Was wäre wenn?

Was wäre mit der Qualität, wenn es den Meister nicht mehr gäbe?

Christian Wolfsberg
Christian Wolfsberg

Erich Fach war Wiener Innungsmeister, als der Beruf der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger wieder zu einem Handwerk mit Meisterprüfung wurde. Angeblich hat er den Wechsel mit den zwei Worten „Denkmalpflege“ und „Fassadenreinigung“ geschafft. Mit der Gebäudereinigung alleine, nur mit dem „Putzen“, wäre ein Handwerk mit Meisterprüfung nie durchgegangen. Ein Meister des Putzens? Zum Lachen damals! Die Denkmalpflege, das war schon ganz was anderes, was Wichtiges und Gewichtiges, die Fassadenreinigung auch – und gefährlich. Egal. Es kam wie es kam: Seit 1989 ist das Reinigen wieder ein Meisterberuf.
Und nun will man die Reinigung vermutlich wieder zu einem Freien Gewerbe machen? Was würde sich ändern? Und vorsichtig gefragt: Was hat der Meister bisher erwirkt? Aus meiner Sicht, aus der Sicht eines außenstehenden Beobachters, hat die Meisterprüfung anfangs wie eine Gilde gewirkt. Der Meister war Spielball der mächtigen Landesinnungen, die ihn quasi gewährt haben, die eher restriktiv mit der Vergabe umgingen. So wie die Apotheker ihre Rayons, ihre Einzugsgebiete regeln, so wurden auch die Meister quasi „verteilt“. Der Meister war der Eintritt zum „großen Geschäft“, erlaubt durch die Granden der Kammern. Ob damit Qualität oder mehr Qualität verbunden war, sei dahingestellt. Denn die Denkmalpflege oder Fassadenreinigung machten in Wirklichkeit – damals wie heute – sowieso nun ein paar Spezialisten (und die kamen und kommen nur gelegentlich aus der Reinigungsbrache).
Gestiegen ist die Anzahl der Meister – bitte wieder: aus meiner Sicht – erst durch die Gründung der BBG 2001 und später durch die Verjüngung in den Landesinnungen nach der Kammerwahl 2010. Mit der Aufnahme von immer mehr Qualitätskriterien in den Ausschreibungen, anfänglich durch die BBG und dann sehr bald auch durch viele andere öffentliche Stellen, wurde die Ausbildung zum Meister immer bedeutender. Mit der Liberalisierung in den Innungen, mit der Vereinheitlichung der Meisterprüfung und der nahezu explosionsartigen Vervielfältigung der Schulungs- und Kursangebote wurde der Meister und in dessen Sog auch viele weitere Kurse erst so richtig populär. Mit dem Meister war in mehrerer Hinsicht ein Geschäft zu machen. Selbstverständlich ist jede Ausbildung besser als keine. Trotzdem darf hinterfragt werden, ob die Qualität der Dienstleistung entscheidend gehoben wurde. Macht der Meister den Unterschied? Wenn man die Lehrlingszahlen im gleichen Zeitraum betrachtet, dann sind diese nicht im gleichen Ausmaß wie die Meister angestiegen, sondern sind – Irrtum vorbehalten – recht konstant niedrig geblieben.
In Summe ist die Frage legitim, ob der Wegfall einer Meisterprüfung mit einem Niedergang der Qualität der Reinigung einher gehen würde. Es könnte auch sein, dass die Ausschreibenden weiterhin den Meister als Qualitätsgarant sehen und ihn daher auch weiterhin fordern. Und: Vielleicht ist wirkliche Qualität ohnehin nur durch den Wunsch und die Kontrolle des Kunden erzielbar. Was immer in den kommenden Monaten auch passiert, in jedem Fall sollte sich jeder in dieser Branchen Gedanken machen.

 


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