Preisproblematik: „Mit den Kunden über mögliche Synergien oder Einsparungspotenziale reden“

Gerhard Komarek
Gerhard Komarek

Im Produktionsprozess der verschiedenen Produkte haben wir jeweils unterschiedliche Parameter, welche für die derzeitigen laufenden Preisanpassungen nach oben verantwortlich sind. Nicht nur der Krieg ist „schuld“, sondern auch ein lockdown-bedingter Stau der Container-Frachter im Hafen von Shanghai, sodass die Industrie in Europa immer noch Engpässe bei z.B. Einweghandschuhen und Chips für elektronische Bauteile von Reinigungsautomaten hat.

Andererseits besteht natürlich die Energiekosten-Problematik, wovon jede Branche unterschiedlich betroffen ist. Produzierende Firmen, die zur Herstellung von Rohstoffen für die chemische Industrie Öl raffinieren, haben einen extrem hohen Energieaufwand, mit derzeit explodierenden Kosten. Dort fängt die Kostenspirale für die Rohstoffeinkäufer der chemischen Industrie an und setzt sich fort.

Für unseren gesamten Handel bzw. die Zulieferer der Reinigungsbranche ist das ein großes Dilemma. In normalen Zeiten war der Preis, den wir von einem Hersteller einmal im Jahr bekommen haben, mindestens 12 Monate gültig. Jetzt ändert sich das laufend, und der Aufwand, den wir dadurch haben, ist enorm. Toilettenpapier zum Beispiel ist schon vergangenes Jahr im Oktober teurer geworden, heuer im April noch einmal um 7 Prozent und dann noch einmal im Mai um 12,5 Prozent. Und ab Oktober kommt noch einmal eine 20- oder 30-prozentige Anpassung bei sämtlichen Papierherstellern. Das sind im Papierbereich Preisanpassungen zwischen 35 und 50 Prozent innerhalb eines Jahres.

Auch bei Müllsäcken gab es bereits im März Preisanstiege von 5 bis 15 Prozent. Bei den Herstellern von Reinigungschemikalien stiegen die Preise im Juni um 10 Prozent, im Oktober wird hier noch einmal um 10 Prozent erhöht. Die Hersteller nennen das „Energiekostenzuschlag“ oder „Energiekostenausgleich“. Der Handel aber kann nicht beim Kunden je nach Hersteller unterschiedliche Energiekostenzuschläge verlangen, da das technisch nicht umsetzbar ist. Es kann nur entweder pauschal ein Energiekostenzuschlag verlangt oder dieser von Haus aus auf das Produkt aufschlagen werden. Wenn nun die Hersteller ständig die Preise verändern, ist das für Händler, die viele verschiedene Produzenten im Programm haben, ein immenser administrativer und personeller Aufwand, der eigentlich nicht abgegolten wird.

Wir haben hier momentan also eine extrem belastende Situation für die Branche. Was bedeutet das für den Gebäudereiniger? Wir haben eine Berechnung gemacht, die wir normalerweise nur für die unabhängige Schiedskommission im Zusammenhang mit Lohnerhöhungen machen. So weit sind wir aber noch nicht, die Gespräche und Verhandlungen mit der Gewerkschaft müssen erst stattfinden. Aber wenn man jetzt davon ausgeht, dass der VPI bei 7,8 Prozent ist und die Preise für Chemikalien, Maschinen und Geräte sich in den letzten Monaten auch verändert haben, kommt man auf die Berechnung, dass allein das Material und der VPI auf den Stundensatz mittlerweile 2,4 Prozent betragen.

Also theoretisch – wenn Reinigungsprodukte und Verbrauchsmaterialien ab Oktober (durchschnittlich) 2,4 Prozent kosten und der Gebäudereiniger 2 Prozent Gewinn veranschlagt hat, dann legt er dort ganz sicher schon entsprechend drauf, damit es ihn nicht mehr kostet als er an Ertrag lukriert. Deswegen haben wir die Betriebe über unsere Berechnungen informiert bzw. sie jetzt schon – vor dem Lohnabschluss – darauf aufmerksam gemacht, dass wir in Richtung zweistelliger Preisanpassung für nächstes Jahr zusteuern könnten. Die Gebäudereiniger sollten jetzt schon mit den Kunden reden, um gewisse Synergien oder Einsparungspotenziale zu finden. Sinnvoll kann auch sein, die Preisanpassung aufzuteilen, also zu staffeln. Beispielsweise 2 Prozent jetzt und weitere 7 Prozent erst mit Jahresbeginn 2023, und das jetzt schon bei der Budgetierung für nächstes Jahr zu berücksichtigen.


KommR Gerhard Komarek ist Berufszweigobmann der Denkmal- Fassaden- und Gebäudereiniger und LIM Wien


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