Reinraum-Foto-Dorfner

Hochkomplex

Laborbetriebe in der Chemie- und Pharmaindustrie, aber auch die Fertigung optischer Bauteile oder Mikrochips benötigt sie – die Reinraum­reinigung. Hier sind Experten mit spezifischem Know-how gefragt, denn der Schmutz ist in diesen Fällen nicht immer sichtbar.

Text Erika Hofbauer

Unsere Welt würde nicht ohne Produkte wie Halbleiter, Medikamente oder optische Geräte funktionieren. Und diese werden in Reinräumen erzeugt. Das stelle die Reinigung dieser Umgebung vor ganz besondere Herausforderungen, weiß Peter Edelmayer, Geschäftsführer von Dussmann Service Österreich. „Um zum Beispiel fehlerfrei Milliarden von Chips zu produzieren, bedarf es neben hochreiner Rohstoffe und Materialien auch hochreiner Umgebungsluft. Die Reinigung dieser Räume geht weit über die übliche Gebäudereinigung hinaus.“ Es sind dies hochkomplexe Reinigungsprozesse, die die Qualität der Produkte unmittelbar beeinflussen. „Unser Reinigungspersonal wird dafür speziell ausgebildet und absolviert laufend Fortbildungen. Diese Fachkräfte – die so genannten Clean-Operator – müssen bestimmte Reinigungstechniken exakt befolgen, die an den jeweiligen Reinraum angepasst sind“, so Edelmayer weiter. Wichtig sei daher auch, dass die Fluktuationen beim Reinigungspersonal so gering wie möglich sind: „Je vertrauter die Clean-Operator mit ‚ihrem‘ Reinraum sind, umso besser das Reinigungsergebnis.“ Ergänzend zur Reinraumreinigung biete Dussmann Service auch Reinraum-Wäscherei und -Schneiderei an und übernimmt dieAusgabe der Reinraum-Bekleidung.

Mag. Peter Edelmayer, Geschäftsführer von Dussmann Service Österreich

In Österreich sieht Edelmayer den Markt gesättigt. Spezialreinigungen wie Reinraumtechnologien aber beherrschen nur wenige Anbieter. Ein Hauptthema ist für den Dussmann-Chef die permanente Schulung der Mitarbeiter und die Anpassung an neueste Technologien: „Kunden, die eine Reinraum-Technologie benötigen, sind beschränkt am Markt vorhanden und wechseln in der Regel kaum, wenn sie mit dem bestehenden Dienstleister zufrieden sind.“ Daher sei dieses Spezialsegment nicht geprägt von Preisdumping. „Der Kunde ist sich der Bedeutung dieser sehr speziellen Dienstleistung bewusst, weiß um die Wichtigkeit für sein Produkt und was es bedeuten würde, wenn – auf Kosten der Qualität – gespart würde“, argumentiert Edelmayer. Natürlich werde ein marktkonformer Preis eingefordert, aber Qualität der Dienstleistung, die Sicherheit des Unternehmens und der zuständigen Mitarbeiter hätten für die Unternehmen Priorität. Daher sei unter anderem Kontinuität beim Personal für den Auftragnehmer besonders wichtig, betont der Dussmann-Geschäftsführer.

Spezialkonzepte gefragt

Mujaga Zeric
Mujaga Zeric, Abteilungsleiter Reinigung der Simacek Facility Management Group

Auch Mujaga Zeric, Abteilungsleiter Reinigung der Simacek Facility Management Group, sieht am Markt ähnliche Entwicklungen: „Die professionelle Reinraumreinigung verlangt neben ausgebildetem Personal den Einsatz von geeigneten Materialen, Mitteln und Geräten, um mit den verantwortlichen kundenseitigen Hygienebeauftragten abgestimmte und auf die örtliche Umgebung angepasste Reinigungsprozesse ausarbeiten zu können.“ Diese umfassen Hygienekonzepte, Reinigungskonzepte, Arbeitsanweisungen, Unterweisungen, Schulungen, Wissensüberprüfungen oder auch Qualitätskontrollen: „Der reinigungstechnische Stellenwert ist sehr hoch.“ Wirklich aussagekräftige Zahlen und Fakten zu Marktlage oder Marktpotenzial in Sachen Reinraumreinigung hat auch Reinraum-Reinigungsexperte Zeric nicht zur Hand, aber auch er sieht kaum Bewegung: „Unserer Wahrnehmung nach hat sich die Marktentwicklung kaum bis gar nicht verändert.“ Was bedeutet das? Zeric: „Wenige Unternehmungen betreiben hier ein Leistungs-Outsourcing. Diese doch sehr heikle Dienstleistung wird noch überwiegend intern abgewickelt. Jedoch wird von bestehenden Kunden diese Leistung zusätzlich gerne angefragt.“ Freilich würden die Vorteile des Outsourcings klar auf Hand liegen, so Zeric: „Der Blick über den Tellerrand ist für Entscheidungsträger/innen in diesem hochspezialisierten Arbeitsumfeld wichtig“, erläutert der Simacek-Experte anhand eines Beispiels: „Die Stundenverrechnungssätze gehen in der Reinraumreinigung sehr weit auseinander. Deshalb empfehlen wir – da es nur eine Hand voll Dienstleister gibt, die die Reinraumreinigung auch professionell anbieten –, sich auch immer wieder  Vergleichsangebote einzuholen.“

Eigenes Raumklima

Was sind Reinräume und wo findet man diese vor? „Die Produktionsprozesse in der Halbleiterfertigung, Pharmazie, optischen Industrie, Biomedizin, Lebensmittelindustrie, Nano- und Lasertechnologie finden in einer möglichst staubfreien Atmosphäre statt“, erklärt Simecek-Experte Zeric. In solchen Reinräumen darf nur eine bestimmte Anzahl und Größe von schwebenden Partikeln pro Kubikmeter (µm) Raumluft vorhanden sein. „Schon kleinste Verschmutzungen mit Partikeln, die kleiner als 5,0 µm groß sind, können die Funktion technischer und pharmazeutischer Erzeugnisse nachhaltig stören.“ Die Maximalwerte werden durch die Norm EN ISO 14644 bzw. US Federal Standard 209 festgelegt. Je kleiner die Klasse, umso höher die Reinheitsanforderung (siehe Tabelle). „Technisch sind Reinräume von der Umgebung abgeschottete Produktionsstätten mit einem eigenen Raumklima.“ Simacek-Experte Zeric: „In den Reinraum wird über ein mehrstufiges Filtersystem nahezu staubfreie Luft eingelassen. Die Luft wird durch Bodenöffnungen wieder abgesaugt, sodass anfallende Staubpartikel aus dem Raum entfernt werden. Die durch die Filter gereinigte Luft wird dann wieder dem Raum zugeführt.“ Durch die Klimatisierung der Luft werden immer gleiche Bedingungen z.B. eine Raumtemperatur von 22°C und eine Luftfeuchtigkeit von 25% eingestellt.
Der Reinheitsgrad in den Produktionsräumen hängt von verschiedenen Faktoren wie Effizienz der Filteranlagen, freigesetzten Partikel durch Mitarbeiter oder Maschinen ab. Sauberkeit wird durch Einhalten eines bestimmten Procederes erreicht, das Reinraum-Experte Zeric folgendermaßen beschreibt:

  • Schleusenbereiche mit klebenden Schmutzfangmatten bestücken
  • Langsame Bewegungsabläufe während der Arbeit
  • Einsatz von glatten, leicht zu reinigenden Oberflächen
  • Einsatz von dicht gewebter Schutzkleidung
  • Regelmäßige und gründliche Reinigung

Der Reinigungserfolg (Raumluft/Oberflächen) muss mit speziellen Messmethoden (Partikelmessungen, Luftkeimmessungen, Abklatschtests) stichprobenartig gesichert werden. Bei Bedarf sind eventuell je nach Reinigungsmisserfolg weitere Reinigungsvorgänge nötig.

Herausforderungen 2018

Erich Steinreiber
Erich Steinreiber, CEO von ISS Austria

Erich Steinreiber, CEO von ISS Austria, sieht im Schulungsaufwand die besondere Herausforderung im Segment der Reinraumreinigung: „Vor allem in Bezug auf Richtlinien „Desinfektion und Reinigungstechniken“ sind spezielle Schulungen notwendig.“ Grund hierfür sei, dass man die Mitarbeiter/innen auf die unterschiedlichen Aufgaben bestmöglich vorbereiten möchte. Aber nicht nur das, erläutert Steinreiber: „Wir stehen als Partner in der Pflicht, den Anforderungen der Krankhäuser oder Labors zu entsprechen, um die Genesung von Patienten zu fördern respektive die Forschung zu unterstützen.“ Man reinige ständig etwas, das optisch sauber erscheine, erklärt Steinreiber den großen Unterschied zu den Ansprüchen einer allgemeinen Reinigungsleistung: „Das Tempo ist wesentlich geringer als in der herkömmlichen Reinigung, die Arbeit muss bei Unterdruck-Bedingungen fehlerfrei erledigt werden und den SOP-Vorschriften entsprechen.“ Die größten Kundensegmente in diesem Bereich sind, so der ISS-CEO, Krankenhäuser, Apotheken, Labore sowie produzierende Pharmaunternehmen (GMP Bereiche). Aber auch technische Betriebe, die beispielsweise in der Chip-Produktion tätig sind, benötigen Dienstleistungen im Bereich der Reinraum-Reinigung (ISO 14644-1). Was erwartet er in diesem Segment speziell für 2018? Steinreiber: „Grundsätzlich ist die Erfüllung von Compliance-Auflagen immer ein vorrangiger Punkt, den wir einzuhalten haben. Darüber hinaus sind regelmäßige Audits und deren Erfüllung ein messbarer Indikator für Leistungen und Erfolg.“

Innovationen und Preisgestaltung

Aber auch Innovationen und neue Anwendungstechniken sind in der Branche ein entscheidender Faktor, um den Vorteil gegenüber dem Wettbewerb zu halten, weiß Steinreiber. „Das Thema ‚Robotik‘ ist omnipräsent und wird in den kommenden Jahren sicher noch stärker im Fokus stehen. Hierbei geht es primär darum, dass sich die Anforderungen im Allgemeinen verändern und wir dadurch auch die fachlichen Kompetenzen der Mitarbeiter/innen anpassen müssen.“ Gewisse Teilbereiche des Arbeitsgebietes können in Zukunft mit Unterstützung technischer Geräte erledigt werden, blickt der ISS CEO in die Zukunft: „Das bedeutet aber nicht, dass wir weniger Mitarbeiter/innen benötigen, sondern wir passen deren Qualifikationen entsprechend den Anforderungen an und sorgen für die entsprechende Ausbildung.“ Mit Hilfe interner Bildungsprogramme will man bei ISS auf solche neuen Situationen vorbereitet sein.
Steinreiber sieht allgemein am Markt einen starken Verdrängungswettbewerb, wo natürlich auch der Preis eine Rolle spielt. „Im Bereich der Reinraum-Reinigung geht es den Auftraggebern immer um qualitativ hochwertige Leistungserbringung. Hier mit Dumping-Preisen den günstigsten Anbieter zu engagieren, könnte fatale Folgen bei der täglichen Umsetzung mit sich bringen“, warnt der ISS-CEO. Daher achte man bei der Personalauswahl schon auf höchste Ausbildungsstandards, Fachkenntnisse und Qualifikationen der Mitarbeiter/innen: „Menschenleben oder Forschungsarbeiten sind von der Ausführung unserer täglichen Arbeit abhängig – hier die Leistung über den Preis zu definieren, ist nicht „State of the Art““.               j

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