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Den Winter planen

Mag. Klaus Stadlbacher, Leiter der Abteilung Wettervorhersage bei der Zentral-anstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) über den Markt für Wetter-prognosen und was Kunden von gelieferten Vorhersagen erwarten.

Text: Erika Hofbauer

Klaus Stadlbacher
Klaus Stadlbacher

Wettervorhersagen sind zu einem umfangreichen Aufgabenbereich geworden. Und zu einer Dienstleistung für Winterdienstleister, die sich entsprechend weiterentwickelt. Mag. Klaus Stadlbacher, Leiter der Abteilung Wettervorhersage bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG): „Es geht immer mehr in die Richtung noch genauerer Informationen über Beginn und Ende von Schneefallereignissen sowie exakte Angaben über Neuschneemengen und den Straßenoberflächenzustand. Diese sollten bis zu Angaben über die Dicke und Verbreitung von Glatteis reichen. Hier stellen die Glätteereignisse sicherlich die größte Herausforderung dar und in diesem Bereich gibt es noch einiges Potenzial für Verbesserungen.“ Im Idealfall würden diese Informationen auch „punktgenau“ benötigt. Die Winterdienstfirmen hätten also am liebsten exakte punktgenaue Prognosen für jeden einzelnen Straßenzug und für jeden einzelnen Parkplatz. „Davon sind wir derzeit noch weit entfernt“, sagt Stadlbacher, „aber Prognosen für einzelne Bezirke oder auch Bezirksteile sind derzeit schon mit guter Qualität machbar.“

Besonders stark bzw. zuletzt des Öfteren nachgefragt werden laut Stadlbacher sogenannte Saisonprognosen: „Um den Winter als Gesamtes planen zu können, wäre es ein großer Vorteil, wenn man schon im September wissen würde, ob eher ein strenger oder ein milder Winter bevorsteht. Bei richtigen Prognosen hätte dies enormes Potenzial für finanzielle Optimierung beim Einkauf von Salz oder anderen Streumitteln, denn Preise können während der Wintermonate auf Grund von gesteigerter Nachfrage stark ansteigen.“

Spezielle Vorhersagemodelle würden bereits solche Prognosen liefern, und es werde auch sehr viel Aufwand betrieben, um sie zu verbessern. Denn derzeit, so Stadlbacher, sei die Qualität „leider noch nicht gut genug, um Entscheidungen im Winterdienst darauf aufzubauen.“ Aber hier werde sich in den nächsten Jahren vermutlich doch einiges tun.

Welche Trends für Winterdienstleister kann Experte Stadlbacher ausmachen? Für große Winterdienstleister mit großen Fuhrparks gehe die Tendenz im technischen Bereich dahin, dass man versuchen werde, integrierte Steuerungssysteme zu verwenden. Bei solchen fließe die Wetterinformation direkt in die Kurzfristplanung und Steuerung der Einsatzfahrzeuge ein. Dazu benötige man sehr häufig aktualisierte Wetterinformationen von hoher Genauigkeit. Erste Pilotversuche würden bereits laufen. „Im Großen und Ganzen“, so Stadlbacher weiter, „werden die Anforderungen also prinzipiell schon gleich bleiben, allerdings werden die Ansprüche puncto Genauigkeit immer weiter ansteigen.“

Nun hat sich die Wettervorhersage-Qualität – sprich: Genauigkeit – in den vergangenen Jahren stark verbessert. Stadlbacher: „Durch die gesteigerte Leistung der Computer ist es gelungen, Milliarden von notwendigen Rechenschritten in kürzester Zeit durchführen können. Somit gelingt es, physikalische Prozesse auf kleinster Ebene viel exakter zu modellieren als früher.“ So würden zum Beispiel mikrophysikalische Prozesse in den Wolken viel besser erfasst, die ihrerseits wiederum eine bessere Niederschlagsvorhersage ermöglichten. Dazu komme, „dass es heutzutage viel mehr hochqualitative Messdaten gebe wie Satellitendaten, ein dichtes Netz von Messstationen oder das Wetterradar, das flächendeckend für Österreich und die Grenzgebiete alle fünf Minuten Information über die aktuelle Niederschlagssituation bereitstelle.

Das Angebot der ZAMG für die Winterdienstfirmen umfasst ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Einerseits werden Informationen für die längerfristige Planung zur Verfügung gestellt – bis zu fünf Tage im Voraus. Dabei wird bei der meist in Textform erstellten Prognose ganz speziell auf winterdienstrelevantes Wetter in der Zielregion eingegangen, um eine gute und genaue Personal- und Materialplanung für die Winterdienstleister zu ermöglichen. Besonderes Augenmerk wird bei diesem Produkt auf die Tageshöchsttemperatur sowie die Minimumtemperaturen in der Nacht, auf das Auftreten und die Art von Niederschlag gelegt sowie die zu erwartende Neuschneemenge in Neuschneeklassen gegliedert. Daneben gibt es auch Informationen über das Auftreten von Straßenglätte, Industrieschnee oder Schneeverwehungen.

Zusätzlich gibt es für Wien mehrmals täglich ein Wetterinfoblatt, das auf die unterschiedlichen winterlichen Bedingungen in der Stadt eingeht, die zu diesem Zweck in mehrere Klimaregionen unterteilt wird. Die aktuellen Informationen erfolgen dann über direkte Verständigung der Winterdienstfirmen, und zwar rechtzeitig, bevor winterdienstrelevantes Wetter zu erwarten ist. Die Alarmierung im Anlassfall erfolgt schließlich vor dem Eintreffen des winterdienstrelevanten Ereignisses über eine direkte Kontaktaufnahme mit dem Kunden per SMS, E-Mail, Fax oder telefonisch. „Diese hat den Vorteil, dass in kurzer Zeit und mit wenig Aufwand die Situation im Detail erläutert werden kann“, erklärt Stadlbacher.

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit für Kunden, einen Zugang zum Wetterportal der ZAMG zu erhalten. Dort werden die aktuelle Wettersituation sowie Prognosen für die nächsten Stunden in grafischer Form zur Verfügung gestellt. Die Daten werden laufend aktualisiert und es werden Niederschlagsmenge, Niederschlagsart, Temperatur und Wind dargestellt.

Welches Feedback erhält die Wettervorhersagestelle der ZAMG von Ihren Kunden zu gewünschten oder erforderlichen Leistungen erhalten? Stadlbacher: In den letzten Jahren ist es gelungen, Datenquellen effizient zu vereinen und als optimales Ausgangsmaterial für Modellrechnungen zur Verfügung zu stellen. Denn je besser die Analyse, also das Wissen um den aktuellen Wetterzustand, desto besser ist auch die Vorhersage. Somit haben die Meteorologinnen und Meteorologen der ZAMG immer bessere Unterlagen zur Verfügung und sind dadurch in der Lage immer präzisere Wetterprognosen zu erstellen.“ Heute seien Aussagen zum Beispiel über Beginn und Ende eines Schneefallereignisses möglich, die vor einigen Jahren noch utopisch angemutet hätten. Man könne, so Stadlbacher, in etwa sagen, „dass man heute eine Prognose für übermorgen mit derselben Genauigkeit liefern kann, wie dies vor einigen Jahren nur für den nächsten Tag möglich war.“

Auch die Möglichkeiten der grafischen Darstellung haben sich in den letzten Jahren enorm verbessert. Speziell für die Meteorologie entwickelte Visualisierungssysteme stellen eine wesentliche Verbesserung gegenüber früher dar, und somit stehen den Meteorologinnen und Meteorologen alle notwendigen Informationen in einer effizienten Art und Weise und sehr gut aufbereitet zur Verfügung.

Es gibt mittlerweile aber auch einige private Wetterdienste. Von diesen Anbieter unterscheidet sich die ZAMG laut Stadlbacher allerdings dadurch, „dass wir maßgeschneiderte und kundenspezifische Prognosen zur Verfügung stellen, um auf alle detaillierten Anforderungen Rücksicht nehmen zu können.“ Damit sei gewährleistet, dass nicht nur wenige Standardprodukte zur Verfügung stünden, sondern bei jedem Kunden auf die speziellen Anforderungen Rücksicht genommen werden könne. „Jedes Produkt ist somit sowohl inhaltlich als auch von der Übertragungsart und vom Layout her individuell gestaltbar.“ Viele Produkte seien auch in direkter Zusammenarbeit mit den Kunden der ZAMG entstanden.

Darüber hinaus habe die ZAMG in den letzten Jahren sehr viel Geld und Know-How investiert, betont Stadlbacher, um ihre eigenen Wettermodelle weiter zu entwickeln. Dies geschehe zusätzlich im Rahmen von Forschungsprojekten, bei denen in Kooperation mit Straßenerhaltern permanent an der Verbesserung der Prognosequalität gearbeitet werde: zum Beispiel für verbesserte Vorhersagen des Straßenoberflächenzustands oder der Straßenoberflächentemperatur. „Unsere Zentrale ist 24 Stunden pro Tag besetzt, und somit ist jederzeit eine Fachkraft für etwaige Rückfragen und Beratungen erreichbar. Hinzu kommt, dass alle technischen Systeme an der ZAMG redundant ausgeführt sind, sodass die ausfallsichere Lieferung aller Daten sichergestellt ist“, so Stadlbacher abschließend.

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