Angebot oder eine Rechnung. Es helfe nicht einmal, wenn man einen bei der Arbeit fotografiere – „was vom Gericht normalerweise auch nicht anerkannt wird.“

Hauptsache billig

Auf der anderen Seite müsse aber auch den Auftraggebern verstärkt ins Stammbuch geschrieben werden, dass sie die Qualifikation überprüfen, auch, wie gesagt, hinsichtlich Haftung, so Johann Tatschl. Die Unkenntnis oder das mangelnde Bewusstsein auf Auftraggeberseite veranschaulicht Tatschl an einem Beispiel, das zwar nicht direkt mit der Hausbetreuer-Problematik zu tun hat, aber exemplarisch ist: „Eine große Stadtgemeinde in Kärnten, wo wir – The Cleaning Company – früher immer Grundkurse für Reinigungskräfte durchgeführt haben, hat angefragt, ob wir das wieder machen könnten. Und auf Grund dessen, dass es in Kärnten sonst niemanden gibt, der das macht, sind wir davon ausgegangen, dass wir den Schulungsauftrag bekommen. Doch es kam kein Auftrag, weshalb ich bei den Verantwortlichen nachgefragt habe. Und es hieß, wir müssten warten, schließlich gebe es ja auch Mitbewerber. Welche Mitbewerber? – fragte ich. Wer bietet da mit an? Ich kenne sonst niemanden in Kärnten, der wie wir auch die Voraussetzungen hätte, das anzubieten, als zertifiziertes Schulungsunternehmen und öffentliche Bildungseinrichtung, von Land und Bund abgesegnet. Darauf wurde mir der Name dessen genannt, der den Auftrag bekommen hat – einer, der bei uns erst im März mit dem Meisterkurs anfängt. Er hat die Konzession für Unternehmensberatung, und damit kann er das unterrichten. Sag ich: ,Fragen Sie denn nicht nach? Hier geht es unter anderem ja auch um Sicherheitsbestimmungen. Was ist, wenn der ohne Ausbildung Leute instruiert und es geht etwas daneben?’ Worauf es hieß, das sei abgesegnet, der Stadtrat habe das so wollen.’ Weil er der Billigste ist, aber keine Qualifizierung hat“, so Tatschl.


„Ein Schritt in die richtige Richtung“

Mag. Georg Lintner, Landesinnungsgeschäftsführer der Landesinnung Wien der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger,  will die „Ampelkarte“ in mehrere Sprachen übersetzen lassen und verstärkt bundesweit streuen.

Georg Lintner
Georg Lintner

Herr Lintner, wie könnte man der Problematik der Gewerbeübertretungen durch Hausbetreuer Herr werden?

Aus meiner Sicht über drei Ansätze: Das eine ist Aufklärung. Aufklärung nach Möglichkeit auch dadurch, dass die so genannte „Ampelkarte“, die ich in Wien entwickelt habe, nicht nur in Deutsch vorliegt, sondern in mehrere Sprachen übersetzt und auch bundesweit gestreut wird. Bis jetzt hatten andere Dinge Priorität, aber jetzt sollten wir uns verstärkt diesem Thema widmen. Die Ampelkarte ist eine Methode. Ich habe gesehen, dass das angenommen wird, dass sie sich in den Bundesländern gut verbreitet hat. Das ist sicher ein guter Schritt in die richtige Richtung. Der zweite Punkt ist sicher die Bewertung, die Attraktivmachung des Hausbetreuer-Gewerbes dahingehend, dass man sagt, diese Leistung ist etwas wert. Das wird zwar ein langer Weg werden, aber ich bin überzeugt von diesem Ansatzpunkt. Und der dritte Punkt ist sicher die Aus- und Weiterbildung. Selbst wenn einer „nur“ Hausbetreuertätigkeiten macht bzw. machen darf, sollte er wenigstens auch wissen, wie man kalkuliert, also die Fachkalkulation beherrschen. Dieses Dreigestirn also: Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärenung und Ausbildung.

Meinen Sie mit Ausbildung den „geprüften Hausbetreuer“?

Der „geprüfte Hausbetreuer“ ist eine Kursmaßnahme, die wir gerade dabei sind, zu entwickeln. Es gab zwar schon Pilotprojekte, die man als gute Grundlage verwenden kann, aber wir sind gerade dabei, das auszuarbeiten, und hoffen, dass wir im Mai mit dem ersten Kurs starten können – in einer überarbeiteten Form, dreigeteilt in: Grundsätze der Reinigung und der Kalkulation, Schneeräumung und Grünflächenbetreuung.

Den Auftraggebern, fehlt es anscheinend an Bewusstsein oder Kenntnis darüber, was ein Hausbetreuer darf und was nicht – oder ist es ihnen einfach egal?

Ich glaube nicht, dass es ihnen egal ist, aber solange der Stellenwert der Reinigung so niedrig ist und alles nur über den Preis geht, ist es schwierig. Und wenn einer erstens nicht weiß, was hinter dem Gewerbe steckt, und zweitens  auch nicht kalkulieren kann, bietet er natürlich zu günstigen Preisen an. Ob sich das auf Dauer wird halten können, wird man sehen. Es hat immerhin Verbesserungen gegeben durch die Auftraggeberhaftung bzw. Reverse Charge, auch wenn wir das am Anfang skeptisch betrachtet haben. Aber das sind sicher Methoden, um zumindest einen großflächigen Einsatz der Subunternehmer etwas zurückzudrängen. Es sind aber mehrere Maßnahmen nötig, damit es greift. Und das wird auch noch lange dauern. Ich denke auch, dass es ein Schwerpunkt der nächsten 2 – 3 Jahre sein sollte, hier weiter zu investieren und Verbesserungen voranzutreiben.

kommentare

Eine Antwort

  1. armer hansl
    so etwas schreiben nur Neider
    Wenn der Hausmeister eine Wohnung reinigen kann – kann er dann kein Büro oder Stiegenhaus sauber machen???

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