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Tagreinigung

Ist Österreich wirklich ein dunkler Fleck auf der Landkarte?

Gunther Weber
Gunther Weber

Im Oktober 2013 organisierte die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft Vida eine eigene Informations- und Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Der Wunsch nach dem Ende der Unsichtbarkeit – Wege zur Sichtbarkeit und Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Reinigungsgewerbe“. Zum Stichwort Tagreinigung wurde Skandinavien als Vorbild hervorgehoben, da dort der Trend, die Reinigungstätigkeiten „sichtbar“ zu machen, viel stärker ausgeprägt sei als dies in Österreich der Fall sei. Doch ist das wirklich so? Wir haben diese Frage im Rahmen unserer Verträge überprüft.

Der Begriff Tagreinigung wurde als solches noch nicht definiert. Weder im Kollektivvertrag noch in den einschlägigen Normen ist davon die Rede. Aus unserer Sicht ist daher von Tagreinigung auszugehen, wenn diese während der üblichen Büroarbeitszeiten im Zeitraum von 8 bis 18 Uhr werktags stattfindet.

Eine aktuell durchgeführte Erhebung unserer Bestandsverträge bei 3.500 Objekten mit insgesamt jährlich rund 3,7 Millionen Unterhaltsreinigungsstunden weist folgendes Ergebnis auf:

Die Ergebnisse aus der Befragung zeigen deutlich, dass bereits 70 % der Reinigungsdienstleistung, welche öffentliche Auftraggeber über BBG-Verträge beziehen, während des Tages stattfindet. Ein „Hinterherhinken“ Österreichs im Vergleich zu den skandinavischen Ländern kann daher in keiner Weise nachvollzogen werden.

Ein wesentlicher Aspekt bei der Diskussion über das Thema Tagreinigung sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Die Organisation der Reinigung im Objekt ist immer auch als Teilprozess der jeweiligen kundenspezifischen Prozesse zu sehen und daher unter Umständen als Tagreinigung nicht überall umsetzbar. So ist z.B. eine Reinigung eines Turnsaals während dessen Belegung nicht möglich. Wichtig ist, dass die Organisation der Reinigung den Bedürfnissen des Kunden und der Reinigungskraft entspricht und einvernehmlich erfolgt. Eine gesetzliche Quotenregelung zur Tagreinigung halten wir für nicht erforderlich. Die Reinigungsunternehmen sollten daher diese zeitliche Organisationsform den Kunden und Reinigungskräften aktiv anbieten, um die Tagreinigung weiter zu forcieren.

Auch sind wir der Ansicht, dass ein höherer Anteil an Tagreinigung jedenfalls dazu beiträgt, dass die Wertschätzung gegenüber den Reinigungskräften steigt und somit eine Verbesserung des Branchenimages herbeiführen kann.

Fazit: Tagreinigung findet auch in Österreich in beträchtlichem Ausmaß statt und braucht keinen Vergleich mit anderen Ländern zu scheuen. Es darf jedoch nicht darüber hinweggesehen werden, dass das Thema Tagreinigung nicht automatisch Vollzeitbeschäftigung bedeutet. Noch immer ist der überwiegende Teil der Reinigungskräfte in einem Teilzeitarbeitsverhältnis tätig. Hier gibt es künftig sicherlich noch Handlungsbedarf.


Gunther Weber, Bereichsleiter Einkauf Bundesbeschaffung GmbH, www.bbg.gv.at


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