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Reinigung – Umwelt – Nachhaltigkeit

Teil 2: Europäisches Umweltzeichen

Seit über 50 Jahren sind die Umweltauswirkungen von Wasch- und Reinigungsmitteln ein immer wiederkehrendes Thema. Die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften wurden laufend verschärft, so dass in Europa nun ein hohes Niveau an Umweltverträglichkeit erreicht wurde. Daher erhebt sich die Frage, wo noch weitere Verbesserungen ökologischer Eigenschaften möglich sind. Bei der werblichen Auslobung besonders umweltfreundlicher Rezepturen tauchen dabei immer wieder zwei Argumente auf: die Verwendung nachwachsender Rohstoffe als Beitrag zu Ressourcenschonung und Klimaschutz, und die Zertifizierung nach rechtsverbindlich festgelegten Umweltstandards. Wobei in der EU in erster Linie das Europäische Umweltzeichen maßgeblich ist. Von Dr. Bernd Sonnberger.

Dr. Bernd Sonnberger ist Dipl. Chemiker bei BUZIL-WERK Wagner GmbH & Co. KG, Memmingen (D)

Beim Thema „nachwachsende Rohstoffe“ geht es im Zusammenhang mit Wasch- und Reinigungsmitteln in erster Linie um pflanzliche Öle und Fette, aus welchen alternativ zum Erdöl die für alle Reinigungsprozesse wichtigsten Bestandteile – Tenside – gewonnen werden können. Die zur Zeit mengenmäßig bedeutsamsten Rohstoffpflanzen sind die nur in den Tropen gedeihenden Palmenarten Öl- und Kokospalme und, neben Raps und Sonnenblume, die auch in gemäßigten Breiten kultivierbare Sojabohne. Ein einfacher Mengenvergleich der Weltproduktion an Erdöl und pflanzlichen Ölen und Fetten zeigt allerdings, dass letztere keinen wirklichen Beitrag zu Ressourcenschonung und Klimaschutz leisten können. Eine hypothetische Verdoppelung ihrer als Chemierohstoff genutzten Produktionsmengen würde lediglich einem Beitrag zur Ressourcenschonung leisten, der sich bereits durch Einsparung von nur etwa 1% des zur Zeit zur Energiegewinnung verbrannten Erdöls erreichen ließe. Dazu kommt, dass der Anbau nachwachsender Rohstoffe prinzipiell mit der Nahrungsmittelerzeugung konkurriert und insbesondere in den Tropen oft mit erheblichen ökologischen Folgeschäden verbunden ist.
Für Reinigungsmittel lässt sich eine über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende Umweltverträglichkeit durch eine Zertifizierung mit dem Europäischen Umweltzeichen nachweisen. Diese erfolgt anhand von auf Kommissionsebene für genau definierte Produktgruppen erarbeiteten und rechtsverbindlich veröffentlichen Vergabekriterien. Für die professionelle Reinigung die größte Bedeutung hat die Produktgruppe „Allzweck- und Sanitärreiniger“. Der Begriff Allzweckreiniger umfasst dabei sehr weit alle zur normalen Reinigung harter Oberflächen im Innern von Gebäuden bestimmten Produkte.

Erdöl

Native Öle und Fette

Förderung bzw. Produktion 3,9 Mrd. t 0,16 Mrd. t
– davon Verwendung zur Energiegewinnung 3,5 Mrd. t 0,01 Mrd. t
– davon Verwendung zur Ernährung 0,13 Mrd. t
– davon Verwendung als chemische Rohstoffe 0,4 Mrd. t 0,02 Mrd. t

Das Konzept des Europäischen Umweltzeichens für Allzweckreiniger beinhaltet neben dem Ausschluss oder der Beschränkung einer ganzen Reihe ökologisch und gesundheitlich bedenklicher Inhaltsstoffe eine strikte Begrenzung der durch das zertifizierte Produkt hervorgerufenen Gewässerbelastung. Die mit der Anwendung eines Wasch- und Reinigungsmittels unvermeidlich verbundene Gewässerbelastung wird anhand einer mathematischen Berechnungsformel aus der biologischen Abbaubarkeit und der Giftigkeit für Wasserorganismen (Ökotoxizität) der enthaltenen Inhaltsstoffe berechnet. Der resultierende Zahlenwert, das sog. „Kritische Verdünnungsvolumen (KVV)“, bezeichnet das Volumen, auf welches eine Anwendungslösung verdünnt werden muss, um in Gewässern keine Schadwirkungen mehr hervorzurufen. Dadurch wird erreicht, dass in zertifizierten Produkten nur gut abbaubare und/oder für Wasserorganismen wenig giftige Inhaltsstoffe zum Einsatz kommen. Deren Herkunft (aus Erdöl oder nachwachsenden Rohstoffen) spielt dabei keinerlei Rolle. Maßgeblich sind ausschließlich die Ökotoxizität und die biologische Abbaubarkeit, hinsichtlich derer zwischen synthetischen und auf pflanzlichen Rohstoffen basierenden Inhaltsstoffen ohnehin schon lange keine herkunftsbezogenen Unterschiede mehr existieren.
Bisher noch nicht richtig in das Bewusstsein des professionellen Anwenders vorgedrungen ist die Tatsache, dass neben der Umweltverträglichkeit der Nachweis der Gebrauchstauglichkeit ein zentrales Kriterium des Europäischen Umweltzeichens darstellt. Ein Produkt, das nicht nachweislich die gleiche Leistungsfähigkeit aufweist wie ein konventionelles Vergleichsprodukt, ist nicht zertifizierungsfähig. Neben diesem eher unnötigen Hindernis steht auch die begrenzte Verwendbarkeit von Duftstoffen einer weiteren Verbreitung des Europäischen Umweltzeichens entgegen. Etherische Öle erfüllen in der Natur bestimmte Funktionen (Schutz von Pflanzen vor Fraßfeinden, Konservierung von Samen und Früchten), die nur durch spezifische biochemische Eigenschaften wie Giftigkeit und verzögerten biologischen Abbau ermöglicht werden. Viele natürliche wie synthetische Duftstoffe sind daher chemikalienrechtlich als „Umweltgefährlich“ eingestuft und besitzen zudem wegen ihres chemischen Aufbaus sensibilisierende Eigenschaften, so dass sie in mit dem Europäischen Umweltzeichen zertifizierten Produkten nicht eingesetzt werden dürfen. Da in der Unterhaltsreinigung die Beurteilung eines Reinigungsergebnisses in gleichem Maße wie von der objektiv erzielten Sauberkeit von dem damit verbundenen subjektiven Dufterlebnis abhängt, ziehen Abstriche an den Duft auch bei einem professionellen Reinigungsmittel nicht unerhebliche Akzeptanzprobleme nach sich.

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