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Anforderungen an das Catering: Individuell. Gesund. „Nachhaltig”. Aufregend. Mundgerecht. Und: Billig!

Die heimische Catering-Industrie spürt die Krise, lernt aus der Krise: Während einerseits das große Kürzen bei Sozialleistungen in den belieferten Unternehmen en vogue ist, finden dennoch innovative Bewirtungskonzepte Einzug in Kantinen, (neue) Schulen und auch Gesundheitseinrichtungen. Und: Vordem ausschließlich auf Catering spezialisierte Unternehmen wie Eurest und Sodexo sind zum Full Service FM-Dienstleister geworden. Ein Streifzug.

Text: Markus Zwettler

Preisdruck, Kostendruck, fallende Margen: Recession Blues auch in der Catering-Industrie. Wenn Eurest – Österreichs größter Frischküchen-Betreiber – mit rund 1.000 Mitarbeitern täglich 45.000 Gerichte serviert, stehen dem vielfach härtere Verhandlungen gegenüber, wenn es ums Bezahlen geht. Jürgen Versluis, Verkaufs-Chef bei Eurest, spricht von sinkenden Sozialleistungen in den Unternehmen: „Selbst wenn der Anteil der Catering-Kosten an den Gesamtkosten meist nur marginal ist – in der Krise wird in diesem Bereich zuerst gespart.“ Dabei, so Versluis, wäre gerade ein vernünftiges Mittagessen ein ausgezeichnetes Rezept, um die Mitarbeiter-Motivation hoch zu halten. Nennen wir es einen ersten Trend: GUTES ESSEN TROTZ SCHLECHTER KONJUNKTUR.

Stehen auf der einen Seite sinkende Margen, so kann Versluis andererseits ein „starkes Neukundenwachstum“ verbuchen: Beliefert werden von Eurest nun auch fünf Standorte der Telekom Austria, 1.500 bis 2.000 Menüs werden täglich in Kundl bei Sandoz zubereitet – als Separat-Leistung zum von ISS übernommenen Full Service FM, über das uns Sandoz nicht berichten lässt. Besonders stolz ist Versluis darauf, auch einige Schulen, etwa die Vienna International School, als Neukunden gewonnen zu haben: „Ab Oktober werden wir zudem der erste private Caterer sein, der eine heimische Universität bewirtet – eine 3.000 m2 große Frischküche mit direkter Verbindung zum Hörsaalzentrum wird von uns derzeit am neuen WU Campus in Wien fertig gestellt.“ Dass er hier die Dominanz der Mensen brechen konnte, sieht er mit Befriedigung: „Der Begriff ,Mensa‘ ist extrem negativ besetzt. Wir sind angetreten, um das zu ändern. Mit Qualität.“ Soll heißen: Frische Pasta à la minute – vor den Augen zubereitet – statt Massenabfertigung an der Uni. Daher, Trend II: DIE MENSA BEKOMMT NIVEAU.

Vitalkost: Bescheidener Zuspruch an den Schulen

„Im schulischen Bereich stehen wir am Anfang der Entwicklung in Richtung gesündere und vitaminreichere Kost, die Akzeptanz durch die Schüler ist jedoch noch verhalten. Vorgaben durch die zuständigen Ministerien weisen aber bereits den Weg“, sagt Peter Edelmayer, Chef von Dussmann Service Österreich. Zugleich, ist dieses Catering-Segment ein extrem preisdominiertes: „Das Beste für das Kind – aber keinen Cent teurer.“

Öffentliche Schulen und Kindergärten lassen infrastrukturbedingt in der Regel nur Cook & Chill bzw. Cook & Freeze, aber keine Frischküchen zu. Auf diese nicht vor Ort zubereiteten Speisen hat sich die Gourmet Gruppe spezialisiert, die aus ihren beiden Großküchen in
Wien und St. Pölten 1.800 Kindergärten und Schulen beliefert – nebst 120 Senioreneinrichtungen sowie 2.500 Unternehmen und Business-Restaurants. Neu ist bei Gourmet, dass sich Kinder und Jugendliche ihr Mittagessen nun bei einem Free-Flow-Buffet selbständig aus zwei Menülinien zusammenstellen können. „Erste Erfahrungen zeigen, dass die Kinder dadurch mehr neue Speisen ausprobieren und lernen, auf ihr Hunger-Sättigungs-Gefühl zu hören“, so Herbert Fuchs, Geschäftsführer der Gourmet Gruppe. Die Rezepturen weisen dabei besonders geringen Salzgehalt auf, dafür ist der „Bio“-Anteil mit 40-50 umso höher.

Neben Gourmet mischen auch Sodexo, Contento und Dussmann in der Schulverpflegung mit – letztere beliefert etwa alleine in Wien mehr als 40 Ganztagesschulen. Für 250 Kärntner Kinder in Krabbelstuben, Kindergärten und Volksschulhorten in Velden, Schiefling und Villach kocht Dussmann seit diesem Schuljahr Menüs aus rein biologisch produzierten Lebensmitteln. In Kindergärten und Schulen seien aufgrund dieses Angebots vermehrt Anfragen zu verzeichnen – für Eltern sei eine entsprechende Verpflegung immer öfter ein Entscheidungsgrund für oder gegen einen Einrichtung. Daher, Trend III: BIO-KOST FÜR DIE KIDS – ZUM MINI-TARIF.

Regionalität ist Trumpf

Jürgen Versluis
Jürgen Versluis: „Der Bio-Trend ist durch den Regionalitäts-Trend abgelöst worden.“ © Eurest

Den „Bio-Hype“ sieht Versluis indessen bereits wieder am Abklingen: „So gut wie alle Ausschreibungen verlangen mittlerweile einen sehr hohen Anteil an regionalen Produkten. Der Bio-Trend ist also durch den Regionalitäts-Trend abgelöst worden.“ Auch so noch eine Herausforderung für die Caterer: Einerseits sollen – in der Regel teurere – Lebensmittel aus dem Umland verwendet werden, andererseits sollen sie zugleich möglichst billig sein. Edelmayer spricht von einem um bis zu 35 Prozent höheren Wareneinsatz bei der Verwendung von Bio- oder Regionalprodukten. Einigermaßen akzeptable Preise lassen sich daher nur noch als Großeinkäufer erzielen: „Bei regelmäßiger Zertifizierung der Zulieferer und ,Mystery Shopping‘ in den eigenen Betrieben.“ Jedenfalls, Trend IV: DIE ÖSTERREICHER WOLLEN WISSEN, WOHER IHR ESSEN KOMMT.

Synergien mit dem FM nutzen

Im Sodexo-Konzern versucht man sogar,  Ressourcen global so zu bündeln, um ohne Mehrkosten „nachhaltigere“ Lebensmittel anbieten zu können. Bestandskunden von Sodexo – zu den rund 100 Unternehmen gehören etwa sechs Baxter-Standorte, drei ORF-Standorte, das Bundeskanzleramt, die Wiener Stadtwerke und Boehringer Ingelheim – werden automatisch auf diese „nachhaltige Küche“ umgestellt. Abseits dessen will Sodexo mit weiteren Service-Bündelungen punkten. Bei Alcatel Lucent Austria etwa werden bereits seit einem Jahr nicht bloß 450 Mitarbeiter verpflegt, sondern auch die Reinigung, das Security sowie die Haustechnik betreut.

Generell seien die Synergien zwischen Catering und zahlreichen anderen FM-Dienstleistungen sehr hoch, sagt Menno Arie Jan de Wagt, Director bei Eurest Services. Ja, Eurest bietet auch vollständig integrierte FM-Dienstleistungen an: 31 Full-Service-Accounts betreut die 123 Mann starke FM-Truppe von Eurest mittlerweile in Österreich. Dieses integrierte FM beinhaltet nicht zuletzt die gesamte Verrechnung aller Dienstleistungen – also neben dem Catering auch alle Maintenance-Kosten, die Rezeption, die Personalbereitstellung u.v.m. – wobei eine Open-Book-Policy die Regel ist. „Je nach Bereitschaft der Unternehmen sind auf diese Art Einsparungen von bis zu zehn Prozent durchaus möglich“, sagt de Wagt. Praktisch stellt Eurest bei diesen Full-Service-Verträgen entweder einen eigenen Facility Manager zur Verfügung oder unterstützt die interne FM-Crew. Trend V: CATERER WERDEN FULL-SERVICE-PROVIDER.

Kommunikation ist Trumpf

Peter Edelmayer
Peter Edelmayer: „Nach wie vor sehen es Krankenhäuser als ihre Kernkompetenz an, Verpflegung anzubieten. Dem steht jedoch ein immer höher werdender Kostendruck gegenüber. Gesetzliche Bestimmungen wie jene für Personalübernahmen bei Betriebsübergängen bzw. politische Widerstände spielen uns hier nicht gerade in die Karten.“ © Dussmann

Im Business-Bereich werden in den Kantinen nach wie vor sehr häufig Wiener Schnitzel oder Berner Würstel serviert. „Generell müssen sich jedoch die Angebote immer nach den Ernährungsgewohnheiten der Gäste richten und mehrheitsfähig sein. Der Wunsch nach ausgewogenen und ,gesund’ zubereiteten Speisen ist groß. Im Business-Bereich werden in den SV Personalrestaurants daher auch klassische Gerichte kalorienärmer und gesünder zubereitet. Im Care Bereich bedeutet dies, dass eine Rindsroulade als Fingerfood oder fein pürierte Speise zubereitet genauso schmeckt wie eine klassisch zubereitete Rindsroulade“, so Anita Preiner, Marketing Director der SV Group in Österreich. Das Pauschalurteil „je spezieller, desto teurer“ gilt beim Menü-Design nicht immer, so Edelmayer: „Meist reicht es, einige Komponenten wegzulassen, um gesündere Speisen zu erhalten.“ Jedenfalls: „Entscheidend ist ein Konzept, das auf die betreffende Küche und die Anforderungen des Kunden individuell abgestimmt ist.“

Ein solches Feintuning hat die SV Group mit ihrem „liveEasy Plus Menü“ etwa für Raiffeisen Capital Management durchgeführt. Dabei wird die Hauptmahlzeit durch eine Suppe bzw. einen Salat und ein Dessert oder einen Vital Shake so ergänzt, dass etwa 1/3 des täglichen Bedarfs an Kohlenhydraten, Eiweiß, Fett, Vitaminen und Mineralstoffen abgedeckt wird. Praktisch heißt das: Rindssuppe mit hausgemachten Dinkel-Vollkornfrittaten, Kalbsragout Marengo mit Vollkornspätzle und gelben Fisolen und als Nachtisch frischer Weichsel-Milchreis.

Im „space2eat“ des neuen Wiener Bürocenters „space2move“ geht die SV Group noch einen Schritt weiter: Hier können Gäste ihr Menü am Counter „selber komponieren“ – es wird sodann vor ihren Augen zubereitet. Ein neues Personalrestaurant betreibt die SV Group seit einigen Monaten auch im Raiffeisen-Zubau am Donaukanal. Insgesamt verzeichnete die SV Group 2012 rund 17.500 Konsumationen pro Betriebstag, 2.000 mehr als im Jahr davor.

Variantenreich auch die Gourmet Gruppe: Laktose- oder glutenfreie Speisen stehen hier ebenso am Speiseplan wie vegetarische und schweinfleischfreie Küche, Speisen mit wenig Kalorien, aber auch XXL-Portionen für Schwerarbeiter. Speziell für Schichtarbeiter bietet Gourmet seit kurzem innovative Tiefkühl-Automaten an, die Platz für 36 Hauptspeisen und 28 Suppen bietet und warmes Essen rund um die Uhr ermöglicht.

Ob Vitalkost, abwechslungsreiche Menüführung oder ein höherer „Spaßfaktor“ in der Kantine: Voraussetzung für den Erfolg all dieser Konzepte ist die Abstimmung und Kommunikation mit allen Beteiligten. Ein gut geschultes Catering-Team sorgt sodann für den „Wohlfühlfaktor“, „indem die Mitarbeiter auch zu einem gewissen Grad ,Entertainer‘ sind sowie IT und Englisch können“, so Vers­luis. „Innovative Ernährungskonzepte müssen immer einen unmittelbaren Mehrwert bringen“, so Preiner. Spezielle Angebote dürfen sich also nicht durch den Preis auszeichnen, sondern durch die Innovation. Allerdings: Eine auf 3.000 Essen am Tag ausgerichtete Frischküche, wie sie etwa Eurest in der Wiener Siemens City betreibt, lässt sich nicht überall etablieren. Und je kleiner die zu versorgende Belegschaft, desto höher die Fixkosten: „Samt ‚Nebengeräuschen‘ wie Reinigung, Personal etc. ist mit 5-15 Euro je Mahlzeit bei wenigen Mitarbeitern zu rechnen“, so Versluis. Hinzu kommt: Je nach Höhe der Stützung – und der Qualität des Essens – werden Betriebskantinen nur von 45-55 Prozent der Belegschaft tatsächlich frequentiert. Trend VI: DAS FEINTUNING DER MENÜFÜHRUNG.

Häppchenweise im Care Catering

Das Gesundheitswesen ist indessen noch weitgehend ein geschlossener Bereich. Warum? In Krankenhäusern sind meist doppelt so viele Küchenmitarbeiter beschäftigt, wie ein Caterer brauchen würde – und diese zu bestehenden Löhnen zu übernehmen, ist wenig attraktiv. Trotz des vielen Personals: Die wenigsten Hospitäler können mit der Herausforderung, die Ernährung an ein bestimmtes Krankheitsbild anzupassen, umgehen. Der Anspruch an eine patientenspezifischere Verpflegung könnte also mittelfristig für eine Marktöffnung sorgen. Umgekehrt stellt sich etwa in Wien der KAV im Zuge der Spitalsneubauten derzeit neu auf – und investiert viel Geld in eigene Großküchen. „Langfristig werden vermutlich die Maastricht-Kriterien für eine Marktöffnung sorgen“, meint Versluis, „öffentliche Spitalsbetreiber werden dann die finanziellen Möglichkeiten für eigene Investitionen nicht mehr haben, private Caterer werden einspringen müssen.“ Eurest hat im Care Catering den jüngsten Neuauftrag von der Reha-Klinik in Gars am Kamp erhalten.

[quote]Ein Menü für alle, wie es vielerorts noch angeboten wird, entspricht weder dem Wunsch der Gäste nach Individualität beim Essen noch den realen Anforderungen des Alltags. Herbert Fuchs, Gourmet Gruppe[/quote]

Starkes Wachstum im Care-Catering demonstriert insbesondere die SV Group: Etwa mit dem ersten Catering-Mandat für ein Krankenhaus (jenes in Kittsee der Burgenländischen Krankenanstalten GmbH) sowie fünf weiteren Pflege- und Sozialzentren von SeneCura (Ternitz, St. Margarethen, Stainz, Vasoldsberg, Unterpremstätten). Der Caterer ist damit mittlerweile für die Verpflegung von 34 Sozialzentren von SeneCura verantwortlich. Samt bedarfsgerechter Ernährung: Neben Finger Food bietet die SV Group in den betreuten Senioren- und Pflegeheimen „fein pürierte Speisen in Form gebracht“ für Bewohner mit Kau- und Schluckbeschwerden an. Dysphagiekost (Breikost), kalorienreiche Kost bei Mangelernährung sowie Spezialspeisen für Dialysepatienten und Diabetiker sind vier von insgesamt 17 verschiedenen Kostformen, die GOURMET in Geriatriezentren serviert.

Dussmann wiederum ist stolz auf die Auszeichnung „Grüne Küche“ von „Styria Vitalis“ und dem Land Steiermark für die betriebene Krankenhausküche der Barmherzigen Brüder Graz. Sodexo und Simacek sind im Gesundheitsbereich schon lange etabliert – übernehmen hier aber primär Reinigungs-, Logistik-, Sterilisations- sowie Sicherheitsaufgaben. Speziell auf den Küchenbetrieb in Krankenhäusern und die dortige Speisenverteilung und Geschirrreinigung hat sich Simacek mit der Eigenmarke „Contento“ spezialisiert. Aktuell betreut Contento 14 Krankenanstalten in Österreich – etwa das Grazer GGZ –, wobei teilweise bis zu 20 verschiedene Kostformen täglich pro Mahlzeit angeboten werden. Eine vermehrte Nachfrage kann Contento im Care Catering aber derzeit nicht vermelden. Trend VII: BEDARFSGERECHTES ESSEN IST MÖGLICH – GESCHÜTZTE WERKSTÄTTEN IN DEN HEIMISCHEN SPITÄLERN VERHINDERN SIE WEITERHIN.


Die Top-Gerichte der Caterer

Trotz Vital-Linien und Bio-Hype: Die am meisten nachgefragten Gerichte in den heimischen Personalrestaurants sind Wiener Schnitzel, Cordon bleu – und mittlerweile auch Kebab. Bei der SV Group ist auch das „liveEasy-Gericht“ beliebt: Putenschnitzel mit Bärlauchfülle, Frühlingsgemüse und cremiger Polenta. Wenn Dussmann im Frühling Gerichte mit Bärlauch, Kresse, Spargel, Frischkäse und verschiedenen Sprossen in allen Kombinationen mit Fisch, Fleisch und in vegetarischer Form anbietet, so kommt das durchaus an. Aber auch hier: Die „Klassiker“ wie Schnitzel, Spaghetti Bolognese, Berner Würstel, Faschierter Braten, Schweinsbraten oder Reisfleisch stehen nach wie vor ganz oben auf dem Speiseplan. Bei Eurest findet die Vitallinie „Balanced Choices“ (max. 650 kcal je Hauptmahlzeit) immerhin bei einem Drittel der Gäste Zuspruch. Im Angebot hat Eurest aber auch eine „Fünf-Elemente-Küche“, wartet mit Sushi- oder Kebap-Meistern auf, kocht mit Woks und bietet Thai-Wochen, Kräuter-Wochen oder „Oma’s Küche“. „Regionale Küche“ bedeutet für Contento, dass in Wien neben dem Schnitzel auf Tafelspitz, Zanderfilet, Pasta und Wiener Süßspeisen gesetzt wird; wohingegen im Burgenland und der Steiermark eher Kraut und Topfenstrudel, Sterz in jeder Art, Backhuhn sowie Gerichte mit Kernöl und Kürbis am Menüplan stehen. In Salzburg wiederum gibt es bevorzugt gebackene Leberknödel, Kaspressknödel in Suppe oder mit Kraut sowie Wildgerichte und Kasspatzen – und in Kärnten: Ritschert, Kasnudel und Reindling.


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