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Betriebsküchen: Es wird aufgekocht

Für die österreichischen Anbieter von Betriebsverpflegung ist dieser Markt ein wesentliches Geschäftsfeld und trägt nicht wenig zum Umsatz der Unternehmen bei. Wachstumspotenzial ist allemal vorhanden.

Text: Erika Hofbauer

Ein Blick in die Umsatzlisten zeigt: Bei Gourmet beispielsweise wird rund ein Drittel des Gesamtumsatzes mit Menüservice und den Betriebsrestaurants erwirtschaftet, berichtet Geschäftsführer Herbert Fuchs. Bei Mitbewerber Sodexo nimmt der Bereich Wirtschaft & Industrie nahezu 60 Prozent des Geschäftsvolumens ein und ist laut Geschäftsführer Michael Freitag nach wie vor ein wichtiges Segment mit Potenzial. Die SV Group mit Hauptsitz in der Schweiz bezeichnet den Betrieb von Personalrestaurants als eines der wichtigsten Geschäftsfelder in Österreich: „2014 wurden in Österreich mit 654 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund 6,7 Millionen Hauptmahlzeiten zubereitet“, zitiert Geschäftsführer Andreas Kabela aktuelle Zahlen. Auch Dussmann-Geschäftsführer Peter Edelmayer bestätigt, dass der Bereich „Betriebsküchen“ im Unternehmen „einen zentralen Stellenwert innerhalb der Dienstleistung Verpflegung einnimmt“.

Ansprüche steigen

Trotz ausgelasteter Wettbewerbssituation sehen die Marktteilnehmer anhaltend Potenzial im Bereich Firmen-Catering. Denn die Ansprüche wachsen: „Die Anforderungen der Kunden sind individuell und komplex, von der Verpflegung bei Schichtarbeit bis zum Gästekasino, vom Thema Preis, Leistung bis zum verstärkten Wunsch nach Nachhaltigkeit beim Mittagstisch“, so Gourmet-Chef Fuchs. Sodexo-Boss Freitag bemerkt, dass der Markt durchaus selektiver und vom Preisniveau härter geworden ist: „Der Anspruch an Ambiente, Investment sowie Qualität und Nachhaltigkeit ist stärker denn je. Durch neue Projekte gibt es Raum für Wachstum und neue Konzepte.“ Einen Großteil des Wachstums erziele man im Bereich des Verdrängungswettbewerbs, erzählt Freitag weiter, der den Kreativen der Branche aber auf eigene Weise helfe: „Diese finden eine Möglichkeit, auch Kunden, die wirtschaftlichen Herausforderungen entgegnen müssen, eine Lösung bieten zu können.“ Verdrängungswettbewerb ist auch ein Stichwort, das dem SV Österreich-Chef einfällt: „Outgesourcte Gemeinschaftsgastronomie ist in Österreich zunehmend zu einem Verdrängungswettbewerb geworden. Oftmals steht die Einsparung von Kosten im Vordergrund, jedoch ist in letzter Zeit ein gegenläufiger Trend zu beobachten“, zeigt sich Kabela erfreut: „Qualität und Vertrauen nehmen wieder einen höheren Stellenwert ein. Der Nutzen des Restaurants für die Unternehmensleitung wird wieder zunehmend wichtiger, denn die Ernährung trägt wesentlich zum Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei. Ein Trend ist merkbar, dass Unternehmen vermehrt in Frischküchen investieren.“

Diese Entwicklung bestätigt auch Dussmann-Geschäftsführer Edelmayer: „Der Trend zur kompletten Auslagerung der Verpflegung ist insbesondere bei großen Unternehmen ungebrochen. Denn für ein produktives und gesundes Arbeitsklima sind Pausen wichtig, in denen die Mitarbeiter wieder Energie tanken können. Das gemeinsame Mittagessen stärkt die Kommunikation unter den Kollegen, erhöht die Zufriedenheit und fördert die Gesundheit.“ Deshalb sei Betriebsverpflegung auch als Mittel zur Mitarbeiterbindung für Unternehmen zu sehen, und diese seien zunehmend an einer qualitativ hochwertigen Versorgung für ihre Mitarbeiter interessiert.

Ernährungstrends

Herbert Fuchs, Gourmet
Herbert Fuchs, Gourmet

Wohin geht also der Trend? Gourmet-Geschäftsführer Fuchs: „Immer mehr Menschen wollen sich beim täglichen Mittagessen ausgewogen ernähren, um fit für die Arbeit und ihr Leben zu sein. Bewusstsein für die eigene Gesundheit ist einer der großen aktuellen Trends. Essen soll nicht nur gut schmecken, es soll auch gut tun.“ Das Küchenteam des Unternehmens bestehe daher nicht nur aus Köchinnen und Köchen, sondern auch aus Ernährungswissenschafter/innen, Diätolog/innen und innovativen Produktmanager/innen: „Sie optimieren laufend unsere Rezepturen und Speiseauswahl. Diese Ernährungskompetenz ist heute mehr denn je gefragt.“ Voll im Trend liegt für den Gourmet-Boss aber auch „functional eating® (brain food, soul food, power food), das individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse des Gastes eingeht. Und: „Natürlich ernähren sich viele unserer Gäste immer öfter zumindest zeitweise vegetarisch oder vegan. Wir unterstützen das mit einem immer umfangreicheren Angebot speziell für diese Gruppe. Auch Gäste, die aufgrund von Lebensmittelunverträglichkeiten auf einzelne Zutaten verzichten wollen oder müssen, können wir durch unser Ernährungs-Know how kulinarisch gut betreuen“, fühlt sich der Gourmet-Chef gut gerüstet.

Michael Freitag, Sodexo
Michael Freitag, Sodexo

Pragmatischer betrachtet Sodexo-Geschäftsführer Freitag die Marktentwicklung: „Die größte Herausforderung bietet uns die Entwicklung und das Wachstum der österreichischen Wirtschaft. Die Reaktionen und Maßnahmen der Wirtschaftspolitik und wie es gelingt, Unternehmen eine attraktive wirtschaftliche Infrastruktur zu schaffen und somit Arbeitsplätze in diesem Land zu sichern, da liegt unser Potenzial.“ Was aber der Sodexo-Chef auch registriert: „Ein Trend zu Regionalität, Nachhaltigkeit und zu Bioprodukten ist deutlich erkennbar. Die steigende Nachfrage am Markt trägt bereits heute dazu bei, dass hier das Angebot am heimischen Markt wächst.“ Er sei daher froh, dass man bereits seit mehr als 10 Jahren bio-zertifizierte Standorte betreibe.

Regionalität gefragt

Auch Gourmet-Chef Fuchs berichtet, dass die Herkunft der Zutaten ein wichtiges Thema sei und bleibe: „Wir kaufen so oft wie möglich heimische Lebensmittel, denn in Österreich vertraut man regionalen Zutaten am meisten. Vor allem erntefrisches Gemüse und Obst wie Bärlauch, Spargel, Erdbeeren oder Marillen machen das Mittagessen im Jahresverlauf abwechslungsreich und bunt.“ Man pflege deshalb langfristige Partnerschaften mit den Lieferanten, „das kommt uns gerade bei dem manchmal begrenzten Angebot an Bio-Lebensmitteln derzeit zugute.“ Auch Gourmet ist „als Bio-Pionier seit 1997 zertifiziert“, so Fuchs weiter: „Wir setzen – wo immer es möglich ist – biologische Zutaten ein und zeichnen das auch gut sichtbar aus.“

Andreas Kabela, SV Group
Andreas Kabela, SV Group

Ganzheitlichkeit wird auch bei der SV Group groß geschrieben. Geschäftsführer Kabela: „Sehr viele Kunden und Gäste wünschen und begrüßen ein Gesamtangebot in allen Bereichen – von der Produktauswahl und –qualität über eine frische Zubereitung, gesunde Angebote, regionale Produkte bis hin zu  freundlichen, motivierten und kompetenten Mitarbeitern im Restaurant.“ Darauf werde strikt geachtet, denn „Caterer sind heute mehr als ‚Verpfleger‘. Unsere Restaurants sind Orte der Begegnung, der Kommunikation und der Erholung.“ Auch der Wunsch nach mehr regionalen Produkten wird bei der SV Group aufgegriffen. Denn gesunde, bedarfsorientierte Ernährung steht speziell in der Gemeinschaftsgastronomie immer mehr im Mittelpunkt, weiß Kabela: „In allen Marktsegmenten werden an den Dienstleistungsbereich hohe Ansprüche gestellt. Der Wunsch nach gesunder und ausgewogener Ernährung sowie nach entsprechenden Informationen zu den angebotenen Speisen ist groß. Rund 30 Prozent der verkauften Mahlzeiten sind bereits unsere so genannten ‚liveEasy‘-Gerichte.“ Zudem werde auch die Nachfrage nach vegetarischen Gerichten immer größer. Ganz besonders trendig: Front-Cooking. Kabela: „Wir laden unsere Gäste und Bewohner gerne ein, bei der Zubereitung der Speisen dem Koch über die Schulter zu schauen – im Business- wie auch im Care-Bereich. So kann gelebte Frische unmittelbar vermittelt werden.“

Peter Edelmayer, Dussmann
Peter Edelmayer, Dussmann

In Richtung „leichtere Speisen“ (Gemüse, Nudelgerichte, Fisch, Salatkombinationen) und weg von der Hausmannskost geht es für Dussmann-Chef Edelmayer: „Verzichteten 2005 lediglich 2,9 Prozent der Österreicher auf Fleisch, so sind es heute bereits 9 Prozent der Bevölkerung, die sich vegetarisch oder vegan ernähren – unter den unter 40-Jährigen sind es sogar 17 Prozent“, weiß der Dussmann-Chef. Auf die zunehmende Flexibilität bei der Ernährung in Betriebsküchen reagiert man auch bei Dussmann mit speziellen Menülinien für Unternehmen wie z.B. für Infineon. Edelmayer: „Die veganen Gerichte werden sehr positiv angenommen, daher wird ab sofort ein Tag pro Woche bei Infineon zum veganen Genusstag.“ Neu bei Dussmann ist die digitale Bestellmöglichkeit. Edelmayer: „Hier schätzen die Gäste besonders die Kurzfristigkeit: Mit ‚Necta‘ können die Gäste rasch und einfach über das Internet ihre Wunsch-Menüs bis zu zwei Wochen im Voraus reservieren. Entsprechende Apps gibt es für Smartphones. Bereits jetzt werden Erweiterungen des Bestellsystems vorbereitet.“

Gesundheitsfördernde Einstellung

Diese Trends werden sich in den kommenden Jahren noch verstärken, sind sich die Dienstleister einig. Die Voraussetzung dafür sei jedoch eine gesundheitsfördernde Einstellung der Auftraggeber und auch die Bereitschaft, für die gesunde Ernährung der Mitarbeiter einen etwas höheren Einstandspreis zu bezahlen. Das Pauschalurteil „je spezieller, desto teurer“ gilt nicht immer, ist Dussmann-Chef Edelmayer überzeugt: „Meist reicht es, von Convenience auf Eigenproduktion umzustellen und einige Komponenten wegzulassen, um gesündere Speisen zu erhalten. Beim Einsatz von speziellen Lebensmitteln z.B. biologisch hergestellte Zutaten oder Waren regionaler Hersteller, erhöht sich jedoch in der Regel der Wareneinsatz um bis zu 35 Prozent.“ Wie soll man unter diesen Bedingungen zu wirtschaftlich tragbaren Aufträgen kommen? Gourmet-Boss Fuchs meint, das Wichtigste sei, den Kunden zuzuhören, um das für ihn maßgeschneiderte individuelle Angebot zu finden: „Mit Standardkonzepten punktet man sicher nicht. Und es geht um weit mehr als um einen guten Mittagstisch. Wichtig sind auch die Dienstleistungen rund ums Essen, von der Online-Bestellung, über das Abrechnungssystem, das Frühstücksangebot, bis zum Bereitstellen von gut ausgebildetem Personal.“ Das bestätigt auch Dussmann-Geschäftsführer Edelmayer: „Auftraggeber wollen an ihren Betrieb individuell angepasste Verpflegungskonzepte, die für die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe maßgeschneidert sind – z. B. für Arbeitnehmer, Schüler, Patienten. Weitere Vorgaben betreffen festgelegte Zeitfenster, unterschiedliche Ausgabesituationen oder Schichtverpflegung. In Reha- und Gesundheitseinrichtungen sind natürlich diätologische und Spezialnahrung ein wichtiger Punkt. Diese Einrichtungen legen auch besonderen Wert auf die Verwendung von regionalen und Bio-Produkten, Convenience-Produkte sollen so wenig wie möglich eingesetzt werden.“ Weitere wichtige Kriterien seien außerdem die nachweisliche Einhaltung der HACCP-Vorschriften, die qualifizierte Ausbildung der Mitarbeiter und die Erfahrung des Unternehmens. Bestellmöglichkeiten über Apps und Schnittstellen zu internen Abrechnungssystemen des Kunden werden immer mehr zur Selbstverständlichkeit, blickt Edelmayer in die Zukunft. Und mitarbeiterfreundliche Menüpreise sind ohnehin Voraussetzung und oft auch Thema bei Gesprächen mit dem Betriebsrat des Unternehmens.

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