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Jagen wir einem techno­logischen Traum nach?

Um Reinigungsroboter so zu gestalten, dass sie den Menschen wirklich helfen und sie unterstützen, braucht es viel Wissen nicht nur über die Maschinen und die technischen Aspekte, sondern auch über die Menschen. Sagt Professor David Abbink.

David Abbink
David Abbink

Ist Autonomie wirklich das Endziel für Reinigungsroboter? Nein, argumentiert David Abbink, Professor für Mensch-Roboter-Interaktion an der Technischen Universität von Delft (NL). „Roboter sollten mit den Mitarbeitern zusammenarbeiten und deren Arbeit einfacher und sinnvoller machen, anstatt Teile ihrer Arbeit komplett zu übernehmen.“

Die Beziehung zwischen Maschinen und Menschen hat Abbink schon immer fasziniert: „Wie können wir Roboter so gestalten, dass sie den Menschen wirklich helfen und unterstützen? Das erfordert viel Wissen, nicht nur über die Maschinen und die technischen Aspekte, sondern auch über die Menschen. Man muss genau verstehen, was sie brauchen und wollen, um etwas zu schaffen, das diese Bedürfnisse und Wünsche erfüllt.“

Einander kennenlernen

Um einen Reinigungsroboter zu entwickeln, der dem Reinigungspersonal wirklich helfen kann, sei es sehr wichtig, die Mitarbeiter und die Unternehmen in den Entwicklungsprozess einzubeziehen. Abbink erklärt: „Diese beiden Welten, die der Robotik und die der Reinigung, sollten wirklich versuchen, zueinander zu finden und voneinander zu lernen. Diskutieren Sie über die Herausforderungen, die zu bewältigen sind, über Ihre Arbeit, Ihre Sorgen und Bedenken, die Sie haben. Nehmen Sie sich die Zeit, sich gegenseitig kennen zu lernen. Nur so können wir Reinigungsroboter entwickeln, die tatsächlich die Probleme der Reinigungskräfte lösen und nicht ,Probleme‘, von denen die Techniker glauben, dass die Reinigungskräfte sie hätten, die sie aber in Wirklichkeit gar nicht haben.“

„Viele Roboter werden heute als intelligentere, stärkere und schnellere Reinigungskräfte als Menschen vermarktet. Sie können mehr Raum in kürzerer Zeit reinigen, sind nie krank und brauchen keinen Urlaub oder freie Tage. Wie ein Superputzer“, sagt Abbink und fügt mit Leidenschaft hinzu: „Aber wir haben doch schon Reinigungskräfte, echte menschliche Reinigungskräfte. Und wir müssen uns um sie kümmern. Ich glaube, dass Roboter sie unterstützen und ihr Leben einfacher und sinnvoller machen sollen. Und nicht, dass sie ihre Arbeit übernehmen oder noch besser machen sollen.“

Manchmal habe er, Abbink, das Gefühl, dass wir als Gesellschaft versuchten, einem technologischen Traum nachzujagen. Robotik und künstliche Intelligenz würden oft als magische Lösung für alles gesehen – aber nur weil man eine bestimmte Art von Roboter herstellen könne, heiße das nicht, dass man das auch tun sollte: „Er muss einen Mehrwert bieten, richtig? Nicht nur in finanzieller Hinsicht, denn ich kann verstehen, dass Unternehmen Kosten einsparen können, wenn sie Mitarbeiter durch Roboter ersetzen. Aber auch im Hinblick auf die soziale Verantwortung. Wie können wir sinnvolle und würdige Arbeitsplätze und ein würdiges Leben für die Menschen schaffen?“

Körperliche, geistige und soziale Unterstützung

Abbink malt ein Bild davon, wie die Zukunft der Reinigung aussehen würde, wenn es nach ihm ginge: „Das Wesen der Arbeit wird natürlich gleich bleiben. Ich hoffe jedoch, dass Roboter und andere technologische Entwicklungen die Mitarbeiter körperlich, geistig und sozial unterstützen können.“ Auf der Interclean Amsterdam habe er mit einigen Reinigungskräften gesprochen und festgestellt, dass ihre Arbeit ziemlich einsam sein könne – oft spät nachts oder früh am Morgen, wenn die anderen Menschen im Gebäude nicht da sind. „Außerdem ist die Arbeitsbelastung sehr hoch. Sie müssen in kurzer Zeit eine Menge Arbeit erledigen. Daher bleibt nie Zeit, etwas Zusätzliches zu tun oder mit jemandem ein kleines Schwätzchen zu halten“, so Abbink. Er hoffe, „dass Roboter das ändern können, indem sie bestimmte Aufgaben nachts erledigen, damit die Reinigungskraft tagsüber arbeiten kann. Sie hat dann mehr Zeit für zusätzliche Pflege und Geselligkeit. Ich glaube, das macht ihre Arbeit sinnvoller.“

Neben- oder miteinander arbeiten

Das Schlüsselwort in Abbinks Plädoyer scheint die Zusammenarbeit zu sein: Reinigungskräfte und Roboter sollten zusammenarbeiten. Erstaunlicherweise zögert Abbink jedoch, das Wort „Cobot“ zu verwenden, ein in der Reinigungsbranche häufig zu hörendes Wort, das die Begriffe „Zusammenarbeit“ und „Roboter“ zusammenfasst. Wie kommt das? Abbink: „Zunächst möchte ich sagen, dass es ein gutes Wort ist. Und die Idee dahinter ist genau das, was ich versuche, zu erklären. Nämlich, dass Menschen und Roboter zusammenarbeiten sollten. Allerdings ist Cobot ein bisschen ein Hype-Wort, das mit hohen Erwartungen verbunden ist, die in der Realität noch nicht erfüllt werden. Denn Cobots arbeiten heute nicht wirklich mit Reinigungskräften zusammen, oder? Sie sind einfach nur sicher in ihrer Nähe. Reinigungskräfte und Roboter können im selben Raum zusammenarbeiten, ohne sich gegenseitig in die Quere zu kommen. Aber sie arbeiten nebeneinander und nicht miteinander. Das ist ein großer Unterschied. Ich bin also ein großer Fan des Konzepts der Cobots, aber ich glaube nicht, dass wir schon so weit sind.“

Was ist dem Professor an den auf der diesjährigen Interclean Amsterdam ausgestellten Reinigungsrobotern aufgefallen? „Zunächst einmal war ich sehr beeindruckt, wie groß die Messe war und wie viele Roboter es dort gab. Ich hatte absolut keine Ahnung, dass es so viele sein würden! Was mir besonders auffiel, war das Fehlen von Reinigungspersonal an den Roboterständen. Alle Roboter arbeiteten hinter Zäunen in einem kleinen abgesperrten Bereich. Ich denke, das verdeutlicht meinen Standpunkt: Die aktuellen Reinigungsroboter arbeiten nicht wirklich mit Reinigungskräften zusammen, sondern machen ihr eigenes Ding.“

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