Outsourcing bei Gemeinden in der Schweiz

Auslagerung der Bewirtschaftung als größter Hebel

Jürg Brechbühl
Jürg Brechbühl

Die in Deutschland veröffentlichte „Studie zur Wirtschaftlichkeit der Fremdreinigung im Vergleich zur Eigenreinigung bei der Öffentlichen Hand am Beispiel der Kommunen“ widerlegt im Wesentlichen drei Vorurteile: 1. Eigenreinigung ist mindestens so wirtschaftlich wie Fremdreinigung. 2. Die Reinigungsqualität ist bei Eigenreinigung in der Regel höher als bei Fremdreinigung. 3. Die Mitarbeitenden eines externen Dienstleisters sind sozial schlechter gestellt.

Wie sieht die Situation in der Schweiz aus? Aus meiner Sicht ist das Auslagerungspotenzial von Gemeinden in der Schweiz bei weitem nicht ausgeschöpft. Statistische Zahlen dazu existieren nicht, der Auslagerungsgrad liegt vermutlich unter dem Schnitt der Privatwirtschaft; vielleicht lagern 50% der Gemeinden Facility Services aus. Es sind vor allem größere Städte; mittlere und kleine Gemeinden lagern noch kaum aus. Dies ist erstaunlich, denn bei der Bewirtschaftung gibt es den größten Optimierungshebel. Politische Rahmenbedingungen lassen in Bereichen wie etwa der Bildung oder dem Sozialwesen kaum Spielraum zu. Das in der deutschen Studie errechnete Einsparpotenzial von 32.4% (Personal plus Dienstleistungserbringung) ist unter Berücksichtigung der ungleichen Mehrwertsteuersätze vergleichbar mit Schweizer Verhältnissen. Hinweisen möchte ich auf die seit der Jahrtausendwende stark gestiegene Zahl von Gemeindefusionen: Wenn kleinere Gemeinden fusionieren wollen, weil sie die zusehends komplexeren Aufgaben auch finanziell nicht mehr alleine bewältigen können, wäre dies jeweils der Moment, mittels eines baubegleitenden Facility Management Partner zu prüfen, was optimiert und ausgelagert werden kann.

Zwar werden bei Gemeinden Berater hinzugezogen, wenn es um interne Reorganisationen für den Werkhof oder die Hauswartung geht. Solange der Sparzwang nicht markant ist, sind Auslagerungen jedoch kein Thema, auch aus vermeintlicher Rücksicht auf in der Gemeinde lebende Mitarbeitende.

Gewohnheiten kritisch hinterfragen

Das größte Einsparpotenzial bei gleichbleibender Qualität liegt im Auslagern von wiederkehrenden Tätigkeiten wie Unterhaltsreinigung, Instandhaltung und Wartungsarbeiten. Der Beizug von Facility-Services-Spezialisten kann insbesondere helfen, Arbeiten und Prozesse kritisch zu hinterfragen, ob sie in der gewohnten Kadenz nötig, zweckmässig und effizient sind, oder einfach „immer schon so gemacht“ wurden. So braucht nicht jeder Hauswart seinen eigenen Rasenmäher, sondern der Einsatz von Mitarbeitenden und Gerätepark kann mit computerunterstützten Planungstools optimiert werden.

Unbekannte Chancen für Mitarbeitende

Auch aus vermeintlicher Rücksicht auf die Mitarbeitenden werden Auslagerungen häufig nicht angetastet. Selbstverständlich bestehen in der Schweiz gesetzliche, sozialverträgliche Rahmenbedingungen inklusive Besitzstandsgarantie und Arbeitsplatzsicherheit für die Personalübernahme. Zusätzlich gibt es unerkannte Chancen für Mitarbeitende beim Übertritt in ein Facility-Services-Unternehmen: So tritt beispielsweise der Werkmeister einer Gemeinde so in eine professionelle Unternehmung ein, bei der er fachspezifische Weiterentwicklungsmöglichkeiten und zukünftige Karriereschritte antrifft. Es liegt beim Outsourcing also ein Win-Win-Potenzial für Gemeinden und Mitarbeitende drin, das sich zu prüfen lohnt.


Jürg Brechbühl ist Vorstandsmitglied des Verbandes Schweizer Reinigungs-Unternehmen Allpura und Präsidiumsmitglied des Europäischen Verbandes Fiden sowie Mitglied der Geschäftsleitung der Vebego AG.


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