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Catering? Internationale Küche!

Sechs Player dominieren die heimische Catering-Industrie. Eine Industrie, die noch Wachstumsphantasie hat – bei integrierten FM-Unternehmen tariert die Catering-Sparte längst die stagnierenden Umsätze im Reinigungsgeschäft aus. Vielfalt, Bio-Food und Schonkost regieren die Betriebsküchen, ins Care Catering kommt langsam Bewegung.

Text: Markus Zwettler

Peter Fleischmann: „Fett und Zucker, also Wiener Schnitzel, Pizza und Berner Würstel, kommen in der Bilanz eines Caterers sehr gut an. Die Deckungsbeiträge für solche Speisen sind eben deutlich höher als bei tatsächlich vollwertiger Kost. Umgekehrt führen sie aber zu einer verstörten Belegschaft.“

Catering in Österreich? Peter Fleischmann – mit seiner „OptiMahl“ hat er sich auf unabhängige Catering-Beratung spezialisiert – zeichnet ein gemischtes Bild der Branche und spricht von „extrem unterschiedlichen“ Margen: „Im Catering werden langjährige Partnerschaften gepflegt. Und nachdem die Mitarbeiterverpflegung nicht die Top-Priorität der Unternehmen darstellt, wird auch deren Kostenstruktur selten hinterfragt. Zudem ist in der Regel die emotionale Abhängigkeit vom jeweiligen Caterer – und die Angst vor Veränderung – stark ausgeprägt. Hier gilt also: Niemand beißt die Hand, die einen füttert.“
Der Markt des Business Caterings ist ein stabiler. Wenig Fluktuation. Die Chancen, den Wettbewerb anzukurbeln, bescheiden. „Ein dedizierter Catering-Beauftragter ist in den meisten Unternehmen nicht vorhanden, klare Zielvorgaben und objektive Messinstrumente für die interne Verpflegung fehlen. Meist sind es eher die Chefsekretärin, die Personalabteilung oder der Betriebsrat, die den Job des Catering Managers nebenbei mitmachen. Diese haben an einer Veränderung aber oft wenig Interesse. Im Catering – wie in vielen anderen FM-Bereichen – ein Organisationsproblem.

Menüs für 2,60 Euro bis 9 Euro

Anselm Bothe: „Früher war es so, dass Sie in Italien die beste Pizza, in Thailand das beste Thai-Food bekamen – heute bringen wir diese Erfahrungen in das Betriebsrestaurant zurück.“

Unangefochtener Marktführer im Business Catering ist Eurest. Bei Frischküchen in der Industrie und im Office-Bereich dominiert dieser Caterer rund zwei Drittel des Marktes. In Österreich vertrauen 85 Firmen, Institutionen, Seniorenheime, Krankenhäuser, Schulen und Veranstalter auf die Eurest-Menüs, darunter Größen wie OMV, Siemens, Mediaprint und Opel. Anselm Bothe, Financial Director von Eurest, rechnet vor: „Wir betreiben Betriebsrestaurants bereits ab 60 Mittagessen pro Tag, haben aber auch welche im Portfolio, wo 3.000 Essen am Tag ausgegeben werden. 60 Essen am Tag tragen sich nicht von alleine – in diesem Fall muss ein Unternehmen die Verpflegung entsprechend stark stützen. Großbetriebe sind hingegen nahe am Nullzuschuss. Die Vollkosten von 2,60 bis 4,40 Euro brutto je Mittagessen bei 3.000 Mitarbeitern erhöhen sich bei nur 60 Mitarbeitern eher auf acht bis neun Euro brutto.“
Echte Frischküchen lassen sich eingedenk hoher Fixkosten für kleine Belegschaften also nur schwer realisieren. Hinzu kommt: Je nach Höhe der Stützung – und der Qualität des Essens – werden sie nur von 45 bis 55 Prozent der Belegschaft tatsächlich frequentiert. „Ein Betriebsrestaurant kostet rund zwei Millionen Euro, die Ausstattung noch einmal ein bis zwei Millionen. Also herrscht in den meisten Unternehmen das Bestreben, die Stützung des einzelnen Essens zu reduzieren und gleichzeitig mehr Mitarbeiter in die Kantine zu locken“, sagt Bothe.

Ernährungs-Klischees sind überholt

In der Praxis kommen heute, so Bothe, wie auch immer bestellte Küchenkommissionen zusammen, welche die Mitarbeiter vertreten. „Bei einem professionellen Caterer muss eine solche aber meist nicht mehr als ein bis zwei Mal im Jahr einen Input leisten.“ Es gelte zwar, unterschiedlichste Geschmacksrichtungen zu berücksichtigen. „Schnitzel sind mittlerweile aber überall gleich, und 4.000 Kalorien für ,blue collar‘ sind heute ebenso out wie die Annahme, dass bei einem erhöhten Frauenanteil viel mehr Salat gegessen wird. Heute wünscht sich ein Bandarbeiter bei Opel ebenso kalorienreduzierte Speisen wie ein Büromitarbeiter.“
Und wer entscheidet über das Menü? „Unsere gastronomische Kompetenz. Dank unserer weltweiten Exzellenzprogramme kommt es bei uns zu einem regen Austausch von Köchen, zudem durchlaufen sie Schulungsprogramme, in denen authentisches Zubereiten verschiedenster Gerichte gelernt wird. Innovationen, die aus dieser Internationalität herrühren, kommen sehr gut an“, so Bothe.
Auch Herbert Fuchs, Chef der Gourmet Gruppe, will vor allem mit Abwechslung zum täglichen Genuss am Mittagstisch locken – etwa mit Ethno-Akzenten wie „mexikanische Rindfleischbällchen“, „koreanische Fischpfannen“ oder „sizilianischem Nudelauflauf“. Beim Business Catering ortet er einen Trend zu Wohlbefinden und Fitness, also besonders leicht und bekömmlich zubereiteten Speisen.

Im Kommen: Die „Nachhaltige Küche“

Michael Freitag: „Die Kernkompetenz eines Krankenhauses ist nicht die Küche. Aber auch Krankenhausküchen sollten nach den Gesetzen der Marktwirtschaft geführt werden.“

Geht es nach Michael Freitag, Director Operations bei Sodexo Austria, so wird das Catering nicht nur internationaler, sondern auch verantwortungsvoller. Er schwärmt von den Vorzügen des bei Sodexo im Vorjahr weltweit gestarteten und bis 2015 vollständig integrierten Nachhaltigkeitskonzept, dem „Better Tomorrow Plan“: „Indem wir global Ressourcen geschickt bündeln, können wir künftig ohne Mehrkosten höherwertige bzw. nachhaltigere Lebensmittel anbieten.“
Die CSR-Strategie von Sodexo zielt dabei nicht wie bei anderen Anbietern auf einzelne „Bio-Produkte“ ab, sondern ist umfassend ausgelegt: Mehrjährige Kooperationen mit dem WWF, der Rain Forest Alliance und Fair Trade sind ebenso inkludiert wie die ausschließliche Nutzung zertifizierter Aquakulturen, verschiedenste Energiesparmaßnahmen sowie strenge Herkunftsnachweise. Bestandskunden von Sodexo – zu den rund 100 Unternehmen gehören etwa sechs Baxter-Standorte, drei ORF-Standorte, das Bundeskanzleramt, die Wiener Stadtwerke und Boehringer Ingelheim – werden künftig automatisch auf diese „nachhaltige Küche“ umgestellt. Das im Vorjahr erzielte Wachstum im Catering von 12 Prozent auf 28 Millionen Euro Umsatz soll sich durch die CSR-Strategie fortsetzen lassen. „Der Markt zeigt sich äußerst interessiert daran“, so Freitag.
Abseits dessen will Freitag insbesondere mit weiteren Service-Bündelungen punkten. So geschehen zuletzt bei Alcatel Lucent Austria: Dort werden nun nicht bloß 450 Mitarbeiter verpflegt, sondern auch die Reinigung, das Security sowie die Haustechnik betreut. „Nicht nur das Catering – all diese Bereiche wurden so für Alcatel Lucent wesentlich billiger.“

„Tower Lunch“ als Herausforderung

Peter Edelmayer, Chef von Dussmann Österreich: „Vor allem für Gemeinden wird in der Kinder- und Schulverpflegung die Auslagerung an externe Dienstleister immer interessanter.“

In den funktionalen Superbauten der Büro-Szene werden Restaurants, die exklusiv nur den Mitarbeitern einzelner Unternehmen vorbehalten sind, heute kaum mehr betrieben. Stattdessen ist die Betriebsverpflegung in den Bürotürmen längst ein Teil des Facility Managements. Und hier ist der Interessenskonflikt oft vorprogrammiert – zwischen Immobilienbetreiber, den zu verpflegenden Mietern und dem Caterer selbst. Und in diesem Spannungsfeld agiert der Facility Manager oft ohne spezifisches Know-how und ausreichende Erfahrung in der gastronomischen Materie. „Kein Wunder, dass der Tower Lunch nur in den seltensten Fällen für alle zufriedenstellend funktioniert. Besuchen Sie stattdessen die Kantine eines eigentümergeführten Unternehmens, so ist das Menü in der Regel sprunghaft besser“, sagt Fleischmann.
Bothe sieht es nüchterner: „Der Immobilien-Eigentümer stellt letztlich nur eine Fläche zur Verfügung. Finden wir als Pächter ein Potenzial von 1.000 bis 2.500 Essern vor, so rechnen sich auch Investitionen in eine aufwändige Betriebsküche.“ Wesentlich komplexer werden im Tower allerdings die Abrechnungsmodi: Es kann vorkommen, dass die Karten- und Verrechnungssysteme bis zu 50 verschiedene Mieter erkennen und verbuchen müssen, wobei jeder dieser Mieter womöglich ein unterschiedliches Stützungsmodell vereinbart. Hinzu kommen noch jede Menge separate Rechnungen über Konferenz- und Eventdienstleistungen.
Abseits der modernen Bürokomplexe ist aber überall dort, wo es noch keine Gastronomie gibt, schwierig, als Caterer zu punkten. Bei Unternehmen mit traditionell betriebenen Kantinen ist die Neigung gering, sich vom Altgewohnten zu trennen – vor allem in der Industrie, im Gewerbe und im Sozialbereich. Und: „Die Eigenküche muss nicht zwingend schlechter sein. Denn sie agiert nicht profitorientiert, der Caterer sehr wohl. Und rein ökonomische Überlegungen leiten die Grundsatzentscheidung über die Mitarbeiterverpflegung zudem nur sehr selten“, sagt Fleischmann.
Trotz der schwierigen Akquise im Business-Catering schafft es die Branche aber dennoch, kontinuierlich zu wachsen. So vermeldet Peter Edelmayer, Chef von Dussmann in Österreich, zuletzt ein rein organisches Umsatzwachstum von vier Prozent. Und zwar primär dank starker Nachfrage in der Verpflegung und der Betriebsgastronomie. So erhielt Dussmann im vergangenen Herbst etwa den Zuschlag für die Mitarbeitergastronomie des Außenministeriums. Die gelieferten Menüs – auch hier: „gesund, ausgewogen & bio“ – haben laut Dussmann bereits zu einer Verdopplung der täglichen Gästezahl in der Ministeriumskantine geführt. Bei Fronius in Thalheim übernahm Dussmann die Betreuung der Betriebskantine, den Jausenverkauf und das Konferenzcatering.

Care Catering: Eintrittsbarrieren sinken

Und im Krankenhaus? Sorgt hier der Druck zur Kostenoptimierung zwangsläufig für gute Chancen innovativer Caterer? „Nein“, sagt Consulter Fleischmann, „hier geht es um die große Zahl der zu versorgenden Köpfe, um Macht. Das Gesundheitswesen ist weitgehend ein geschlossener Bereich, der kaum zu knacken ist. Caterer werden zu Ausschreibungen zwar gerne eingeladen, aber meist nur zu Benchmark-Zwecken.“ Eurest-Manager Bothe erklärt, warum: „In Krankenhäusern sind meist doppelt so viele Küchenmitarbeiter beschäftigt, wie ein Caterer brauchen würde – und diese zu bestehenden Löhnen zu übernehmen, ist für Caterer wenig attraktiv.“
Trotz des vielen Personals: Die Qualität der Krankenhausverpflegung bezeichnet Fleischmann „in der Regel schlecht“, das Timing schwach. Insbesondere können die wenigsten Hospitäler nur selten mit der Herausforderung, die Ernährung an ein bestimmtes Krankheitsbild anzupassen, umgehen. Der Anspruch an eine patientenspezifische Verpflegung könnte also mittelfristig für eine Marktöffnung sorgen.
Krankenhausdirektoren beschäftigen sich aber durchaus intensiv mit innovativen Catering-Konzepten, sagt Bothe. Es sei etwa möglich, motivierte Mitarbeiter aus der Küche teilweise auch für andere Dienstleistungen zu verwenden – für Gartenarbeiten, Sicherheit, die Haustechnik. „Die Schmerzgrenze im Gesundheitswesen ist aber noch nicht groß genug. Kaum wird der politische Druck aber erhöht, kann ein jeder Krankenhausdirektor heute ein entsprechendes Konzept aus der Lade holen“, ist Bothe überzeugt. Denkbar ist es aber auch, dass sich Hospitäler künftig vermehrt mit Service und weniger durch medizinische Leistungen differenzieren werden. Sauberkeit, das allgemeine Wohlfühlen und eben das Essen – diese Kriterien können Patienten weit eher einschätzen als die medizinische Qualität. Haubenköche für das Krankenhaus – das ist keine Utopie.
Mit individuellen Ernährungskonzepten im Care Catering gepunktet hat bereits Stefan Zanini, Chef der SV Group in Österreich. Er spricht von „zahlreichen neuen Mandatsgewinnen“ in diesem Segment. Und: Heuer wird die SV Group erstmals auch ein Cateringmandat für ein Krankenhaus übernehmen. Ebenso neu betreut werden die Wiener Bestattung sowie weitere Standorte von SeneCura und des Arbeiter-Samariter-Bundes. Besonders erfolgreich war die SV Group zuletzt in Salzburg: Hier kocht sie seit Jahresbeginn für 380 Pappas-Mitarbeiter, das Techno-Z und Mercedes-Benz Österreich. In Summe bereiten die 375 Mitarbeiter der SV Group in mehr als 60 heimischen Betrieben jährlich rund drei Millionen Hauptmahlzeiten zu.
Die beiden großen Player Sodexo und Simacek sind im Gesundheitsbereich schon lange etabliert – übernehmen hier aber primär Reinigungs-, Logistik-, Sterilisations- sowie Sicherheitsaufgaben. Speziell auf den Küchenbetrieb in Krankenhäusern und die dortige Speisenverteilung und Geschirrreinigung hat sich Simacek mit der Eigenmarke „Contento“ spezialisiert. Jüngster Erfolg der Kärntner Tochter: Seit vorigem März wird das Evangelische Krankenhaus in Wien bekocht. Patienten können dort täglich aus mehreren frisch zubereiteten Menüs auswählen.

Ganztagesschulen als Chance

Und wie sieht es in den Schulen aus? „Insbesondere die Etablierung von Ganztagesschulen könnte für Caterer interessant werden“, meint Fleischmann. Aktuell sei es um die Verpflegung in den heimischen Schulen – oft auch infrastrukturbedingt – aber eher traurig bestellt. „Dass Essen in der Schule gesund und für die Jugend auch attraktiv sein sollte, damit hat sich in Österreich noch kaum jemand auseinandergesetzt. Lernen kann man hier von den beiden katholischen Privatschulen Maria Regina und Maria Frieden in Wien. Hier stehen Geschmackserziehung und kulinarische Ästhetik am Stundenplan“, so der Consulter. Führend in der heimischen Schulverpflegung ist die Gourmet Gruppe, die aus ihren beiden Großküchen in Wien und St. Pölten 1.800 Kindergärten und Schulen beliefert – nebst 120 Senioreneinrichtungen sowie 2.500 Unternehmen und Business-Restaurants. Rund 250.000 Mahlzeiten für die Gemeinschaftsverpflegung sowie 60.000 Fertiggerichte für den Lebensmittelhandel ist der stolze Output der 1.500 Gourmet-Mitarbeiter. Daneben mischen auch Sodexo, Contento und Dussmann in der Schulverpflegung mit. Neue Aufträge konnte Dussmann zuletzt für elf Kindergärten und Horte des Linzer Magistrats gewinnen. Zudem erhöhte sich die Zahl der für die Wiener MA 56 belieferten Ganztagesschulen zuletzt von 30 auf 43. Contento wiederum kocht seit dem Vorjahr für die American International School in Salzburg, die American International School in Wien gewann Eurest als Neukunde. Die Ausschreibung für eine Frischküche der Vienna International School ist derzeit noch im Laufen.


Was kann der Caterer im Idealfall tatsächlich besser?

Er hat geringere Kosten, indem er 1) wesentlich strategischer und in höherem Volumen einkaufen sowie mitunter deutlich günstigere Kollektivverträge anwenden kann, er ist 2) versierter im Qualitäts- und Risikomanagement – dies ist einer der Hauptgründe, dass die Küche ausgelagert wird –, und er hat 3) ein höheres Marketing-Verständnis, kann einen optischen Auftritt deutlich effizienter realisieren. Zudem kann ein Caterer besser Ernährungstrends folgen, um innovative Konzepte zu entwickeln. Free Flows, also die Anordnung von Essens- und Getränkeinseln anstatt starrer Ausgabereihen, Front Cooking, Food Courts und die Integration von Vital- und Markenkonzepten sind nur einige Beispiele aus der jüngeren Zeit. Entscheidend ist in der Mittagspause aber längst nicht nur der Teller selbst. Gefragt ist ein „Urlaub zwischendurch“ in der Mittagszeit.

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