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„Desinfizieren, nicht nur kontrollieren!“

Dr. Arno Sorger, Geschäftsführer der W.H.U. GmbH – Laboratorium für Wasseruntersuchungen und Hygiene, Bischofshofen, zum Thema WC-Hygiene im Bereich Gastronomie und Hotellerie.

Text Hansjörg Preims

Dr. Arno Sorger
Dr. Arno Sorger – Wünscht sich ein Restaurant mit einem Waschbecken im Eingangsbereich, wo man sich die Hände waschen kann, denn: „Die Händehygiene auf das WC zu verschieben, dorthin, wo es am schmutzigsten ist, das ist ja nicht der Hygieneweisheit letzter Schluss.“

Reinigung aktuell: Herr Sorger, welchen Eindruck – oder besser: welche Eindrücke – haben Sie von der WC-Hygiene im Bereich Gastronomie und Hotellerie?
Arno Sorger: Man findet sehr unterschiedliche Situationen vor. Im Prinzip muss man es von drei Ebenen her betrachten, die auch in unterschiedlichen Kombinationen vorkommen: Es gibt Restaurants, wo das WC picobello ist – wobei es auch hier Unterschiede gibt, sprich: schön und – vielleicht weil es ein älterer Bau ist – weniger schön gebaute; zweitens geht es um die Funktionalität, und das Dritte ist die Sauberkeit. Wobei ich immer meine Vorbehalte habe, wenn es heißt, das WC ist die Visitenkarte des Hauses. Einerseits ja, denn daran, wie gut oder weniger gut ein WC gereinigt ist, zeigt sich der hygienische Standard des Hauses – und es zeigt sich auch, ob Liebe zum Detail da ist, sprich: ob man sich um den Gast kümmert oder eher weniger. Ich kenne aber auch das eine und andere Lokal, dessen WC nicht unbedingt zum Aushängeschild des Hauses taugt, wo ich aber davon überzeugt bin, dass dort äußerst hygienisch gearbeitet wird. Das ist ja die Schwierigkeit, dass man nur bedingt sieht, wie oft tatsächlich gereinigt wird.

Es gibt ja auch andere Orte, die ziemlich verschmutzt sein können, wo man aber keine besondere Hygiene erwartet. Warum im WC umso mehr?
Sorger: Grundsätzlich stellt sich immer die Frage, warum etwas besonders hygienisch gehalten werden muss. Wenn man sich beispielsweise auf eine Parkbank setzt, erwartet man keine besondere Hygiene, weil hier die Kleidung als Barriere fungiert – also nicht nur als Wärmeschutz, sondern auch als Gesundheitsschutz bzw. Schutz vor Mikroorganismen. Im WC dagegen hat man diese Barriere-Funktion der Kleidung nicht. Und wir wissen, dass sehr viele Krankheiten über Fäkalien übertragbar sind, daher ist das WC natürlich einer der potentiell gefährlichen Orte, wo Krankheiten übertragen werden können. Ich wünsche mir ja noch immer ein Restaurant mit einem Waschbecken im Eingangsbereich, wo man sich die Hände waschen kann. Denn die Händehygiene auf das WC zu verschieben, dorthin, wo es am schmutzigsten ist, das ist ja auch nicht der Hygieneweisheit letzter Schluss. Wir haben, wie gesagt, am WC die Barriere-Funktion durch die Kleidung nicht, und wir haben dort Fäkalien, die ein gewisses hygienisches Gefährdungspotenzial beinhalten – nicht für den gesunden Menschen, aber für den Kranken. Und wo die unmittelbare Gefahr der Übertragung von Krankheiten besteht, versuchen wir aus hygienischer Sicht, eine Barriere-Funktion einzusetzen.

Sollte es in einem öffentlichen WC – wozu auch das WC in einem Restaurant zählt – eine regelmäßige Desinfektion geben?
Sorger: Ja. Denn man hat hier die Problematik, dass zwischen zwei Benutzern jeweils eine Kontamination bzw. eine Infektion erfolgen kann. Da aber nicht nach jedem WC-Benutzer eine Desinfektion stattfinden kann, sollte auch der WC-Benutzer selbst eine Desinfektionsmöglichkeit zur Verfügung gestellt bekommen, um sich seine Hygiene selbst gestalten zu können. Unabhängig davon sollte aber so oft desinfiziert werden, wie es wirtschaftlich und organisatorisch möglich ist. Wobei ich als Hygieniker skeptisch bin, wenn in einem WC auf einer Liste die stündliche Kontrolle vermerkt wird. Denn nur mit einer Kontrolle verfehlt man den eigentlichen Zweck, schließlich geht es ja nicht darum, ob wirklich jeder WC-Benutzer die Spülung betätigt hat, sondern darum, dass der Reinigungsmitarbeiter, wenn er ohnehin zur Kontrolle im WC ist, auch gleich alle relevanten Stellen desinfiziert. Kurzum: Aus hygienischer Sicht soll der Mitarbeiter nicht nur kontrollieren, sondern auch desinfizieren, was ja ganz einfach machbar ist: in der einen Hand die Desinfektionsmittelflasche und in der anderen das Tuch, mit dem er über alle relevanten Stellen desinfizierend drüberwischt. Bei einer Verschmutzung muss der Mitarbeiter natürlich auch reinigen, aber das muss er sonst auch.

Welche sind diese desinfektionsrelevanten Stellen im WC?
Sorger: Alles, wo ein mittelbarer oder unmittelbarer Kontakt mit Fäkalien erfolgen kann. Das ist zum einen die Klobrille, die aber in ihrem Gefährdungspotenzial meistens überschätzt wird – das ist nicht der kritischste aller Punkte. Wesentlich kritischer ist Drückerplatte zum Spülen, die jeder Benutzer noch mit Fäkalien an der Hand – wenn auch nur in geringer Menge – betätigt. Der nächste kritische Punkt, den jeder berühren muss, noch bevor er seine Hände gewaschen hat, ist die innere Türklinke. Ein gesondert zu betrachtender kritischer Punkt kann auch das erste Blatt des Klopapiers sein, wenn dort der Vorgänger mit seiner noch ungewaschenen Hand draufgegriffen hat. Zumindest bei vielen Toilettenpapier-Spendern ist es so, dass man beim Abreißen des Papiers auch auf das nächste Blatt greifen muss. Es ist also ratsam, das erste Blatt vom Klopapier nicht zu benützen. Dann – der nächste hygienisch heikle Punkt nach der Sitzfläche, der Drückerplatte und der inneren Türschnalle ist der Griff der Waschbeckenarmatur, wenn es keine automatische Armatur gibt. Man betätigt die Armatur mit der ungewaschenen Hand, wäscht sich die Hände und macht dann mit den sauberen Händen den Wasserhahn, den man soeben kontaminiert hat, wieder zu, somit landet der Schmutz wieder an den Händen. Auch dieser Punkt gehört im gesamten Desinfektionsprogramm berücksichtigt. So wie auch, dass üblicherweise beim Hinausgehen noch die Türklinke berührt wird, die von den vielen, die sich die Hände nicht waschen, verschmutzt ist. Viel mehr an Hygienemaßnahmen kann man in dem Zusammenhang nicht setzen. Vielleicht noch ein kleiner Aspekt: In Japan beispielsweise kann man neben der WC-Tür einen Handtuchspender finden – für ein Handtuch nicht zum Händetrocknen, sondern um damit die Tür zu öffnen, um nicht die Türklinke berühren zu müssen.

Was gehört aus hygienischer Sicht alles zur optimalen Ausstattung eines WCs?
Sorger: Sinnvoll ist auf jeden Fall eine berührungslose Armatur und neben dem Seifen- auch ein Desinfektionsmittelspender neben dem Waschbecken. Sehr angenehm für die eigene hygienische Sicherheit – einige Firmen bieten das mittlerweile an – ist auch ein Desinfektionsmittel-Spender im WC zum Anfeuchten des Klopapiers, mit dem der Benutzer dann selbst über die kritischen Teile drüberwischen kann. Das bietet eine besondere persönliche Sicherheit, zumal man nicht unterschätzen darf, dass man sich auch über die Einbildung Krankheiten zuziehen kann. Wenn man ein WC als ekelig empfindet, kann dieser Ekel nämlich reichen, um tatsächlich zu erkranken. Beziehungswiese das Bewusstsein, die persönliche Hygiene umgesetzt zu haben, hilft auch gegen Krankheiten, die man sich allein dadurch zuziehen kann, dass man das Gefühl hat, keine persönlichen Hygienemaßnahmen getroffen zu haben. Man kann dann am nächsten Tag zum Beispiel eine Blasenentzündung, einen Ausfluss oder sonst etwas haben. Diesen psychologischen Aspekt darf man jedenfalls nicht unterschätzen.
Weiters sollte das Waschbecken so gestaltet sein, dass beim Händewaschen möglichst wenig Aerosol entsteht bzw. der Wasserstrahl nicht zu scharf ist. Ist der Wasserstrahl zu druckvoll eingestellt, verspritzt er, wenn man die Hände darunterhält, die Keime in die Raumluft. Es gibt genug Krankheiten, die auf diesem Weg durch Keime übertragen werden, das klassische Beispiel sind Noroviren.

Thema Händetrocknung: Was ist aus der Sicht des Hygienikers besser – Papierhandtücher, Stoffhandtücher oder Föhn?
Sorger: Grundsätzlich gilt: Da man mit normalem Händewaschen den Schmutz von den Händen nur zum Teil wegbekommt, ist der Trocknungsprozess für die Entfernung des Schmutzes mindestens genauso wichtig. Optimal ist ein Einmal-Papierhandtuchspender oder ein Handtuchrollenspender. Papierhandtücher bieten eine gute Mechanik, weil man das Handtuch herausnehmen kann und man sich dadurch relativ leicht tut, die Hände gut abzuwischen. Ein Nachteil der Papierhandtücher ist, dass sie schnell durchfeuchtet sind und die mechanische Belastung dadurch nicht sehr hoch ist. Auch die Stoffhandtuchrolle ist aus hygienischer Sicht eine gute Sache, sofern sie wirklich hygienisch einwandfrei aufbereitet wird. Ein Nachteil der Stoffhandtuchrolle: Man kann sie nicht so in die Hand nehmen, dass die Mechanik zu hundert Prozent zur Wirkung kommt.
Eher untergeordnet, sozusagen als als Spezialanwendung zu sehen sind Einzel-Stoffhandtücher. Diese findet man manchmal in der gehobenen Hotellerie – kleine Stoffhandtücher zum Herausnehmen, nach dem Trocknen wirft man sie in eine Tonne und sie werden wieder gewaschen. Das ist allerdings mit einem relativ großen Aufwand verbunden – nicht wegen des Waschens, sondern weil man diese kleinen Handtücher dann wieder zusammenlegen muss.
Zum Thema Föhn ist zu sagen, dass der klassische berührungslos zu aktivierende Handföhn den Vorteil bietet, dass man mit den Händen nichts mehr kontaminiert. Allerdings fehlt hier zur Gänze die Mechanik, und ohne Mechanik bleibt Schmutz an den Händen. Außerdem – wirklich trocken werden die Hände davon bei den Wenigsten, weil ja kaum jemand so lange die Hände darunterhält. Man geht also mit feuchten Händen raus, und wo es feucht ist, halten sich die Keime gerne auf. Sehr viel effektiver bzw. rascher trocknet der so genannte Jet-Föhn. Nachteil: Es ist kein einziges Gerät am Markt, das nicht auch ein Aerosol bildet, das sich im Raum verteilt. Und beim Jet-Föhn ist natürlich auch die Mechanik bei der Trocknung eingeschränkt.

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