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Alles Elektro

Im Nutzfahrzeug-Portfolio der großen Hersteller bestimmen zwei Trends die Entwicklung: Alles wird zunehmend elektrisch und digital.

Text: Erika Hofbauer

Die Elektromobilität nimmt weiter Fahrt auf, das zumindest zeigen die aktuellen Fahrzeug-Entwicklungen der Autohersteller. Bei Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) beispielsweise wurde beim Kastenwagen e-Crafter durch diverse e-Mobilitätsförderprogramme versucht, noch mehr potenzielle Käufer für die „letzte Meile“ (von Verteilzentren in den innerstädtischen Bereich) zu begeistern. Der elektrisch und emissionsfrei betriebene 100 kW bzw. 136 PS ausgestattete e-Crafter ist ausgelegt auf Zuladungen von bis zu 975 Kilogramm (oder 10,7 m³ Laderaumvolumen). Entwickelt wurde der e-Crafter für alle Unternehmen, die im innerstädtischen Bereich aktiv sind: die „LastMile-Zusteller“ des Kurier- und Logistiksektors, Handwerksbetriebe, Einzelhändler, Energieversorger. Mit einer kombinierten Reichweite von bis zu 115 Kilometern (159 km im Stadtverkehr) gemäß WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure, übersetzt in etwa „weltweit einheitliches Leichtfahrzeuge-Testverfahren“) und einer bewusst auf 90 km/h begrenzten Höchstgeschwindigkeit soll der e-Crafter die realen Anforderungen des täglichen Einsatzes der City-Transporter problemlos abdecken, heißt es. Der kombinierte Stromverbrauch nach WLTP liegt bei 29,1 kWh/100 km. An einer CCS-Ladestation mit 40 kW (Gleichstrom) ist die Batterie (Energiegehalt 35,8 kWh) nach nur 45 Minuten wieder zu 80 Prozent geladen. 

Mehr Platz, mehr digital

Im Februar präsentierte VW Nutzfahrzeuge auch einen rundum erneuerten Caddy 5. Diese fünfte Generation basiert auf dem so genannten „Modularen Querbaukasten“ (MQB), wodurch neue Technologien Einzug gehalten haben: Innovative Assistenzsysteme erhöhen die Sicherheit und den Komfort, vernetzte Infotainment- und digitalisierte Bediensysteme machen so das Fahrzeug zum Smartphone auf Rädern, heißt es bei VW Nutzfahrzeuge. Das neue Twindosing-System soll die Turbodieselmotoren (TDI) noch sauberer machen. Auch im Innenraum wurden Veränderungen umgesetzt. Die Langversion – der Caddy Maxi – bietet nun zum Beispiel Raum für bis zu zwei Europaletten, die wahlweise mittig quer-hinten quer oder auch mittig quer-hinten längs eingeladen werden können. Neu entwickelt wurde auch die Architektur der Anzeigen- und Bedienelemente: Die interaktiven Schnittstellen zum Fahrer und Beifahrer bilden das neue „Digital Cockpit“. Über eine Online Connectivity-Unit (OCU) mit integrierter eSIM können die Infotainmentsysteme auf die mobilen Online-Dienste und Funktionen von „Volkswagen We“ zugreifen. Der neue Caddy wird in der Nutzfahrzeugvariante als Caddy Cargo (Kastenwagen mit geschlossenem Aufbau) sowie als PKW (mit verglastem Fahrgastraum) in der Basisvariante Caddy Kombi sowie in den neuen Ausstattungslinien ‚Caddy‘, Caddy ‚Life‘ und Caddy ‚Style‘ angeboten. Start in Österreich ist Herbst 2020. 

Modellaufwertungen

Bei Nissan steht das Jahr 2020 im Zeichen zahlreicher Innovationen im LCV-Sektor (Light Commercial Vehicle, Leichte Nutzfahrzeuge). Mit dem Nissan NV250 ergänzt ein neues Modell die Palette: In der Version als Kastenwagen wird der kompakte Nissan NV250 mit zwei verschiedenen Radständen und drei Motorisierungen (80, 95 und 115 PS) angeboten. Der Nissan NV300 wiederum wird mit modernen Euro 6d-Temp Motoren ausgerüstet und steht optional nun auch mit einem Doppelkupplungsgetriebe zur Verfügung. Neben Modellpflegemaßnahmen für den NV400 wird auch der Nissan Navara deutlich aufgewertet. Die Pickup-Legende geht mit einem Plus an Drehmoment, Scheibenbremsen nun auch an der Hinterachse und einem fortschrittlichen Anhänger-Stabilitätsprogramm in die neue Saison. Bei Nissan steht Elektromobilität ebenfalls ganz oben auf der LCV-Agenda, heißt es. So kann Nissan – nach eigenen Angaben als einziger Hersteller – mit dem e-NV200 ein Nutzfahrzeug mit einem 40-kWh-Akku in diesem Segment anbietet. Darüber hinaus gewährt Nissan als einziger Hersteller im Nutzfahrzeugbereich eine Garantie über fünf Jahre oder 160.000 Kilometer. Die Zukunft im urbanen Bereich gehört der E-Mobility – im Pkw- genauso wie im LCV-Segment, ist man bei Nissan überzeugt.

Neue e-Varianten

Auch bei Fiat ist Elektromobilität bei den Nutzfahrzeugen nicht mehr wegzudenken. Spannend wird es, wenn im Herbst der Marktstart des e-Ducato erfolgt. Die Elektro-Variante des Stadttransporters wird in verschiedenen Varianten durch unterschiedliche Längen und Höhen, Fahrgestellumbauten und Motorisierungen erhältlich sein. Neu wird die 9-Gang Automatik, der Erdgasantrieb und die Laderaumlänge von bis zu 4,07 Meter und Ladevolumen bis zu 17m³ sein sowie ein neues 7“ U-Connect Radio mit Navigationssystem. Der Talento will als Büro auf Rädern punkten, gelingen soll das durch eine kompakte Bauweise für große Bewegungsfreiheit bei gleichzeitig großem Laderaum, als Personentransporter gibt es Platz für bis zu 9 Personen. Bei Fiat Professional kann man auf ein abwechslungsreiches Jahr 2019 zurückblicken, erzählt Stefan Barth, Brand Country Director: „Trotz einem leicht rückläufigen Nutzfahrzeugmarkt konnten wir unsere Stückzahlen halten. Unter anderem liegt das an der vielfältigen Auswahl von Fahrzeugen, die durch die starke Adaptierbarkeit bei jedem Modell an nahezu jeden Kundenwunsch angepasst werden können.“ Bei Fiat will man den Elektroantrieb als wichtiges Mobilitätskonzept fördern, so Barth: „Somit schaffen wir neben den bereits sehr gut etablierten CNG-Modellen, wo wir zu den größten Anbietern gehören, eine weitere Option für Kunden, die auf alternative Antriebe setzen möchten.“

Hybrid-Modelle

Elektrifizierung und Konnektivität sind bei Fords Nutzfahrzeugen ebenfalls zu finden. So ist der Ford Transit Custom Plug-In-Hybrid speziell für Unternehmen, die häufig in emissionsbeschränkte Umweltzonen fahren müssen, gedacht. Er vereint lokal abgasfreien Einsatz mit hoher Reichweiten-Flexibilität. Ende 2019 ging dieses Modell an den Start und gilt als erster Transporter der 1,0-Tonnen-Nutzlastklasse mit Plug-In-Hybrid-Technologie. Die Vorderräder des Transit Custom PHEV (Plug-In Hybrid-Vehicle) werden dabei ausschließlich vom Elektromotor angetrieben. Dieser bezieht seine Energie aus einer 13,6 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie. Der Ford EcoBoost-Turbobenziner mit 1,0 Liter Hubraum dient ausschließlich als sogenannter Range Extender, damit verlängert sich der Aktionsradius des Plug-In-Hybrid-Transporters auf rund 500 Kilometer. Der Ford Tourneo Custom Plug-In-Hybrid steht ebenfalls in den Startlöchern. Alleinstellungsmerkmal des Tourneo Custom PHEV sind die beiden hinteren Sitzreihen der achtsitzigen Großraum-Limousine, die auch in einer Konferenzbestuhlung konfiguriert werden können. Gewerblichen Kunden, die mit ihren Fahrzeugen oft in zähfließendem Stadtverkehr unterwegs sind, bietet sich die Mild-Hybrid-Technologie mit einem 48-Volt-Starter/Generator an, heißt es bei Ford. Diese Form der Elektrifizierung verbessert die Kraftstoff-Effizienz, reduziert damit die Betriebskosten und ist ein Novum im Nutzfahrzeug-Segment. „Unsere überlegte und ausgewogene Antriebsstrang-Strategie bietet unseren Gewerbekunden viele Optionen, aus denen sie jene elektrifizierte Lösung auswählen können, die am besten zu ihrem individuellen Geschäftsmodell passt“, so Helmut Reder, Baureihen-Direktor Nutzfahrzeuge bei Ford Europa. Mit dem „Qualified Vehicle Modifier“-Programm (QVM) gewährleistet Ford uneingeschränkte Individualisierungsmöglichkeiten von Auf-, Um- und Ausbauten. Mit dem FordPass Pro, einer neuen App für vernetzte Firmenfahrzeuge, will man bei Ford die Fahrzeuge der Kunden immer einsatzbereit und sicher halten. Oberste Prämisse bei den Ford-Nutzfahrzeugen ist, dass sie im harten Arbeitsalltag praxistauglich und zuverlässig bestehen, erläutert Christian Wotypka, Leitung Presse und PR bei Ford: „Zu den Attributen Robustheit, Vielseitigkeit und Effizienz – im Hinblick auf niedrige Betriebskosten – wird bei der Entwicklung aller Ford Transit Modelle auch ein großes Augenmerk auf zeitgemäße Optik und fortschrittlichste Technologien gelegt.“ 

Vollelektrisch und hybrid

Bei Peugeot weitet sich die Elektrooffensive auch auf die leichten Nutzfahrzeuge aus. Nach dem Peugeot e-208, dem e-2008, den Plug-In Hybriden Peugeot 508, 508 SW und 3008 sowie den Transportern Peugeot Partner Electric und Boxer Electric stellt der französische Autobauer nun den neuen vollelektrischen e-Expert vor. In Österreich ist die Markteinführung im Laufe des heurigen Jahres geplant. Das vollelektrische leichte Nutzfahrzeug der Marke basiert auf dem Kastenwagen Peugeot Expert. Der neue e-Expert wird mit zwei verschiedenen Batteriegrößen angeboten. So kann sich der Kunde für eine auf sein Gewerbe zugeschnittene Reichweite entscheiden, heißt es. Mit der 50 kWh starken Batterie erzielt der e-Expert eine Reichweite von bis zu 200 Kilometern nach WLTP. Die größere Batterie hat eine Leistung von 75 kWh und kommt auf eine Reichweite von 300 Kilometern nach WLTP. Das Modell mit Elektromotorisierung ermöglicht einen emissionsfreien Lieferverkehr, der vor allem in Ballungsgebieten immer wichtiger wird, so das Argument, der neue e-Expert ermögliche es Gewerbetreibenden somit auch in Städte einzufahren, die nur vollständig elektrifizierte Fahrzeuge zulassen.

Elektrifizierungsoffensive

Ab sofort startet man auch bei Citroën eine Elektrifizierungsoffensive: Bis zum Jahr 2025 wird die gesamte Modellpalette − leichte Nutzfahrzeuge ebenso wie Pkw − in einer elektrifizierten Version verfügbar sein. Zunächst wird 2020 ein rein elektrischer Citroën Jumpy auf den Markt kommen, 2021 folgt ein rein elektrischer Citroën Berlingo Kastenwagen. Diese Modelle richten sich insbesondere an Gewerbetreibende und bieten nicht nur einen entsprechenden Komfort, sondern auch kalkulierbare Betriebskosten, die Möglichkeit für Fahrten in Stadtzentren und für Direktlieferungen sowie das Schritthalten mit der Entwicklung des E-Commerce-Geschäfts, wird betont. Der Citroen Jumpy wird als Referenzmodell für Kompaktvans gelten. Das aktuelle Modell verfügt über ein großes Ladevolumen, die beiden neuen, branchenspezifischen Versionen für Baustellentransporte (inklusive höhergelegtem Fahrwerk, Schutzblech, erhöhter Nutzlast, Grip Control) und für Vielfahrer (mit Fahrerassistenzsystemen für Komfort und Sicherheit) ergänzen das Angebot. 

Emissionsfreier Lieferverkehr

Ähnlich wird es auch bei Opel ablaufen. Hier startet heuer der Vivaro-e als elektrisch betriebener Transporter. Der Kunde kann dann zwischen zwei verschiedenen Batteriegrößen je nach Einsatzzweck wählen. Der neue Opel Vivaro-e kommt mit einer 50 kWh-Batterie für bis zu 200 Kilometer oder einem 75 kWh-Akku für bis zu 300 Kilometer Reichweite nach WLTP. In Ballungsgebieten wird der emissionsfreie Lieferverkehr immer wichtiger und die Nachfrage nach rein elektrischen Transportern entsprechend steigen, ist man bei Opel überzeugt. Und schon 2021 wird es mit dem Opel Combo-e den nächsten elektrobetriebenen Nützling geben. Bis 2024 werden schließlich alle Opel-Baureihen elektrifiziert sein, berichtet Opel-Chef Michael Lohscheller. Besonders wichtig werden die Elektrofahrzeuge „auf der letzten Meile“ in den Innenstädten, zum Beispiel zur Personenbeförderung oder im Gewerbe, sein. Opel Combo Life, Combo Cargo und Zafira Life sollen 2021 ebenfalls elektrisch erhältlich sein.

Batteriemiete

Bei Renault wird – wenig überraschend – die Elektro-Flotte weiter ausgebaut. So ist der Kangoo Z.E. ab heuer auch mit Brennstoffzellen (als Kangoo Z.E. Hydrogen) erhältlich. Als besonderes Highlight heftet man sich bei Renault die Variante „Batteriemiete“ auf die Fahnen. Diese, so heißt es, erlaube das kostengünstige Mieten der Antriebsbatterie. Damit sichere man sich einen günstigen Anschaffungspreis und lebenslange Garantie auf den Akku. Mit rein elektrischen Transportern lassen sich Luft- und Lebensqualität langfristig verbessern, weshalb Renault speziell im innerstädtischen Lieferverkehr „auf der letzten Meile“ dem Thema e-mobility im Nutzfahrzeugbereich einen hohen Stellenwert einräumt. So habe man zusätzlich zum „Klassiker“ ZOE zwei Nutzfahrzeuge mit jeweils zwei unterschiedlichen Antrieben im Programm: Renault Kangoo Z.E., Renault Kangoo Z.E. Hydrogen mit Brennstoffzelle, Renault Master Z.E. und Renault Master Z.E. Hydrogen mit Brennstoffzelle. Vorteil der Brennstoffzelle ist dabei die wesentlich höhere Reichweite und die schnelleren Betankungsvorgänge. Dieser Weg ist auch der zukünftige, wie Gerd Schober, Flottendirektor Renault Österreich, erläutert: „Durch lange Wartungsintervalle und effiziente Motoren reduzieren wir Standzeiten und Kosten, mit entsprechenden Detaillösungen und neuen Assistenzsystemen machen wir das Fahren sicherer und einfacher.“ An Bedeutung gewinnt auch das emissionsfreie Transportieren, verweist Schober eben auf die Modelle mit Brennstoffzelle.

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