Outsourcing liegt im Trend. Selbstläufer ist es aber keiner. Denn wie man zum Beispiel am Universitätsklinikum Freiburg sieht, können auch Eigenreinigungskonzepte nicht nur zeitgemäß, sondern auch konkurrenzfähig sein.
Text: Hansjörg Preims
Krankenhausreinigung wird in Österreich noch nicht in dem Maße outgesourct, wie Dienstleister es sich wünschen – oder wie es anderswo der Fall ist. Als Gründe dafür werden etwa genannt: Österreich hätte im Gesundheitswesen lange mehr Geld zur Verfügung gehabt als andere Länder, überhaupt komme Outsourcing bei uns zögerlicher ins Laufen, zum einen politisch bedingt, aber auch gebremst von der Sorge, alles, was man nicht selber unter Kontrolle habe, könne nicht funktionieren. Die Dienstleistungsanbieter sind aber durchwegs zuversichtlich, dass die Vorbehalte und Bedenken gegenüber der Option Outsourcing über kurz oder lang auch hierzulande immer weniger werden und so zunehmend mehr Akquisitionspotenzial freigesetzt wird.
Tendenziell mag das auch richtig sein, Selbstläufer ist dieser Trend aber keiner. Schaut man etwa nach Deutschland, so ist die Outsourcing-Quote dort zwar eine höhere, aber auch „Alles-wieder-retour“-Wege machen von sich reden. Zum Beispiel das „Freiburger Modell“ des Universitätsklinikums Freiburg, das für ein Konzept steht, mit dem man von der Fremdreinigung wieder zur Eigenreinigung zurückgekehrt ist.
Das Universitätsklinikum Freiburg ist mit über 8.000 Beschäftigten eine der größten medizinischen Einrichtungen Europas. Sämtliche Fachrichtungen der Medizin sind durch eigene Fachkliniken und Institute vertreten. Als in den 1980er Jahren erstmals in Deutschlands Kliniken der Trend in Richtung Vergabe der Reinigungsflächen an externe Dienstleister ging, schloss sich auch das Universitätsklinikum Freiburg dieser Entwicklung an und lagerte – in den Jahren 1983 bis 1985 – 30 Prozent des Reinigungsumfangs aus. Andrea Schlatter Kräutle, Sachgebietsleiterin Gebäudereinigung des Klinikums: „Angesichts des Kostendrucks durch das Gesundheitsstrukturgesetz wurde dann im Dezember 1992 vom Vorstand des Klinikums beschlossen, künftig frei werdende Stellen im Bereich der Eigenreinigung nicht mehr zu besetzen und diese Bereiche an Fremdfirmen zu vergeben.“ Wogegen der Personalrat aber Widerspruch erhob und angeregte, ein Konzept zur Erhaltung der Eigenreinigung zu entwickeln. „Es wurde vorgeschlagen, vorläufig keine weiteren Bereiche an Fremdfirmen abzutreten, sondern frei werdende Stellen im Reinigungsbereich mit Teilzeitkräften zu besetzen, neue Reinigungsmethoden einzuführen und einen Tätigkeitskatalog der Reinigung mit daraus abgeleiteten Leistungszahlen zu erarbeiten“, erläutert Frau Schlatter Kräutle.
„Was ein Fremdreiniger leistet, können wir genauso leisten“
So hat man also im Universitätsklinikum Freiburg in den 1990er Jahren begonnen, den im Jahrzehnt zuvor vollzogenen Teilwechsel von Eigen- zu Fremdreinigung rückgängig zu machen und wieder ganz zur Eigenreinigung überzugehen. Nach dem Motto: „Was ein Fremdreiniger leistet, können wir genauso leisten.“ Zunächst einmal nur in einem Haus des Klinikums, wo in einer Testphase versucht wurde, genauso ökonomisch zu arbeiten wie ein Fremdreiniger, mit Zeittests, Tests hinsichtlich Ersparnismöglichkeiten mit dem Wischbezug usw. „Und wir haben gesehen, dass das funktioniert“, so Schlatter Kräutle, „sodass die Eigenreinigung dann auf alle Gebäude des Klinikums ausgeweitet wurde.“ Im Jahr 2000 war die Reinigung komplett wieder ingesourct – in den patientennahen Bereichen bis zu den OPs. Für die Dienstleistungen in den patientenfernen Bereichen – Verwaltung, Küche, Personalrestaurant und Personalwohnheime – ist eine 100%ige Tochtergesellschaft des Klinikums zuständig.
Die Frage der Personalkosten bzw. der Entlohnung der Reinigungskräfte wurde so gelöst, dass man für diesen Bereich, angelehnt an den Tarifvertrag für die ArbeitnehmerInnen der Universitätsklinika (TV UK), den TV UK SWE (Sicherung der Wirtschaftsbetriebe und Eigenreinigung) entwickelt hat. Hierbei ist geregelt, dass die prozentual festgelegten Zeitzuschläge 1:1 durch Freizeit ausgeglichen werden. Zulagen für Sonntagsarbeit werden also nicht ausbezahlt, sondern durch Freizeitausgleich abgegolten. Zweitens wurde der Lohn – in einer separaten Entgelttabelle – dem Gebäudereiniger angeglichen.
Wie stellt sich demnach ein Vergleich der Kosten für Eigenreinigung gegenüber einer Fremdreinigung dar? Andrea Schlatter Kräutle: „Um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, ist zunächst zu klären, welche Leistungen eine Unterhaltsreinigung beinhaltet. Unser eigenes Leistungsverzeichnis für Unterhaltsreinigung beinhaltet auch Dinge, die der externe Unterhaltsreiniger vielleicht nicht macht oder separat anbietet und verrechnet. Zum Beispiel das Reinigen von Gegenständen wie Rollstuhl oder Infusionsständer. Unsere normale Unterhaltsreinigung umfasst auch Desinfektionsarbeiten. Wenn etwa ein Zimmer schlussdesinfiziert werden muss, kommt das nicht auf einen Rapportschein, sondern ist schon enthalten. Somit liegen wir mit unserer Quadratmeter-Stundenleistung natürlich etwas tiefer. Permanentes Controlling und regelmäßige Benchmarks helfen uns, die Kosten immer im Blick zu haben.“
Und wie fällt der Vergleich Fremdfirma – Eigenreinigung bezüglich Qualität der Dienstleistung aus? „Die Sauberkeit einer Klinik hat einen hohen Stellenwert in der Außendarstellung. Und die Ergebnisse unserer Patientenbefragung zeigen immer wieder sehr gute Resultate“, sagt Frau Schlatter Kräutle.
Schulungen und Kommunikation sind das Um und Auf
Resultate, für die auch nichts dem Zufall überlassen wird. Denn was das Freiburger Modell besonders auszeichnet, ist, dass auch laufend Schulungen einkalkuliert sind. So ist in die Kosten für die Reinigung einbezogen, dass jede hauswirtschaftliche Betriebsleiterin, die im Durchschnitt 100 MitarbeiterInnen führt beziehungsweise – als Schnitt im Klinikum – 40.000 Quadratmeter betreut, ihre MitarbeiterInnen mindestens eine Stunde pro Monat schult. Und das wird auch konsequent durchgezogen. Für VorarbeiterInnen – Reinigungskräfte mit etwas mehr Verantwortung – sind ebenfalls einmal im Monat eineinhalb Stunden Schulung – zentral – vorgesehen. Dabei finden auch offene Runden mit der Krankenhaushygiene statt, wo es zum Beispiel um neue Keime, Infektionen oder irgendwelche Unsicherheiten geht. Die hauswirtschaftlichen Betriebsleiterinnen halten sehr engen Kontakt zur Krankenhaushygiene und stellen Standards auf.
„Das unterrichten wir natürlich auch – in einem modularen Schulungssystem, das für alle MitarbeiterInnen offen ist und aus mindestens 18 Schulungsblöcken á durchschnittlich zwei Stunden besteht“, so Schlatter Kräutle. Hier wird Grundwissen vermittelt, sei es zum Tarifvertrag, sei es über Brandschutz oder Umgang mit Maschinen, drei Bausteine sind über Hygiene, weiters über Werkstoffe, OP-Reinigung usw. Ein Modul von vier Stunden, jährlich als Block angeboten, ist dem Thema Patientenfreundlichkeit gewidmet. In das Schulungssystem integriert ist auch das so genannte „Qualifizierte Reinigungspersonal“. Hier können MitarbeiterInnen, die von den hauswirtschaftlichen Betriebsleiterinnen ausgewählt werden – oder auch aus Eigeninteresse heraus –, den gesamten Schulungsblock durchmachen, verbunden mit einem Praktikum, das sie einen Monat durch das ganze Klinikum führt. Wer zum Beispiel im OP arbeitet, muss also auch einmal in die Bettenstationen, in die Intensivstationen, in die Ambulanzen der verschiedenen Häuser und zum Bettendienst. Am Ende wird eine Prüfung abgelegt, schriftlich und mündlich, und dann gibt es eine Zulage.
„Wir bauen sehr stark auf Schulung und auf Kommunikation, das ist uns ganz wichtig. Darin unterscheiden wir uns auch von anderen“, betont Schlatter Kräutle. Das Freiburger Modell sei in Deutschland denn auch in aller Munde – Schule gemacht habe es aber noch nicht. Generell könne man aber sagen: „Kliniken, welche die Services in eine eigene Gesellschaft outgesourct haben, stehen in einem engeren Kontakt zu ihrem Klinikum, wodurch die Qualität sicher besser sein kann.“ Wohingegen Kliniken, die ganz outgesourct haben, zum Beispiel das Problem mit der Fluktuation der Reinigungskräfte hätten. „Wir haben die Reinigung unserer Pathologie zwischendurch – 2006 – wieder einmal outgesourct, 2008 aber wieder ingesourct, und die Nutzer waren äußerst froh darüber“, sagt sie. „Wir haben dort eine Auswertung durchgeführt, die Qualität und die Kosten vorher und nachher gemessen, und der Unterschied hat für die Eigenreinigung gesprochen. Wobei man allerdings einräumen muss, dass die Pathologie kein Haus mit Patienten ist und deshalb nicht absolut repräsentativ sein muss.“