Thema des Innovationsforums beim Reinigungstag: „Die Reinigungsbranche in 5 Jahren“ – mit Michael Lackner, Geschäftsführer Dr. Sasse Facility Management, und Simon Meinschad, Geschäftsführer Hollu Systemhygiene.

Simon Meinschad: Wenn man über die Reinigungsbranche in fünf Jahren nachdenkt, gibt es eine unglaubliche Bandbreite. Dazu zunächst Statements eins, zwei und drei von mir und ein Einstiegs-Statement von Michael Lackner zu den großen Themen der Branche. Anschließend ein gemeinsamer Podcast zu diesen Themen.
Statement 1:
Die Welt verändert sich dramatisch. Und wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Es gibt ein sehr berühmtes Bild von Wirtschaftsprofessor Fredmund Malik aus Vorarlberg, der in der Schweiz an der Uni arbeitet, der sagt: Wir leben in der großen Transformation des 21. Jahrhunderts. Und wir befinden uns gerade in der kritischen Entscheidungszone. Wir kommen aus einer alten Welt, und eine neue Welt öffnet sich. Und man sieht, wo die alte Welt hingeht, wenn man nicht bereit ist, das Alte sozusagen zu hinterfragen, wenn man nicht offen ist für Veränderung und neue Wege geht. Also es wird unglaublich herausfordernd, was da auf uns zukommt.
Statement 2:
Wir überschätzen die kurzfristige Wirkung von KI und Co, aber unterschätzen die mittel- und langfristige Wirkung von KI dramatisch. Wie komme ich zu dieser Aussage und vor allem wie wirkt das? Ich behaupte, wenn wir in zehn Jahren auf die heutige Zeit zurücksehen, werden wir sagen, dass keine technologische und gesellschaftliche Entwicklung die Menschheit so verändert hat wie die heutige Zeit. Man spricht bereits von einer neuen Epoche, also Industrie 4.0 wird abgelöst durch eine empathische Konnektivität. Ich werde noch erklären, was damit gemeint ist. Und es bringt unglaublich viele Chancen mit sich. Und wir reden hier eigentlich nur von Chancen, weil positiv in die Zukunft blicken einfach auch viel mehr Spaß macht.
Megatrends kommen unaufhaltsam auf uns zu. Und es dauert 10 bis 15 Jahre, bis die Wirkung dieser Megatrends voll da ist. Einen dieser Megatrends möchte ich besonders für unsere Branche herausarbeiten, nämlich die angesprochene Konnektivität. Sehen wir uns die sechs großen Themen der Konnektivität für unsere Branche an:
- „Intelligente, vernetzte Systeme – „Smart Cleaning“. Digitale Gebäudezwillinge entstehen immer mehr, Technologien verschwimmen ineinander, man kann fast alles mit allem verbinden über Middleware, über Integrationsplattformen, man hat technologisch viel mehr Möglichkeiten, als das jemals zuvor der Fall war.
- Plattform-Ökonomie und Ökosysteme. Es wird so sein, dass Lieferanten, Kunden und ihre Kundinnen und Kunden miteinander verschmelzen werden. Das heißt, der Kunde wird auf einem Programm seine Gebäudepläne usw. zur Reinigung ausschreiben, und man kann mit diesem Programm dann arbeiten. Das heißt: eine unglaubliche Chance – das haben wir, hollu, mit unserem Programm NOA auch schon gesehen –, endlich zu zeigen, wie aufwändig unsere Arbeit ist, was wir eigentlich leisten. Und es ist endlich eine Chance, dass der Herr Wolfsberg auf der ersten Seite von REINIGUNG AKTUELL den Stundensatz nicht mehr thematisieren muss, weil ich glaube, dass damit eine ganz andere Qualität in unsere Leistung hineinkommt und wir die auch gewürdigt bekommen.
- Human-to-Machine. Es gibt jede Menge Robotik, Menschen und Robotik werden interagieren. Da braucht es neue Fähigkeiten, da braucht es Fortbildungen, da gibt es viele neue Themen.
- KI Empowerment & Intelligent Automation. Also wie sich KI entwickelt. Ich habe vorhin gesagt, die nächste Epoche nennt sich empathische Konnektivität. Warum? Weil KI mittlerweile in der Lage ist, Stimmungen und menschliche Werte zu erkennen und diese nachzuahmen – nicht zu ersetzen, nicht gleichwertig zu sein, sondern sie nachzuahmen. Und das gibt völlig neue Möglichkeiten, mit diesen Tools zusammenzuarbeiten.
- Seamless Mobility & Circular Data. Wir werden unsere IT-Systeme umbauen müssen. Data first oder App first, ist die Frage. Sind die Daten im Zentrum unserer Arbeit oder sind es die Softwarelösungen? Schaue ich, dass ich die Daten unter Kontrolle habe oder versuche ich nur mal zu schauen, in welchem Programm ich arbeite? Wir können nahtlos mit unserem Team zusammenarbeiten, ob das die Techniker sind, ob das die Maschinen sind, wir wissen den Status der unterschiedlichsten Geräte. Es wird sich da unglaublich viel unglaublich schnell verändern.
- Privacy & Digital Trust. Der letzte Punkt, den ich zur Konnektivität herausnehme – es gibt noch mehr –, ist das Thema Daten, Datenschutz, Cybersecurity. Das gibt auch Raum für Kriminalität. Wir müssen uns da ganz anders aufstellen, um für diese Herausforderungen vorbereitet zu sein.
Statement 3:
In einer immer digitaleren Welt wird Achtsamkeit zur stärksten Währung der Zukunft. Wir verbinden Menschlichkeit und Nachhaltigkeit durch echte Achtsamkeit und schaffen so eine Zukunft, in der wir gemeinsam glänzen. Es ist eine Maßnahme, eine Wirkung, die wir für unser Unternehmen als Zukunftsbild ausgearbeitet haben, weil wir glauben, dass wir uns mehr denn je nach dem Miteinander sehnen werden und auch mehr denn je ein Miteinander brauchen werden. Wir, hollu, haben unsere ganze Firma anders ausgerichtet. Wir wollen viel, viel mehr in die gemeinsame Arbeit kommen und viel, viel mehr gemeinsam mit Ihnen gestalten. Denn es geht nur gemeinsam und wir wollen auch nur gemeinsam.
Das war mein Aufschlag, und ich übergebe jetzt an dich, lieber Michael.

Michael Lackner: Wie wird die Reinigungsbranche in fünf Jahren aussehen? Um zu unterstreichen, was du, Simon, auch schon erwähnt hast: In den nächsten fünf Jahren wird technologisch in unserer Branche mehr passieren, als in den letzten 20 Jahren passiert ist. Weil solche Entwicklungen exponentiell funktionieren, sprich: wenn es kommt, dann richtig, dann wie Lawinen.
Wir sind Dienstleister, unser Kernmetier sind unsere Mitarbeiter, und das ist auch unsere Stärke und unsere Kraft. Die wird auch in Zukunft nicht wegfallen. Sie wird sich aber verändern. Es werden andere Herausforderungen kommen, mit denen unsere täglichen Mitarbeiter, unsere Reinigungskräfte, unsere Objektleitungen zu tun haben müssen. Und wir müssen schauen, wie wir sie auf diesem Weg mitnehmen können. Und natürlich die große Herausforderung „demographischer Wandel“, das Pensionsantrittsalter wird hinaufgesetzt usw., das sind alles Themen, die kommen. Und wir müssen vorbereitet sein, wie wir damit umgehen, und uns jetzt schon damit beschäftigen, um nicht, wenn die Lawine kommt, uns von ihr überrollen zu lassen. Ich sage immer: Man surft auf der Welle und möchte sie nicht verpassen.
Wir verdienen unser Geld damit, dass unsere Reinigungskräfte jeden Tag einen perfekten Service liefern, und das wird in Zukunft nicht anders sein. Aber wir müssen uns trotzdem vorbereiten auf das, was dann kommt und kommen kann.
Schon seit ein paar Jahren werden im Rahmen des Reinigungstages auch Reinigungsroboter präsentiert. Und es ist immer die Frage: Wann kommen die denn endlich? Wann kommen die Massen? Wann ist das endlich so weit? Wir in Österreich haben davon knapp 300 im Einsatz – wir nutzen es eigentlich schon, es funktioniert. Wie aber kann man das umsetzen gemeinsam mit der BBG? Wie kann man das bei Ausschreibungen gemeinsam gestalten? Ganz wichtig, dass wir uns mit diesen Fragen beschäftigen, dass wir das endlich vorantreiben. Natürlich müssen sich diese Systeme entwickeln. Und ich sage: In fünf Jahren werden wir, Dr.Sasse, das erste Objekt haben, das voll autonom gereinigt wird. Das werden wahrscheinlich noch keine humanoiden Roboter sein, aber es wird einfach verschiedene Bereiche geben, wo es verschiedene Einsatzgebiete gibt. Kürzlich auf der CMS in Berlin hat man den ersten Roboter für den Sanitärbereich gesehen. Er war sicher noch nicht perfekt. Vieles läuft noch nicht gut, aber es zeigt ganz klar eine Tendenz, es zeigt die Richtung, wo es hingeht.
Der demografische Wandel zeigt uns: Wir haben zukünftig weniger Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zur Verfügung und brauchen Lösungen, um den steigenden Anforderungen und dem Personalmangel, den wir alle haben, irgendwie gerecht zu werden. Wenn der Preis für Reinigungsroboter sinken wird, wird die Möglichkeit größer und die Anwendungen werden kommen.
Warum muss sich die Branche überhaupt verändern? Weil sich die Rahmenbedingungen verändern. Das Thema oder die Aufgabe des Facility Management ist ja, Gebäude zu verbessern. Allein deswegen müssen wir uns weiterentwickeln, unsere Kernaufgabe ist es nicht, den Status quo zu erhalten, sondern das Gebäude zu verbessern und möglichst in dem Lebensraum, der in dem Gebäude stattfindet, die Qualität zu steigern. Dementsprechend ist ganz klar: Wir müssen mehr machen.
Das Thema Arbeitsmarkt ist für uns alle der absolut größte Treiber. Wenn man sich von der Statistik Austria die Zahlen anschaut: 2037 werden wir in Österreich bei ca. 10 Millionen Einwohnern eine halbe Million weniger arbeitsfähige Menschen haben. Seit 1986 haben wir ungefähr 60 Prozent zwischen 20 und 65, im Jahr 2037 sind es nur noch 55 Prozent, ab 2028 wird es unter 60 fallen. Und das große Problem ist – wir hatten ungefähr 25 Prozent unter 20, jetzt haben wir bald 25 Prozent über 65. Das heißt, das System wird so nicht mehr funktionieren. Wir bekommen die Arbeitskräfte unten nicht nach, und jeder weiß, jede Arbeitsstunde in der Reinigung wird durch zwei kräftige Hände vollbracht, die wir zukünftig einfach nicht mehr haben werden.
Das Thema Kostendruck habe ich auch erwähnt, drittes Jahr Rezession. Alle unsere Kunden haben die Herausforderung, dass sie einsparen müssen. Jetzt kann ich natürlich sagen, wenn man mit den Herstellern von Robotern spricht, man kann die Qualität verbessern. Das ist alles schön und gut, aber im Grunde sind es zwei Punkte: Wir kriegen keine Arbeitskräfte mehr und wir haben einen Kostendruck. Der Stundensatz wird weiterhin nach unten gehen.
Simon, wie siehst du das aus dem Blickwinkel der Industrie?
Meinschad: Wir kämpfen gegen andere außerhalb der EU liegende Industrien, weil die einfach ganz andere Rahmenbedingungen haben, was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft. Wir versuchen es mit den neuen Technologien, und das sieht man bei uns sehr gut jetzt im neuen hollu-Werk – wir haben 25 MitarbeiteriInnen im neuen Werk und wir können da die Menge verdreifachen, brauchen aber nicht wirklich mehr helfende Hände sozusagen, weil der Automatisierungsgrad in der Zwischenzeit so hoch ist. Und das ist ja wieder die gute Nachricht, auch für uns, für die Industrie. Also wenn wir auf die Digitalisierungsthemen setzen und diesen Weg konsequent verfolgen, können wir sehr wohl die Stirn bieten, und es gibt plötzlich völlig neue Arbeitsplätze. Ich glaube, das wird man dann auch sehen, wenn die Gebäudereinigungsbranche sich transformiert. Auch hier wird es andere Arbeitsplätze geben. Und spannend ist der Weg für die Menschen, wenn wir sie mitnehmen können. Das ist immer das größte Thema. Ich weiß noch, wenn wir einen Roboter bei uns in der Firm eingeführt haben, wie die analog arbeitenden MitarbeiterInnen gegen den Roboter gekämpft haben. Die Leistungsdaten im Analogen sind nach oben geschossen, aber irgendwann ist es dann zu Interaktion geworden. Man braucht da wirklich Kulturarbeit, man muss die Menschen mitnehmen auf dem Weg. Und das spüren wir in der Industrie sehr lange schon. Weil Industrie 4.0 eigentlich ein bisschen der Vorreiter war, was Automatisierung, Digitalisierung usw. betrifft.
Spannend bei uns in der Branche ist, dass genau diese Themen Digitalisierung etc. Immer wieder auch mit neuen Regulatorien in Verbindung gebracht werden. Und diese neuen Regulatorien machen den Aufbau und die Entwicklung von Themen sehr herausfordernd. Was wir zum Beispiel am meisten gespürt haben, ist die starke Regulierung von Rohstoffen auf der europäischen Ebene. Das hängt mit vielen Gesetzen zusammen. Das nimmt uns in Europa Innovationskraft. Und dann bin ich neugierig, ob die Politik überhaupt in der Lage ist, so schnell sich anzupassen, wie wir es schaffen werden, uns sozusagen an die neuen Themen anzupassen, sprich: Ausschreibungen zu entwickeln usw.
Die Reinigungskraft wird sich zukünftig komplett selbst kontrollieren und selbst führen, indem sie, wenn sie fertig gearbeitet hat, den Arbeitsbereich filmen wird.
Wie siehst du die Reinigungsbranche 2030?
Meinschad: Ich habe schon ein bisschen was erzählt von dem, wie ich die Reinigungsbranche grundsätzlich sehe. Um es noch etwas näher zu beschreiben: Wenn man in unserem zentralen Fachmedium in Österreich, REINIGUNG AKTUELL, die Statements aus der Branche liest, von jemand aus der Industrie, dann merkt man schon, dass diese an sich nicht sehr veränderungsbereite Branche im Aufbruch ist. Ich spüre das in vielen Bereichen, man hat da sehr gut gearbeitet die letzten Jahre. Wir, hollu, haben es auch mit anderen Branchen zu tun, und ich bin überzeugt, dass wir in Österreich das Potenzial haben und dass dies die Reinigungsbranche auch tun wird, nämlich diese neuen Medien aufzugreifen, sich zu entwickeln, zu innovieren, neue Themen anzugehen. Ich glaube, dass wir eine der besten Regionen in Europa werden, was diese Themen, was Digitalisierung betrifft, aber auch was Achtsamkeit und Werte betrifft. Weil wir miteinander reden und miteinander Dinge entwickeln, das braucht unsere Branche. Das ist extrem wichtig.
Aber ich bin kein Gebäudereiniger, Michael, traue der Branche aber alles zu. Wie siehst du das Bild 2030?
Lackner: Ich kann da das Wort Konnektivität von dir aufgreifen. Weil viele Entwicklungen, die wir über die letzten Jahre sehen, sich verfestigen werden und einziehen. Wenn ich darüber nachdenke wer oder was die Reinigungsbranche am besten beschreibt, ist es für mich immer der Objektleiter, die Objektleiterin. Das ist bei uns im Unternehmen die zentrale Person, die, die den Kontakt zu den Mitarbeitern hat, die den Kontakt zum Unternehmen und zum Kunden hält. Das ist in Wirklichkeit bei uns die wichtigste Person im ganzen Unternehmen. Und wenn ich jetzt darüber nachdenke wie es für eine Objektleitung ein Alltag in fünf Jahren aussieht, dann wird das so sein, dass die Objektleitung ins Gebäude hineingeht, ihr Handy oder Tablet herausnimmt und automatisch wird das Tablet oder das Handy sich melden und sagen, ,du bist in Gebäude XY bei dem und dem Kunden’, weil es durchs Reingehen sofort merkt, wo es ist, und wird feststellen, dass im Vertrag steht, ,Jede Woche Qualitätscheck machen’. Das heißt, die App wird automatisch sagen, du hast diese Woche noch keinen Qualitätscheck gemacht, schau dir die und die Räume bitte an, weil dort eine neue Reinigungskraft ist, bei der die Vorarbeiterin gesehen hat, dass noch ein bisschen Schulungsbedarf besteht. Deswegen kontrollier bitte diese Räume. Im Leistungsverzeichnis ist XY festgelegt, und die App wird das wissen – natürlich nicht automatisch, sondern wir müssen das natürlich dann noch pflegen in gewisser Weise. Und die Reinigungskraft wird bei der Reinigung in Zukunft Dinge filmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Reinigungskraft zukünftig sich komplett selbst kontrollieren und selbst führen wird, indem sie, wenn sie fertig gearbeitet hat, den Arbeitsbereich filmen wird. Und die KI wird ihr sagen, ob es sauber ist oder nicht. Und diese Information wird dann natürlich wieder weiterverarbeitet. Die Objektleitung, wenn sie weiter durchs Gebäude geht, wird live sehen, wo ihre Reinigungskräfte gerade unterwegs sind, wird sehen, wo welcher Roboter ist, und wird feststellen, dass gestern der Techniker da war und beim Roboter etwas repariert hat. Der Techniker wurde aber nicht vom Unternehmen gerufen, sondern er hat das selbstständig gemacht, weil er natürlich durch diese Konnektivität, die Du, Simon, angesprochen hast, automatisch die Signale bekommt. Es wird ganz viel automatisiert werden. So glaube ich, wird sich das System entwickeln.
Als Reinigungsbranche und Facility Manager haben wir natürlich auch eine gewisse Verantwortung der Nachhaltigkeit gegenüber. Man hört immer weniger davon. Hat das noch Platz? Wo stehen wir da aus deiner Sicht, Simon?
Meinschad: Ich bin überzeugt, dass die Politik sich im Moment einfach nur nicht richtig traut, dieses Thema anzusprechen. weil wir wirtschaftliche Probleme haben. Aber wir merken, der Klimawandel wurde zur Klimakrise, ob menschengemacht oder nicht. Das sind Diskussionen, das sollen Spezialisten führen. Aber das Thema Nachhaltigkeit ist mir auch als Botschaft sehr wichtig. Stichwort „Kreislaufwirtschaft“, die so eminent wichtig ist.
Denn die wenigsten wissen: Wann immer wir irgendeine Ressource investiert haben, zum Beispiel wenn wir einen schönen Boden verlegt haben, dann ist das aller Allerwichtigste, dass diese Ressource, gut gepflegt wird und lange lebt. Und da seit ihr Reinigungsunternehmen jeden Tag nah dran. Ihr seid die, die am Kern der Nachhaltigkeit sind, die an der Spitze von Kreislaufwirtschaft das Allerwichtigste tun. Ihr liefert nicht nur irgendwelche Dienstleistungen, ihr liefert Lebensdauer von Gebäuden. Deshalb könnt ihr wirklich mit stolz geschwellter Brust rausgehen und sagen: ,Wir sind beim Umweltschutz ganz vorne dabei.’ Nachhaltigkeit wird jedenfalls zu einem großen Thema. Allein aus dem European Green Deal sind 176 Verordnungen und Gesetze bereits gültig oder kommen auf uns zu. Es ist nicht alles gut, was da entsteht, aber das Thema Nachhaltigkeit, glaube ich, ist ein Generationen-Thema und nicht nur sozusagen ein Modewort. Bei Nachhaltigkeit geht es gerade auch um soziale Verantwortung. Da braucht es Lösungen für die Menschen. Es braucht Umschulungsprogramme für Menschen. Nachhaltigkeit ist für mich fest verankert mit der gesamten Transformation und mit den Herausforderungen unserer Zeit.
Michael, jetzt bist du wieder dran. In der Vorbereitung hast du mir etwas von deiner Reise nach Asien erzählt. Was kommt da auf uns zu?
Lackner: Ja, ich war Anfang Juli in China und Singapur, um unsere Lieferanten oder mögliche zukünftige Lieferanten vor Ort zu besuchen. Weil wir arbeiten in Österreich mit super Händlern zusammen. Aber der Blick hinter die Kulissen, zu sehen, was da wirklich kommt, war für mich interessant. Denn dann merkt man, dass China und Asien ganz anders ist als Europa. Erstens ist es viel günstiger. Ich habe im Hyatt übernachtet – 100 Euro die Nacht in einem Fünf-Sterne-Hotel in Shanghai, mitten in der Stadt. Das Zimmer hatte 50 Quadratmeter. Das Preisniveau, das die dort haben, ist natürlich ein Riesenvorteil für sie. Es spricht dort fast keiner Englisch. Du siehst keine Europäer. Du siehst hauptsächlich Asiaten, weil die bei der Größe von China in Wirklichkeit uns gar nicht brauchen, uns aber sehr gerne haben, weil wir einen super Markt für sie sind. Ich durfte auch Roboter-Hersteller besuchen. Die interessiert der chinesische Markt teilweise gar nicht, weil dort das Preisniveau so tief ist. Für die ist eigentlich nur Europa und Amerika interessant, dort ist der Markt, wo sie noch Geld machen. Wenn man sich einen Roboter anschaut – das ist dort Standard. Man geht ins Hyatt hinein, meldet sich an, die Gäste bestellen oft gar nichts mehr im Restaurant, sondern über den Lieferservice. Es gibt dort eine App, die nennt sich WeChat, damit kann ich einen Flug buchen, ein Hotel buchen, ein Taxi rufen. Ich kann alles machen über eine App, ich kann kommunizieren, wenn der Lieferservice kommt, nimmt in der Hotellobby ein Roboter nach Eingabe eines Codes die Lieferung entgegen und fährt sie zum Zimmer. Das ist dort in jedem Hotel ganz normal. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es auch bei uns so kommt. Woher kommen unsere Roboter hauptsächlich? Aus China, aus Asien, aus Singapur, aus verschiedenen Umgebungen von dort. Und die sehen uns als Markt. Man sieht dort keine Vapes, das ist ein Produkt aus China, rein für den europäischen Markt. Von diesen Stofftieren, die wir uns gern an den Rucksack hängen, siehst du dort kein einziges Stück. Das ist alles nur für den europäischen Markt produziert. Die sehen uns als ihre Marktwirtschaft, wo sie Dinge hinverkaufen können. Und eben auch beim Thema Roboter geben sie den Takt vor. In Shanghai sind ungefähr vier Fünftel Elektroautos. Da hörst du kein Autogeräusch mehr. Es ist ganz leise. Alles ist grün. Wer die Möglichkeit hat, soll sich das unbedingt einmal anschauen, weil man eine andere Perspektive bekommt.
Fühlt man sich trotzdem wohl in so einer Umgebung?
Lackner: Sehr spannende Frage. Wenn du dich auf WeChat anmeldest, musst du dich mit deinem Ausweis registrieren. Das heißt, du hast keine anonyme digitale Identität, sondern alles, was du online machst, machst du als identifizierte Person. Wenn du ein Zugticket kaufst, hast du kein Ticket, sondern dein Ausweis wird zum Ticket. Du hältst das an den Scanner und spazierst wie am Flughafen. Für jedes Bahngleis gibt es einen Scanner. Es ist 100-prozentige Überwachung. Du siehst aber keine Polizei, weil alles nur noch digital funktioniert. Alles mit Kameras überwacht. Es gibt dort Städte, die zu 100 Prozent videoüberwacht sind, aber nicht durch öffentliche Kameras, sondern durch jedes Handy, das dort jeder verfügbar hat. Darauf darf einfach zugegriffen werden. Du kannst dort einen Geldkoffer am Gehsteig hinstellen, ihn sogar aufmachen, und zwei Wochen später wird er noch da sein. Die Frage ist: ,Wollen wir das, diese Kontrolle?’ Es hat natürlich alles seine Vor und seine Nachteile. Ich habe jetzt nur bewusst diese Aspekte rausgenommen, aber es zeigt einem, was für Möglichkeiten es gibt. Und wenn ich die App nochmal hernehme: Bei jeder Ampel, bei der du dort auffährst, siehst du auf deiner Handy-App, wie lange noch rot sein wird. Das ist diese Konnektivität, die du angesprochen hast, bis ans Limit getrieben. Ich glaube, die Frage, ob wir das wollen oder nicht, stellt sich in Wirklichkeit gar nicht mehr, weil ohne wird es nicht mehr gehen. Man wird sehen, wie stark sich das ausschwenken wird und wie schnell es kommt. Aber wie bei den Elektroautos brauchen wir uns die Frage, ob es kommt, gar nicht mehr stellen, das hat China schon für uns entschieden. Das wird so passieren, wir können nur schauen, welche Spielregeln wir schaffen und wie wir damit umgehen.
Und wenn ich an die Robotik denke – die größte Herausforderung, die ich dabei sehe, ist, wie wir es schaffen, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen, denn diese sind der Kern unserer Tätigkeit als Dienstleister, ohne sie machen wir keinen Schritt vorwärts. Und einen zweiten Aspekt gibt es auch noch, und das sind unsere Kunden. Die müssen wir auch mitnehmen. Manchmal muss man sie vielleicht ein bisschen anschieben, damit sie mit uns diese Wege gehen. Es gibt mittlerweile aber ganz viele, die das auch einfordern. Und Thema Nachhaltigkeit: Wir können Lösungen für unsere Kunden bringen. Das müssen wir uns auf die Fahnen schreiben. Wir müssen, glaube ich, anders herangehen und nicht immer nur die Probleme sehen, sondern die Chancen.
Meinschad: Wenn du sagst, die Kunden werden es einfordern – ich darf als Vizepräsident der IV Tirol auch mit vielen Industriebetrieben zusammenarbeiten, und da diskutieren wir immer wieder, ob wir es uns als Industrie leisten können, nicht mit Vollgas zum Beispiel KI einzusetzen. Wir haben bei uns im Haus eine eigene Werte-Map erstellt, und da ist ein Thema, dass wird die freigewordenen Ressourcen dafür verwenden, uns noch mehr um unsere Kundinnen und Kunden zu kümmern. Wenn man bei uns anruft, wird der Telefonhörer immer von einem Menschen abgehoben. Mit einer KI telefonieren, ist echt schräg. Bei uns hebt ein Mensch ab. Aber ich frage mich natürlich auch, ob wir uns das überhaupt leisten können. Denn wenn ein Mensch den Telefonhörer abnimmt, spürt man das irgendwo im Preis pro Liter Reinigungsmittel. Und wenn man das Spiel weiterdenkt über alle Themen – wie viel Analogität, sprich: Personalkosten, können wir uns alle überhaupt leisten? Das wird eine ganz spannende Frage. Und ich glaube, dieses Mitnehmen ist so ein Spiel auf beiden Seiten. Ich finde es einfach extrem spannend, was da gerade in Bewegung ist. Wenn man so ein neues Werk baut wie wir, dann sieht man unmittelbar, wie sich das verändert. Schön und positiv, aber es verändert sich.
Wenn man an die Robotik denkt – wird es die größte Herausforderung sein, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitzunehmen.
Was macht ihr als Industrie in dem Bereich Digitalisierung? Was entwickelt sich da weiter? Was kommt da?
Meinschad: Es ist fast spooky, was du vorhin für ein Zukunftsbild gezeichnet hast mit all den Funktionalitäten von Apps. Ja, genau das. Wenn ich unsere Software anschaue, NOA, was bereits da ist und was jetzt mit KI an Bord kommt: Sie kann alle Sprachen dieser Welt, wir brauchen kein Übersetzungsbüro mehr. Und man kann auch mit allen Chemiearten und Marken arbeiten, Stichwort Plattformökonomie. Da entwickelt sich gerade extrem viel in dem Bereich, es geht nur miteinander. Das ist auch immer wieder das, was ich so spannend finde. Wir sind 500 Mitarbeiter im Unternehmen, wir können nicht alle Dinge alleine entwickeln, wir brauchen Partnerschaften, wollen auch Partnerschaften. Es ist in dem Bereich wirklich eine sehr, sehr spannende Entwicklung. Ich kann nicht für die gesamte Industrie sprechen, aber bei uns gibt es aktuell ein Programm, das nennt sich „Raus aus der Komfortzone“.
Was verbirgt sich dahinter?
Meinschad: Dahinter verbirgt sich eben genau, dass wir neue Wege gehen müssen, dass wir alles hinterfragen und am Ende eine KI Heatmap erstellen. Dass wir schauen, welche Anwendungen wir automatisieren und verbessern können. Also mehr Effizienz und damit uns auch ein bisschen den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den Veränderungen entgegenstellen.
Zu deinem Stichwort „Gemeinsam“. Ich würde jetzt mal behaupten, Thema Roboter, dass wir zukünftig vielleicht in Konkurrenz zueinander stehen, wir als Dienstleister, ihr als Anbieter. Denn wenn die Roboter von euch kommen, wozu braucht es dann noch einen Dienstleister? In Wirklichkeit stellt ihr den Roboter hin, so wie ihr es jetzt schon macht, ihr mapt ihn, bringt ihn zum Laufen, und wenn er dann zukünftig alles alleine kann, wozu braucht es dann noch den Dienstleister zur Zusammenarbeit?
Meinaschad: Einige MitarbeiterInnen von uns haben den Pfad mit Robotik schon mitgemacht. Also Maschinen und Geräte haben wir im Griff. Die Technologie, wie ein Scrubber arbeitet, hat sich nicht wirklich dramatisch verändert. Doch plötzlich müssen wir mappen, haben wir WLAN-Probleme, es braucht andere Verbindungen für dieses Gerät, die Software verliert die Map, man muss sie wieder draufspielen. Und es gibt auch noch ganz andere Themen, rechtliche, die man klären muss, wenn man in eine WLAN von jemandem hineingeht etc. Dann das Thema Reparatur, man hat eine Platine, die viel aufwändiger ist, ich habe Sensorik in so einem Gerät – wir machen bei uns im Unternehmen ja nicht alles selbst. Wir brauchen Partnerschaften auf Augenhöhe, wo wir gemeinsam diese Themen angehen. Und ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass nicht jeder alles beherrschen muss. Das heißt dann: ein Leasing-Modell, ein Mietmodell von uns für die Branche, wo man auch die Kosten besser skalieren kann. Es braucht neue Pricing-Modelle, es braucht neue Dienstleistungen und es braucht neue Partnerschaften.
Das heißt, wir werden keine Konkurrenten der Zukunft?
Meinschad: Nein, wir werden intensiv zusammenarbeiten. Das muss der Plan sein.
