Fachkräftemangel auch in Deutschland?

Ja, auch bei uns in Deutschland.

Karl Heinz Rohrwild
Karl Heinz Rohrwild

In Deutschland herrscht beinahe Vollbeschäftigung. Dennoch ist es in vielen Ballungsräumen und Tourismusbereichen sehr schwer, Personal zu finden. Verbunden mit dem demographischen Wandel, führt dies derzeit gerade in unserer Branche zu Personalengpässen.
Es stellt sich die Frage, ob die Arbeit in unserem Berufsfeld attraktiv für unsere Mitarbeiter ist. In unserem Unternehmen pflegen wir die Tradition einer Jubilarfeier. Unsere Arbeitsjubilare werden ausgezeichnet für 10, 25, und 40 Jahre Berufstätigkeit – jedes Jahr ca. 180 Arbeitsjubilare, und diese Zahl zeigt, wie hoch die Bindung und damit wohl auch die Attraktivität ist.

Was macht die Attraktivität der Arbeit als Reinigungskraft aus? Das Arbeitsspektrum umfasst höchst unterschiedliche Anforderungsprofile. Zwar ist die Unterhaltsreinigung nicht das, was in der Außenwirkung den höchsten Stellenwert hat, aber ich denke trotzdem, das jeder von uns in seinem häuslichem Umfeld das eine oder andere Mal schon gereinigt hat und sich dafür nicht zu schade war. Warum also wird es bei unseren Reinigungskräften dann als geringwertig angesehen?

Oft sind es die Lebensumstände, möglicherweise ein sogenannter schlechter Schulabschluss, der einen zwar handwerklich geeigneten und womöglich auch im Umgang mit Menschen gut veranlagten Mitarbeiter nicht weiter kommen lassen. Viele Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder zu lange aus dem erlernten Beruf heraus gerissen waren,  finden oft schwer wieder in das sich schnell wandelnde Anforderungsprofil ihrer alten Beschäftigung zurück. Bei anderen ist es schlichtweg das Alter, denn manchmal ist man heute schon mit 40 Jahren beinahe zu alt für den Wiedereinstieg in manche Berufsfelder. All dies ist in der Gebäudereinigung beim Gros unserer Arbeitnehmerschaft oft der Fall.
Unser großer Vorteil, unsere Attraktivität ist, dass wir auch Teilzeitstellen bieten, die z. B. die Kindererziehung und das Arbeitsleben miteinander vereinen.
Andererseits soll und muss Mensch von seiner Lebensleistung auch im Alter vernünftig leben können. Das bedeutet in unserer Branche, dass die sogenannten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse auch wiederum einen Anachronismus darstellen. Nicht nur, dass unsere Arbeitnehmer bei den immer noch häufig geforderten Arbeitsplatzbedingungen in Ausschreibungen keine oder wenig Rentenansprüche erwerben, vielmehr schränkt dieses Modell die Möglichkeiten der zeitlichen Arbeitsplatzgestaltung enorm ein. Statt fünf geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse könnten zwei attraktive Arbeitsplätze gestaltet werden, in denen die Reinigungskräfte auch gutes Geld verdienen und sich der Weg zur Arbeitsstätte im Verhältnis zur Arbeitszeit auch wirklich lohnen würde.

Natürlich gehört zur Attraktivität auch gute Arbeitskleidung, gutes Arbeitsmaterial, gerechte und rechtzeitige Entlohnung, wie auch der respektvolle Umgang miteinander. Denn es heißt schließlich „Mitarbeiter“ und nicht „Unterarbeiter“ oder „Gegenarbeiter“. Man leistet gemeinsam etwas, und es sind die Reinigungskräfte, die letztlich dem Namen ihres Unternehmens bei den Kunden täglich den Glanz geben, den er haben sollte. Sie erfüllen täglich das Versprechen, das ein Verkäufer gegeben hat.
All dessen sollten wir uns bewusst sein, wenn wir um Mitarbeiter werben, und wir dürfen auch die Herausforderungen der Zukunft – der Arbeitswelt 4.0 – nicht außer Acht lassen. Hier wird sich vieles verändern, wir können es gestalten. Attraktiv auch für unsere Reinigungskräfte oder wie immer wir sie dann in Zukunft nennen werden. Die Arbeitsanforderungen und Arbeitsspektren werden sich verändern und erweitern und wir sollten sie aktiv und attraktiv gestalten.
Mit einem „weiter so“ wird dies aber nicht gelingen. Wir müssen auf allen Ebenen unserer Unternehmen neue Gedanken und Wege suchen, und das bedeutet neue Anforderungsprofile in vielen Bereichen der Dienstleistungen in und um das Gebäude herum. Lassen Sie uns gestalten.


Karlheinz Rohrwild ist Geschäftsführender Gesellschafter der Dorfner Gruppe


kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

neueste beiträge