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Die diskrete Schnittstelle

Auf den Internet-Plattformen des Auftragnehmer­katasters Österreich ANKÖ trifft der Öffentliche Auftraggeber auf die für ihn geeigneten – und eignungsgeprüften – Unternehmer.

Text: Hansjörg Preims

Bund, Länder, Gemeinden, Generalunternehmen und Sektorenauftraggeber mit über 4.000 Berechtigten nutzen ihn, wenn sie Aufträge vergeben – den Auftragnehmerkataster Österreich (ANKÖ). Und können dabei auf eine „Liste geeigneter Unternehmer®“ zurückgreifen, die laut ANKÖ-Geschäftsführer Alfred Jöchlinger mit derzeit  8.300 zahlenden Unternehmen so lang ist wie noch nie. Diese Liste ist die größte Online-Datenbank in Österreich zur Sammlung und Verwendung von Eignungsnachweisen gemäß dem Bundesvergabegesetz. Unternehmen können damit mit geringem Aufwand ihre aktuellen Eignungsnachweise für öffentliche Auftraggeber elektronisch verfügbar machen. Eine Möglichkeit, von der mittlerweile auch mehr als 60.000 Mal pro Jahr – so oft wie noch nie – von registrierten öffentlichen Auftraggebern Gebrauch gemacht wird.

Zu jedem Zeitpunkt aktuelle Unternehmensdaten

Für die Eintragung eines Unternehmens in die „Liste geeigneter Unternehmer“ – und Ausstellung eines Firmencodes – ist neben den erforderlichen Eignungsnachweisen zu Befugnis, technischer und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Referenzen und Bilanz eine rechtsgültig gezeichnete Zustimmungserklärung erforderlich, um zur Aktualisierung externe Daten über die entsprechenden Schnittstellen automatisch einspielen zu können. Zum Beispiel vom Firmenbuch, den Gebietskrankenkassen, dem KSV oder Gewerberegister. „Wir aktualisieren im Auftrag des Unternehmers die Daten und Dokumente, stellen sie systematisch dar und machen sie für die öffentlichen Auftraggeber – und nur für solche – zur Eignungsprüfung verfügbar“, fasst Jöchlinger die Hauptleistung des ANKÖ zusammen.
Zusätzlich zur Aktualisierung aus den eignungsrelevanten Datenbanken werden die Unternehmer einmal im Jahr – Ende Jänner – angeschrieben und, sofern schon vorhanden, um die Übermittlung der letzten Bilanz und der aktuellen Anzahl der Arbeitskräfte gebeten. „Das erfahren wir zwar auch aus anderen Quellen, aber um absolut sicher zu gehen, setzen wir bei unseren Informationen gern auf Redundanz“, so Jöchlinger. Vom Unternehmen selbst kommt gegebenenfalls auch die Aktualisierung der Referenzen – wobei man immer stärker zu Referenzen, die vom Leistungsempfänger bestätigt sind, übergegangen ist.

Auch rund 300 Reinigungsfirmen gelistet

Die größte Unternehmergruppe in der ANKÖ-Liste bildet der Handel, gefolgt vom Bau und dem Bereich Dienstleistungen, in welchen auch die Reiniger als Dienstleister für die Öffentliche Hand hineinfallen. Diese haben laut Jöchlinger schon im Vorgängerverzeichnis der Stadt Wien (s. Infokasten rechts) immer eine sehr bedeutende Rolle gespielt. Und diese Bedeutung hat mit der gesamtösterreichischen Basis naturgemäß weiter stark zugenommen. Derzeit sind es 296 Reinigungsfirmen, die beim ANKÖ gelistet sind, vom Großunternehmen bis  zum Ein-Personen-Unternehmen, das zum Beispiel für kleinere „Blitzbeauftragungen“ im öffentlichen Bereich herangezogen werden kann.
Nutzer der ANKÖ-Liste geeigneter Unternehmer sind neben den klassischen öffentlichen Auftraggebern auch die so genannten Sektorenauftraggeber –wie etwa die ÖBB oder der große Bereich der Wiener Stadtwerke Holding –, denen mehr Flexibilität bei einer Vergabe zukommt (s. Info-Kasten S. 28). Für ganz bestimmte Vorhaben und zeitlich und auf das jeweilige Vorhaben begrenzt, wird aber auch Beauftragten von öffentlichen Auftraggebern, sprich: Rechtsanwaltskanzleien oder Ziviltechnikern, die für öffentliche Auftraggeber Vergabeverfahren abwickeln, das Zugriffsrecht auf die Liste geeigneter Unternehmer eingeräumt.

Eine datenschutzrechtliche Herausforderung

Wobei der vertrauliche Umgang mit den sensiblen Unternehmensdaten bei all dem natürlich oberstes Gebot ist. „Unserem System liegt eine datenschutzrechtlich sehr ausgetüftelte Konstruktion zugrunde“, betont Jöchlinger – „zu allererst einmal die umfassende initiale Zustimmungserklärung von Seiten des Unternehmers, und wir verpflichten uns, seine Daten ausschließlich öffentlichen Auftraggebern zur Verfügung zu stellen.“ Im System wird auch genau mitprotokolliert, welcher Auftraggeber wann auf welches Unternehmen zugegriffen hat, inklusive Uhrzeit des Zugriffs. Und es wird mitgespeichert, welcher Informationsstand zum Zeitpunkt des Zugriffs gegeben war. „Es ist eine enorme Datenmenge, die da anwächst, aber damit schaffen wir für den öffentlichen Auftraggeber auch die gebotene Sicherheit“, so Jöchlinger, „sodass er – ganz wichtig – auch bei einer rechtlichen Auseinandersetzung über ein Vergabeverfahren belegen kann, welcher Unternehmensdatenbestand zu dem Zeitpunkt seines Zugriffs gegeben war.“
Mit dieser Dienstleistung ist der ANKÖ europaweit führend  – best practice ausgezeichnet von der „EU-Generaldirektion Markt“. Es gibt laut Jöchlinger kein vergleichbares System in Europa. Und es rechnet sich für ein Unternehmen allemal, in dieser Liste geführt zu werden: Der einmalige Aufnahmebeitrag beträgt 36 Euro (exkl. 10% USt). Dazu kommt ein jährlicher Kostenbeitrag, der gestaffelt nach der Mitarbeiterzahl des Unternehmens zwischen 66 und maximal 279 Euro (exkl. 10% USt) liegt. Geschäftsführer Jöchlinger erklärt, warum die Gebühr so günstig gehalten werden kann:  „Erstens, weil wir sehr gut verhandelte Verträge haben, Großverträge wie den mit dem Firmenbuch, wo wir für jede Abfrage auch zahlen müssen – wir haben im Jahr 1 Million Abfragen am Firmenbuch. Zweitens tragen die im Vorstand vertretenen Auftraggeber zur Hälfte unseres Gesamtumsatzes bei.“

Die Services der Tochter-GmbH

Über die gemeinnützige Vereinstätigkeit hinaus hat der ANKÖ – nach guter österreichischer Vereinstradition – aber auch gewerbliche Aktivitäten entwickelt, die klar vom Verein getrennt und in der ANKÖ Service GmbH gebündelt sind. Zum einen mit einer Bekanntmachungsplattform, die europaweit – bis Russland und Südosteuropa – alle Bekanntmachungen verfügbar macht (vergabeportal.at). Jöchlinger: „Rund 1.000 neue Bekanntmachungen kommen täglich in das System hinein. Und wenn eine dem Profil eines oder mehrerer Unternehmen entspricht, erfolgt eine automatisierte Verständigung dieser Unternehmen. Mit diesem System – einem Abo-System – entgeht einem Unternehmen keine Bekanntmachung.“
Als weiteren Service bietet die GmbH eine Veröffentlichungsplattform (eingabeportal.at). „Ein öffentlicher Auftraggeber muss bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte diesen Bedarf öffentlich bekanntmachen, damit Transparenz und Wettbewerb möglich sind. Und immer mehr öffentliche Auftraggeber machen das mit unserer Servicegesellschaft“, erklärt Jöchlinger. „Wir sind Pionier im Bereich der elektronischen Angebotsabgabe (eingabeportal.at).“  In Österreich sei die Marktgeltung der elektronischen Angebotsabgabe noch sehr bescheiden, aber in den nächsten zwei, drei Jahren sei ein Durchbruch zu erwarten, sodass die Zurückhaltung sowohl bei Auftraggebern als auch auf Unternehmerseite beseitigt werden könne. Technisch sei es jedenfalls längst gelöst, so Jöchlinger


Der Auftragnehmerkataster Österreich

Der Auftragnehmerkataster Österreich – ANKÖ – ist Ende 1999 als gemeinnütziger Verein aus dem Auftragnehmerkataster der Stadt Wien (FIAKA) hervorgegangen, womit Wien seine diesbezügliche Fachkompetenz ganz Österreich zur Verfügung gestellt hat. Geschäftsführer des Instituts ist Dipl.-Kfm. Dr. Alfred Jöchlinger.
Im ANKÖ-Vorstand vertreten sind

  • für die Auftraggeber: die Republik Österreich (Bundesministerien), alle Bundesländer mit Ausnahme von Vorarlberg, der Österreichische Städtebund, der Österreichische Gemeindebund sowie ausgegliederte Rechtsträger der Gebietskörperschaften;
  • die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte mit zwei Vertretern als Bindeglied zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern („Bekämpfung von Sozialbetrug“, „faire Arbeitsbedingungen“);
  • für die Auftragnehmer: die Wirtschaftskammer Österreich (8 Vertreter) und die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (2 Vertreter).
    Das Institut ist seit 2009 ISO zertifiziert. Neben der „Liste geeigneter Unternehmen®“ bietet der ANKÖ über seine 100%-Tochter ANKÖ Service Ges.m.b.H. mit dem Vergabeportal, dem Eingabeportal und der elektronischen Angebotsabgabe weitere Services im Bereich öffentliche Vergaben an.

www.ankoe.at
www.vergabeportal.at
www.eingabeportal.at

Wer nutzt die „Liste geeigneter Unternehmer“?

  •  Klassische Auftraggeber wie Bund und Länder
  • Sektorenauftraggeber wie ÖBB, ASFINAG, Flughafen oder Stadtwerke
  • Mitglieder des Städte- und des Gemeindebunds
  • Bevollmächtigte Architekten, Zivilingenieure und Rechtsanwälte
  • Generalunternehmen und Wohnbaugesellschaften

Sektorenauftraggeber mit mehr Freiraum bei Vergaben

Sektorenauftraggebern (z.B. ÖBB, ASFINAG, Flughafen, Stadtwerke) kommt bei der Vergabe mehr Flexibilität als den klassischen öffentlichen Auftraggebern zu. Zum Beispiel:

  • Standardschwellenwert für Sektorenauftraggeber im Liefer- und Dienstleistungsbereich: 400.000 Euro. Erhöhter Schwellenwert im Baubereich von 5.000.000 Euro – erst ab dieser Summe muss EU-weit ausgeschrieben werden.
  • Wahl des Vergabeverfahrens: Der Sektorenauftraggeber darf jederzeit das Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb wählen; dieses Verfahren ermöglicht größtmögliche Entscheidungsfreiheit bei der Auftragsvergabe (im Verhandlungsverfahren darf mit den Unternehmern verhandelt werden; eine Jury entscheidet, welcher Unternehmer den Auftrag bekommt).
Ein Auftraggeber im klassischen Bereich hingegen muss die Wahl dieses Verfahrens immer rechtfertigen, es werden sehr strenge Maßstäbe angelegt. (mögliche Anwendungsgründe: etwa ein bereits durchgeführtes „gescheitertes“ Verfahren, keine globale Preisgestaltung möglich etc.).
  • Im Unterschwellenbereich besteht für den Sektorenauftraggeber zusätzlich die Möglichkeit, zwischen allen möglichen Verfahrens­typen frei wählen zu dürfen (Ausnahme Direktvergabe).
  • Mehr Freiheiten bei der Gestaltung der Ausschreibungsunterlagen (weniger strenge Anforderungen an den Inhalt der Ausschreibungsunterlagen); zum Beispiel – im Gegensatz zum klassischen Bereich – keine Verpflichtung, auf ÖNORMEN zurückgreifen zu müssen.
  • Keine Bindung an die – für „normale“ Auftraggeber – explizite Aufzählung möglicher Eignungsnachweise. Damit ist freie Festlegung möglich, welche Eignungsnachweise von den Unternehmern erbracht werden sollen (freilich gilt auch für Sektorenauftraggeber das Sachlichkeitsgebot und das Verbot der Diskriminierung).
  • Bei Nichterfüllung von Eignungskriterien müssen „normale“ Auftraggeber Unternehmer, welche die Mindestvorgaben nicht erfüllen, ausschließen. Sektorenauftraggeber sind hingegen nicht dazu verpflichtet. Grund: Sektorenauftraggeber haben nach Ansicht der Kommission möglicherweise keinen Zugang zu sicheren Beweisen über das Vorliegen eines Ausschlussgrundes.

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