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Es ufert immer mehr aus

Podiumsdiskussion in der Gebäudereinigungsakademie zum Thema Housekeeping mit:

  •  Gabriele M. Perklitsch, Expertin für Hotel-& Housekeeping Management

  •  Franz Kurz, Chefermittler der Wiener Finanzpolizei

  •  Gerhard Komarek, Landesinnungsmeister Wien und Bundesberufs­zweigobmann DFG.

Text Hansjörg Preims

Frau Perklitsch, welche Rolle spielt die Gebäudereinigung im Rahmen des Housekeeping? Einerseits, wie entwickelt sich dieses Thema, und zum anderen, wie hoch ist jeweils der Anteil an Eigen- und an Fremdreinigung?
Perklitsch: Ein spannendes Thema. Vor 20 Jahren waren Hotellerie und Gebäudereinigung noch streng getrennt, da waren die Gebäudereiniger in der Hotellerie noch gar nicht präsent oder nur vereinzelt für Außen- oder öffentliche Bereiche. Heute geht die Tendenz immer mehr zur Auslagerung der Reinigung, und das hat ganz klare Gründe: Die Hoteliers sind mit extremen Anforderungen am Markt konfrontiert bzw. haben so viele Aufgaben zu erledigen, dass sie sich darauf besinnen, dass es auch Leute gibt, die sich auf die Reinigung spezialisiert haben, und es daher für eine gute Sache halten, diese Dienstleistung auszulagern. Zumal eine der größten Herausforderungen für den Hotelier die immer schwieriger werdende Personalsuche ist. Ich habe mit Hotels in Österreich, Südtirol und auch in Deutschland zu tun, und die Probleme sind überall ziemlich gleich gelagert, sprich: alle klagen, dass sie kein qualifiziertes Personal finden bzw. dass sie froh sind, überhaupt jemand zu bekommen für eine ausgeschriebene Stelle. Und das ist dann oft der Grund für den Hotelier, die Reinigung jemandem zu übergeben, der sich konzentriert damit beschäftigt. Gerade in der Stadt-Hotellerie haben viele schon ausgelagert, und der Trend geht immer stärker in diese Richtung.

Ist das eine Frage der Spitzenabdeckung oder ein grundsätzliches Thema?
Perklitsch: Durch die große Schwierigkeit, Personal zu finden, werden die Hoteliers quasi gezwungen, über ein Outsourcing der Reinigung nachzudenken – mittlerweile auch schon kleinere Betriebe, die vor ein paar Jahren noch strikt gegen einen Fremddienstleister in ihrem Haus waren. Wobei man aber auch differenzieren muss: Die Hotel-Ketten haben die Reinigung meistens ausgelagert, weil sie auch buchhalterische Gründe dafür haben, sprich: die Kosten werden hier anders verbucht. Hier ist ein wichtiges Argument für viele GMs, ihr Budget ganz anders regulieren zu können, wenn sie bei den Personalkosten nicht nur variable Kosten haben. Sie haben in der Regel auch strikte Vorgaben von der Zentrale, wobei das Budget so geregelt ist, dass sie einen gewissen Personalkostenanteil haben, den sie einem Sachkostenbereich zuordnen können, wenn sie es auslagern, und dadurch ganz anders wirtschaften und sich gegenüber der Zentrale auch ganz anders verantworten können. Sehr viele GMs lagern genau aus diesem Grund aus. Wir haben beim Thema Outsourcing zum einen also die Personal-Problematik, zum anderen das verbuchungstechnische Argument und die Budget-Vorgaben. Ein anderes Thema ist das der Qualität bzw. des Qualitätsmanagements, wo sich die Geister dann einfach scheiden. Ein Hotel Sacher in Wien zum Beispiel kann sich vom Image her gegenüber seinen Stammgästen eine Fremdreinigung nicht leisten. Das Thema ist also breit gefächert, aber die Tendenz geht – zumal in den Ballungszentren – ganz klar in Richtung Auslagern.

Herr Komarek, wie ist der Blick der Gebäudereinigungsbranche auf den Bereich Hotellerie?
Komarek: Österreich ist ein Fremdenverkehrsland und entsprechend groß ist das Potenzial für die Gebäudereinigung im Hotel-Bereich. Wobei das von Frau Perklitsch angesprochene Problem der Hoteliers, Personal zu finden, auch die Gebäudereiniger haben. Klassisch von Hotelreinigung sprechend, meint man immer die so genannten Stubenmädchen-Tätigkeiten – die sehr umfangreich sind und wo man es meistens auch mit modernsten Materialien zu tun hat. Dementsprechend groß ist hier das Thema Aus- und Weiterbildung. Darüber hinaus haben wir im Hotel-Bereich aber auch Fitness- und Wellness-Bereiche mit Saunas und Schwimmbädern, wo es nicht nur um Reinigung, sondern auch um Desinfektion geht – bis hin zur Wasseraufbereitung. Wir haben allgemeine Bereiche, wir haben die Textilbodenreinigung, wo man spezielle Systeme anwenden muss, weil man keine Trocknungszeit für den Belag hat. Wir haben im Eingangsbereich oft Natursteinboden, der sich abnützt und irgendwann saniert werden muss. Das sind die klassischen Dinge, bis hin zur Glas-, Fenster-
und Fassadenreinigung, die vielleicht immer schon ausgelagert wurden – die reinen Stubenmädchen-Tätigkeiten dagegen verstärkt erst in den letzten Jahren. Wir hatten vor 2013 auch das Problem des Sonntagszuschlags für Reinigungskräfte, den der Hotelier nicht bereit war zu zahlen. Deshalb haben wir es im KV ab 2013 so geregelt, dass wir eine eigene „Lohngruppe Hotel“ – Lohngruppe 3 – eingezogen haben, für die kein Sonntagszuschlag vorgesehen ist. Das hat die Möglichkeiten der Gebäudereiniger im Hotel-Bereich seit 2013 etwas verbessert. Wobei man auch dazusagen muss, dass der Stundenlohn für diese Lohngruppe um 71 Cent höher ist als in der Lohngruppe 6, der niedrigsten Gruppe.

Herr Kurz, welchen Anteil Ihrer Arbeit als Ermittler der Finanzpolizei macht der Bereich Hotellerie aus?
Kurz: Der prozentuelle Anteil des Bereichs Hotellerie an der Gesamtarbeit der Finanzpolizei ist eher im unteren Segment angesiedelt. Das liegt aber daran, dass unser Arbeitsfeld 31 Gesetzesmaterien umfasst und unsere arbeitsrechtlichen und steuerlichen Kontrollen massiv Risikobranchen wie die Bauwirtschaft oder das Glücksspiel beinhalten. Aber wir sind dabei, uns auch in der Reinigungsbranche entsprechende Fachkenntnisse anzueignen, denn es hat sich herausgestellt, dass zwar alles sehr kompliziert erscheint, dass es letztlich aber auf einen Punkt gebracht werden kann: Der Billige bekommt den Auftrag. Wer nicht billig ist, bleibt über. Überall, wo Dienstleistungen verrechnet werden, diktiert der Preis den Markt. Wir haben in letzter Zeit einige Fälle kontrolliert, unter anderem eine Hotelgruppe, wo von 21 Stubenmädchen 15 illegal beschäftigt waren. Es ufert in dieser Branche also immer mehr aus, weil der Preisdruck dazu führt, dass jeder genommen wird, egal ob er qualifiziert ist oder nicht. Und wenn es nicht anders geht, den Preis noch mehr zu drücken, nimmt man eben Leute, die für 4 – 5 Euro in der Stunde wie Sklaven ausgenutzt werden. Wobei es sich hier überwiegend um Leute aus dem osteuropäischen Raum handelt, und im Wesentlichen um Damen. Was es uns sehr schwer macht, sind die Leute, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Die Leute, die wir bei den Kontrollen antreffen, sind in Wirklichkeit die Armen, die für einen Bettel arbeiten müssen. Ein Problem sind die Fremdfirmen, die nicht aus Österreich kommen, sondern immer mehr aus dem osteuropäischen Raum – die so genannten Entsendefälle. Wenn ein österreichischer Unternehmer eine slowakische oder ungarische Firma mit einem Leistungsauftrag betraut und diese Firma seine Landsleute nach Österreich schickt, muss er eine Entsendemeldung abgeben, die bei uns in der Finanzpolizei registriert wird. Dann hat der österreichische Unternehmer eigentlich keine Umstände mehr, sondern ist nur an das Lohn- und Sozial-dumping-Bekämpfungsgesetz gebunden. Ein Gesetz, das im Grunde nur dazu führt, dass man immer wieder von den Verantwortlichen hört, „sag uns, was du brauchst, ich fälsche es dir.“ Da wird mit Papieren herumgeschachert, die der Wahrheit nicht mehr sehr nahe kommen. Aber das Problem der Finanzpolizei ist eben auch, dass wir es, wenn wir solche Branchenkontrollen in der Reinigung durchführen, fast nur mit Teilzeit-Arbeitskräften zu tun haben, und da kann immer behauptet werden, dass man gerade jetzt, „wo ihr mich erwischt“, die 10 Stunden arbeite, die man angemeldet sei. Dass das oft nicht wahr ist, wissen wir, aber es nützt uns nichts, denn eine Behörde muss, wenn sie ein Strafverfahren einleiten will, eine Beweisführung durchführen. Faktum ist, dass auch in der Hotellerie – und da muss ich speziell auf das Thema des „Stubenmädchens“ ansprechen – sehr viele Osteuropäerinnen unterwegs sind, die einen offiziellen Lohn für 20 Wochenstunden bekommen, und der Rest wird schwarz ausbezahlt. Und das zu beweisen, ist die Herausforderung. Aber wenn wir Hausdurchsuchungen durchführen, finden wir auch, wonach wir suchen.

Frau Perklitsch, was sagen Sie dazu, dass alles nur mehr eine Sache des Preises sein soll?
Perklitsch: Vielen Hoteliers ist noch gar nicht bewusst, welchen Image-Schaden solche Betrugsfälle bedeuten können. Viele denken aber auch schon um, viele Hoteliers haben das Thema einfach auf die Seite geschoben und waren nur froh, dass sich nun jemand um das Housekeeping kümmert, jetzt wird ihnen aber bewusst, dass es so einfach auch wieder nicht geht. Dass Dinge nicht in Ordnung sind, weiß man ja schon länger, auch die Hoteliers wissen es, aber sie nehmen es in Kauf. Und genau das ist die Problematik. Wenn da härter vorgegangen wird und ein paar Beispiele öffentlich werden, dann überlegt sich der eine und andere Hotelier schon besser, ob er sich so etwas für sein Image überhaupt leisten kann. Und auch Gäste werden kritischer gegenüber einem Hotel, von dem derlei Unregelmäßigkeiten publik werden. Gerade 4- und 5-Sterne-Häuser haben viel an Ruf zu verlieren, zumal wenn man überlegt, wie viel Geld diese Häuser für Marketing, Werbung und Verkauf ausgeben.

Man hört allerdings auch, dass gerade in Wien der Preiskampf unter den Hotels teilweise ruinös ist und der Preisdruck dadurch umso größer ist …
Perklitsch: Richtig. Volle Häuser, aber die Preise stimmen nicht. Jeder zweite Hotelier in Wien wird sagen, wir müssen etwas unternehmen, um von diesem Niedrigpreis-Niveau wegzukommen. Man will ja auch Qualität bieten, und die kann man dem Gast gegenüber auch mit einem höheren Preis rechtfertigen. Und daran arbeiten auch schon sehr viele Hoteliers.

Herr Komarek, Thema Qualität im Housekeeping oder in der Hotellerie im Allgemeinen – sind Preisdruck und Qualität nicht auch hier gegensätzliche Begriffe?
Komarek: Wir haben hier meiner Meinung nach zwei grundsätzliche Probleme. Das eine ist, dass es keine Auftraggeberhaftung gibt. Denn wenn es die gäbe, würden die Auftraggeber Aufträge auch anders vergeben, nämlich an Dienstleister, die ehrlich und auch KV-konform arbeiten. Das zweite Problem ist, dass den meisten überhaupt die entsprechenden Informationen und das Wissen dafür fehlen. Wenn ein Hoteldirektor von Reinigung keine Ahnung hat und sich auch in unserem Kollektivvertrag nicht auskennt, wird er bei einem Angebot, das um ein Drittel billiger ist als das von einem anständigen Unternehmen, denken, dass es schon funktionieren könnte – ohne sich zu vergewissern, ob dieses Unternehmen überhaupt KV-konform arbeitet. Wir haben im Kollektivvertrag sowohl für die Hotelreinigung als auch für die Nebenbereiche wie Sanitär- und Wellness-Bereiche maximale Quadratmeterleistungen verankert, wodurch diese auch Gesetz sind. Somit darf man eine Reinigungskraft auch nicht andere, höhere Leistungen machen lassen, weil man sonst das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz verletzt. Ein Auftraggeber aber, der sich in der Materie Ausschreibungen und Reinigung nicht auskennt, wird wahrscheinlich immer den Billigeren nehmen. Deswegen muss es unsere Aufgabe sein, speziell in der Hotellerie und Gastronomie intensiv Aufklärungsarbeit zu leisten und Auftraggebern, die sich mit Reinigungsausschreibungen und vor allem in rahmenrechtlichen Dingen nicht auskennen, eine entsprechende Fachberatung zu empfehlen. Dann bekommen sie auch Angebote, wo auch die Qualität stimmt. Denn eine Hotelreinigung ist so speziell und sensibel, dass sie nur von wirklich gut ausgebildeten und auch ordentlich bezahlten Leuten in entsprechender Qualität geleistet werden kann. Zum Billigstpreis kann hier nur anbieten, wer sich nicht an die Gesetze hält. Und von dem müssen wir weg. Eben auch indem wir den Auftraggebern aufzeigen, dass alles, was billig ist, für sie katastrophal enden kann. Und wir haben nicht nur die Aufgabe aufzuklären, sondern wir pflegen auch eine sehr intensive Zusammenarbeit mit der Finanzpolizei. Wir haben sicher jede zweite Woche irgendeine Meldung von Verdachtsfällen, die wir an die Finanzpolizei weiterleiten. Schließlich bin ich der Interessensvertreter der anständigen Betriebe, die mit allen gesetzeskonformen Notwendigkeiten arbeiten, und nicht der Sprecher von denen, die sich durch Illegalitäten einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Deswegen arbeiten wir auch gut zusammen. Und in Verdachtsfällen ist es unbedingt notwendig, dass dem nachgegangen und gegebenenfalls exekutiert wird, um solche Leute vom Markt zu nehmen.

Kurz: Billiger ist meistens teurer. Wer einen solchen Vertrag abschließt, sollte sich den Vertragspartner genau anschauen. Es gibt einen Mindestbedarf, den der Gesetzgeber von einem ordentlichen Kaufmann verlangt, wie sich dieser vergewissern kann und muss, ob sein Vertragspartner überhaupt vertrauenswürdig ist. Dafür gibt es standardisierte Anfragen. Der Vertragspartner, wenn es ein inländisches Unternehmen ist, aber auch ein ausländisches, muss auf jeden Fall eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer haben. Und eine solche kann man im Internet darauf abfragen, ob es sie überhaupt gibt oder nicht, und, wenn es die Nummer gibt, in einer zweiten Abfragestufe, zu welchem Unternehmen sie gehört. Das ist also das Mindestmaß an Informationsbeschaffung, die man vom Schreibtisch aus erledigen kann. Das nächste ist die Frage: Wer sind die Gesprächspartner? Ist es möglicherweise eine Betrugsfirma? Es tauchen immer wieder Personen als Geschäftsführer auf, die kein Wort Deutsch können, die oft erst am Tag der Firmenübernahme nach Österreich gekommen sind, die kein Branchenwissen haben, und ein sprachkundiger Verwandter aus derselben ethnischen Gruppe führt die Verhandlungen. Eine Firmenadresse? Fehlanzeige. Es ist keine Struktur vorhanden, nicht die einfachsten Erfordernisse, die ein Unternehmen haben muss, um erfolgreich arbeiten zu können. In diesem Zusammenhang möchte ich einmal mehr auch darauf hinweisen, dass die Finanzpolizei vom Gesetzgeber in Österreich beauftragt ist, eine Firma, bei der sich mangels eben genannter Strukturen in einem entsprechenden Ermittlungsprozess der Verdacht eines Scheinunternehmens bestätigt, mit einem Bescheid explizit zu einem Scheinunternehmen zu deklarieren – einsehbar auf der Homepage des Finanzministeriums, dort finden Sie eine komplette Liste aller in Österreich als Scheinfirmen eingestuften Unternehmen. Wer sich nicht entsprechend kundig macht, und die Finanzpolizei kommt drauf, dass eine solche Firma für Sie gearbeitet hat, und die Beschäftigten – zum Beispiel eben die Stubenmädchen – bekommen keinen Lohn, dann sind Sie voll in der Haftung, auch für entsprechend nicht bezahlte Arbeitslöhne. Und das nächste: Wenn ein solcher Feststellungsbescheid über ein Scheinunternehmen ergeht, werden von der Sozialversicherung sofort alle Dienstnehmer dieses Unternehmens abgemeldet. Das heißt, ab diesem Tag hat das Hotel dann Mitarbeiter, die nicht versichert sind. Das Ganze ist also absolut kein Spaß. Und, Stichwort Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz: Wir als Finanzpolizei sind diesbezüglich zuständig für die Kontrolle bei ausländischen Auftraggebern. Wenn nun ein solcher seine Mitarbeiter unter Kollektivvertrag bezahlt, haben wir die gesetzliche Möglichkeit, beim inländischen Auftraggeber, zum Beispiel einem Hotel, in der Höhe der zu erwartenden Strafe ein Auszahlungsverbot auszusprechen.

Perklitsch: Für mich ist das Ganze insofern sehr bedenklich, als genau diese Themen – Betrug, Lohndumping – in der Hotellerie kaum angefasst werden. Kaum ein Hotelier will von diesen Themen hören, obwohl sie damit konfrontiert sind. Das mag auch der Grund sein, warum sich kein Vertreter oder keine Vertreterin der Hotellerie gefunden hat, an dieser Diskussion hier teilzunehmen. Der Hotelier sagt einfach, „diese Themen sind mir zu heiß, so genau kenn ich mich auch gar nicht aus, aber es wird schon passen.“ Man steckt einfach den Kopf in den Sand. Daher finde ich es sehr gut, wenn Betrugs- und Lohndumping-Fälle publik werden und dass Scheinfirmen öffentlich einsehbar aufgelistet werden, zu vieles wurde immer unter den Tisch gekehrt. Natürlich ist eine negative Öffentlichkeit für das Image sowohl der Hotellerie als auch der Gebäudereiniger schlecht, aber bevor es nicht weh tut, wird sich auch nichts ändern.

Aber spielt nicht auch hier der Endkunde mit, der möglichst billig im Hotel übernachten möchte?
Perklitsch: Ja, aber wenn der Endkunde über diese Ungesetzlichkeiten Bescheid weiß, weil sie öffentlich gemacht werden, wird er zumindest darüber nachdenken. Ich jedenfalls glaube noch an eine gewisse Moral im Menschen. Ein Hotelier, der ein gutes Angebot zu einem fairen Preis macht, wird immer seine Gäste haben. Ich sehe es ja bei meinen Kunden: Hoteliers, die eine gewisse Philosophie im Haus haben und auch eine gewisse Ethik gegenüber den Mitarbeitern, haben immer volles Haus. Probleme gibt es dort, wo es über die Masse nur nach dem Preis geht, zumal wenn auch noch Ungesetzlichkeiten öffentlich werden. Ich kenne jedenfalls viele Geschäftsreisende, die sagen, dass sie genau aus diesem Grund in einem bestimmten Hotel nie mehr absteigen.

Der Wille, Qualität und Leistung zu bringen, wird ja immer wieder geäußert, dennoch ist sowohl in der Hotellerie als auch bei den Gebäudereinigern alles sehr preisgetrieben, und alle spielen doch irgendwie mit, vom Endkunden bis zum Unternehmer. Gibt es irgendeinen Weg heraus aus dieser Entwicklung?
Komarek: Der Slogan „Geiz ist geil“ hat natürlich vieles in diese Richtung getrieben. Aber ich glaube auch, wie Frau Perklitsch, dass beim Endkunden auch die Moral noch eine gewisse Rolle spielt. Wenn man zum Beispiel im Supermarkt die Auswahl hat zwischen dem österreichischen Bio-Apfel und einem Apfel aus Südamerika, greifen doch viele zum heimischen Produkt, auch wenn es etwas teurer ist. Ich glaube, es zeichnet sich sukzessive die Entwicklung ab, dass man nicht immer nur das will, was am billigsten ist, sondern, dass es für alle passen muss. Darum glaube ich, dass es ganz wichtig ist, immer auch einen Konsens zu finden. Wir haben die angesprochenen Probleme ja nicht nur in der Hotellerie, sondern auch im Krankenhaus-Bereich. Ein Krankenhaus hat ein gewisses Budget, schreibt ein entsprechendes Leistungsverzeichnis aus und man einigt sich darauf. Das Problem ist nur, dass das Hygieneteam dann immer noch seine Vorgaben gibt, sprich: sobald der Reiniger im Krankenhaus anfängt, stößt er dort auf Einwände, dass es so nicht gehe. Und dann ist eben die große Kunst, für wenig Geld trotzdem alles zu bringen. Es heißt dann immer, „irgendwie wird‘s schon gehen“. Wir haben diese Themen auch mit dem Bundesinnungsmeister in Deutschland besprochen, und der sagt, er sei zwar kein großer Freund von Regelungen, Normen und kollektivvertraglichen Vereinbarungen, aber das, was wir in Österreich bezüglich maximal zulässigen Quadratmeterleistungen hätten, würde ihnen im Spitalsbereich sehr helfen. Denn bei uns in Österreich sind im Stationsbereich 120 Quadratmeter Reinigung pro Stunde zulässig, in Deutschland werden zwischen 300 und 600 Quadratmeter pro Stunde angeboten. Dass das nicht funktioniert, wissen alle, und trotzdem wird das von Häusern eingekauft – weil sie mit knappen öffentlichen Geldern sparen müssen. Im Grunde müssen wir, die Interessensvertretung und alle, die mit diesen Themen zu tun haben, das kundtun. Fallbeispiel: Vor zwei Jahren hatte ein Gebäudedienstleister in einem großen renommierten Hotel am Wiener Ring die Stubenmädchen-Tätigkeiten und die Nebenbereiche übernommen, bekam dann aber die Kündigung, weil ein neuer Anbieter die Reinigungsstunde um 12 Euro angeboten hat. Wir haben den Fall dann (an die Finanzpolizei) weitergeleitet, und nach 7 Monaten hat der Hotelbetreiber dann gesehen, dass er da etwas nicht bedacht hatte. Denn im schlimmsten Fall gibt es dort durch unsachgemäßes Arbeiten einen Unfall. Was passiert dann? Ein Hotelbetreiber, der den Auftrag an eine Firma vergeben hat, die die Leute nicht ausbildet, die vielleicht über die zulässigen Quadratmeterleistungen hinaus arbeiten müssen, weil sie es sonst nicht schaffen, haftet dann sehr wohl für die Regressansprüche. Deshalb müssen wir die Leute entsprechend informieren. Dieses große, namhafte Hotel am Ring hat sich dann jedenfalls ganz schnell wieder für einen anderen Dienstleister entschieden.

Wäre die Auftraggeberhaftung in der Reinigung eine gute Sache?
Kurz: Die Auftraggeberhaftung ist ein sehr diffiziles Thema, das immer gerne medienwirksam verwendet wird. Aber niemand kann diesen Begriff ordentlich definieren. Denn wenn man eine Auftraggeberhaftung will, muss der Auftraggeber auch über alles, wofür er haftet, Bescheid wissen. Um in der Hotellerie zu bleiben: Angenommen eine Reinigungsfirma mit 50 Dienstnehmerinnen betreut nicht nur ein Hotel, sondern auch noch andere – kann man dann jeder Reinigungskraft hinterherlaufen und schauen, wie viel Stunden sie in welchem Hotel bzw. für welchen Auftraggeber arbeitet? Soll die Haftung für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge dann prozentuell auf verschiedene Hotels aufgeteilt werden, sodass am Monatsende  5 Auftraggeber für 100 Prozent haften? Das ist illusorisch. Es hört sich nur immer gut an. Gescheiter wäre es, wenn der Gesetzgeber sagen würde, 25 Prozent – so wie wir es in manchen Branchen bereits haben – bezahlt der Auftraggeber auf ein Depot ein, und dann schauen wir, ob derjenige, der die Leistung erbracht hat, auch seine Steuern und die Sozialversicherungsabgaben bezahlt, und wenn nicht, hat man wenigstens diese 25 Prozent. Das wäre die einfachste Regelung.

Abschließend irgendwelche Wünsche, Anregungen? Herr Komarek …
Komarek: Der Hauptwunsch ist, glaube ich, hinlänglich bekannt: anständige Preise, anständige Angebote. Wir als Interessensvertreter haben es uns jedenfalls zur Aufgabe gemacht, so wie auch in vielen anderen Bereichen, durch viel Aufklärungsarbeit, aber auch durch bestimmte Tools, die wir zur Verfügung stellen, die Situation zu verbessern. Unser Musterstundensatz-Kalkulationstool auf der Homepage www.dfg.at ist eines davon. Und das kann sich auch jeder Auftraggeber anschauen und auch dazu nützen, aufgrund der Angaben die er in einem Angebot von der Firma X bekommt, zu überprüfen, ob es sich um ein seriöses Angebot handelt. Weiters wollen wir genau durch Informations- und Diskussionsveranstaltungen wie diese kundtun, was Sache ist, bzw. den Leuten sagen, wenn sie etwas tun, was nicht rechtens ist, dann zeigen wir das an. Dann wird es exekutiert, und dann wird es auch in den Medien veröffentlicht. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ein renommiertes Hotel wegen Lohn- und Sozialdumping in der Presse stehen will. Das ist unsere Aufgabe.

Herr Kurz, Sie würden am liebsten die entsendeten Unternehmen in ihr Heimatland zurückdrängen?
Kurz: Das kann man so generell nicht sagen. Wenn die entsendeten Unternehmen dieselben Rechte und Pflichten wie die inländischen Unternehmen hinsichtlich Preise, Bezahlung usw. einhalten würden, hätten wir kein großes Problem. Ein solches haben wir ja nur deswegen, weil durch fingierte Verträge und fingierte Arbeitsverhältnisse der österreichische Arbeitsmarkt ausgedünnt wird und der ehrliche Österreicher überbleibt. Dazu kommt, dass der österreichische Staat von diesen entsendeten ausländischen Arbeitskräften weder eine Steuer noch einen Sozialversicherungsbeitrag kassieren kann. Weil die ja alle angeblich in ihrem Heimatland versichert sind. Dass Bestätigungen hundert- und tausendfach gefälscht werden, ist wieder ein anderes Kapitel.
Zur Frage, was ich mir wünsche: Ich wünsche mir vor allem von Ihnen als Unternehmer, dass Sie wachsam sind und die Augen offen haben! Nehmen Sie Ihre Rechte, aber auch Ihre Pflichten wahr, bevor Sie einen Vertrag eingehen, um nicht in eine Falle zu stolpern. Und: Wenn Sie der Meinung sind zu wissen, dass ein Konkurrenzunternehmen mit unlauteren Methoden einen Auftrag ergattert hat, dann scheuen Sie sich nicht, über Ihre Interessensvertretung oder direkt an die Finanzpolizei diese Firma namhaft zu machen. Ich höre in vielen Veranstaltungen und Diskussionsrunden immer wieder, ich würde zum Vernadern auffordern. Aber was wollen Sie letztlich? Nur jammern und nichts unternehmen? Oder jammern UND etwas tun? Wir brauchen Informationen, und wir wollen nicht die Gegner, sondern die Kooperationspartner der ehrlichen Wirtschaft sein. Wenn Sie nichts zu befürchten haben, sollten Sie sich auch nichts gefallen lassen. Die Finanzpolizei bietet Ihnen jedenfalls die Kooperation an.

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