DRUCK NACH UNTEN

Gespräch mit dem Hotelreinigungs-Insider Mag. Klien Rum

Die nach unten offene Richterskala der Gebäudereinigerpreise gilt offensichtlich auch für die Reinigung von Hotels. Mag. Klien Rum (Name der Redaktion bekannt) führt dies aktuell – zumindest Wien betreffend – auf drei Tatsachen zurück: „Erstens, gibt es derzeit eine norme Überkapazität an Betten, mit einem daraus resultierendem sehr heftigen Preiswettkampf. Zweitens führt die Expansion von Portalen wie Booking.com, die auch ihren Obolus von etwa 18 Prozent des Zimmerpreises einfordern, zu weiterem wirtschaftlichen Druck. Und drittens sind die Zeiten, wo zumindest einige Gäste bar zahlen – sprich: schwarz ohne Rechnung – endgültig und unwiderruflich vorbei.“

Diese drei Parameter bedeuten vor allem für die 5*, 4*, aber auch einige 3*-Betriebe wirtschaftlich sehr enge Zeiten. Dazu Rum: „Bei einer Zimmerauslastung von etwa 70 Prozent über das gesamte Jahr werden derzeit, meiner Meinung nach, durchschnittlich ca. 160 € pro Zimmer erlöst, das sind 80 € pro Gast pro Nacht. Das ist nicht besonders viel und ergo geht’s den Hotels eher schlecht. Wo kann man sparen? Erraten: unter anderem bei der Reinigung!“ Da der Druck einzusparen sehr groß ist, wird natürlich auch am Hotelmanagement gespart. Das wiederum führt zu einer extremen Fluktuation bei den Hausdamen und sogar in den Direktionen. „Manchmal wird sogar die Hausdame, also die Kontrolle der Reinigung, ausgelagert“, so Rum.

Laut unserem Insiderinformanten, ist die Situation unter den Anbietern auch nicht rosig. „Einige Reinigungsfirmen arbeiten mit einer Jahrespauschale – wie das funktioniert, weiß ich nicht. In jedem Fall drängen sehr viele neue kleine Firmen auf den sowieso schon heftig umkämpften Markt. Da sind viele Glücksritter dabei, die es versuchen und oft scheitern. Immer aber führt dieses Scheitern zu einem noch weiter ruinierten Preis. Ganz zu schweigen von vielen ausländischen Anbietern, die sich an keinen österreichischen KV halten. Die Tendenz derzeit ist: Der Druck ist extrem, die unsauberen Geschäfte sind wieder im Aufwind.“

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Leistung verrechnet wird: pro Stunde oder pro Zimmer. Rum kennt da einige nette Anekdoten: „Teilweise ist die Situation irreal. Ein großes Hotel südlich von Wien mit über 400 Betten kalkulierte vor ein paar Jahren etwa so: ein Bleibezimmer mit rund 3,20 €, ein Abreisezimmer mit etwa 4,50 €. Das ist verrückt, denn unter 6-7 € bleibt nichts über! Ich gehe immer von einem Verhältnis Bleiber zu Abreiser von 1:1 oder 1:2 aus. Oder ein anderes Beispiel: ein bekanntes, nun geschlossenes Wiener Hotel hatte eine slowakische Reinigungsfirma, die erst durch eine Kontrolle der Finanzpolizei gestoppt werden konnte. Bei der Zimmerverrechnung schafft ein Hausmädchen 14-18 Zimmer, bei der Stundeneinigung hingegen sind nur etwa 6-8 Zimmer drin.“

Wie immer führt das zu einer Verschlechterung der Qualität, obwohl die Anforderungen an die Zimmerreinigung kontinuierlich steigen, sowohl die hygienischen als auch die technischen Anforderungen betreffend. Durch die vielen Hotelbeurteilungsportale wie Tripadvisor und andere steigt der Druck auf die Hoteliers, ihr Angebot immer am neuesten Stand zu halten und viel zu renovieren. Rum: „Das bedeutet z.B. für die zeitaufwändigen Sanitärräume, dass immer mehr mit Glas gebaut wird, wo die Reinigung (oder deren Mangel) leichter zu sehen ist, aber die Anforderungen gestiegen sind. Die Hausdamen können zwar kontrollieren, stehen aber auch unter dem wirtschaftlichen Druck wie ihre Direktoren. Und ist der Preis einmal im Keller …! Wie bei den meisten Reinigungsarbeiten hängt alles vom jeweiligen Objektleiter ab: Der muss gut und gewissenhaft sein.“

Fragt sich nur, wann der Gast das merkt und was dann passiert? „Nix“, meint Rum, „was soll er tun, die Aufenthaltsdauer sinkt ja auch!“

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