Sind wir bereit?

Wie erleben Reinigungsunternehmen die Suche nach Reinigungskräften? Und welche Chancen sehen sie in diesem Bereich für anerkannte Flüchtlinge – auch in ihrem eigenen Unternehmen? Reinigung aktuell bat um Statements dazu.

Bei uns haben alle die gleiche Chance

Mag. Gerlinde Tröstl
Mag. Gerlinde Tröstl, Markas

„Reinigungskräfte zu finden – das ist von Region zu Region sehr unterschiedlich. Auch wenn wir in unserer Branche häufig vor allem mit dem Gastgewerbe um BewerberInnen konkurrieren müssen, haben wir uns Strategien zurechtgelegt, um bei der Suche nach Arbeitskräften gut zurecht zu kommen. In dem Bewusstsein, dass unsere MitarbeiterInnen ausschlaggebend für die Qualität unserer Dienstleistungen sind, haben wir sehr viel in die Aus-und Weiterbildung und die Zufriedenheit unserer MitarbeiterInnen investiert. Dadurch konnten wir uns am Arbeitsmarkt einen sehr guten Ruf erarbeiten, der wiederum die Tatsache kompensiert, dass wir als Reinigungsunternehmen aufgrund der engen Margen kaum die Möglichkeit haben, Löhne über dem Kollektivlohn zu bezahlen.
Grundsätzlich glaube ich, dass es für ein Familienunternehmen wie Markas, das verstärkt in die Mitarbeiter investiert und einen Mehrwert bietet, leichter ist, Reinigungskräfte zu finden, als für viele unserer Konkurrenten. Wir haben es geschafft, uns am Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber zu etablieren, was uns eindeutig einen Vorteil verschafft.
Zur Frage der Chancen für Flüchtlinge, möchte ich erwähnen, dass bei Markas jede/r engagierte, fleißige und arbeitswillige Bewerber/in die gleichen Chancen hat, egal welcher Herkunft oder welchen Geschlechts. Als Dienstleistungsunternehmen haben wir bereits seit Jahren Erfahrungen mit Zuwanderern und verfügen über strukturierte Abläufe zur Aufnahme und Integration derselben in unser Unternehmen. Wir arbeiten beispielsweise bei all unseren Schulungen und Qualifikationsmaßnahmen verstärkt mit bildhafter Sprache und Piktogrammen, um sicherzustellen, dass alle unsere MitarbeiterInnen trotz eventueller Sprachbarrieren das gleiche Qualifikationsniveau erreichen. In Österreich beschäftigen wir derzeit Menschen aus über 50 Nationen. Viele von ihnen waren möglicherweise auch subsidiär Schutzberechtigte oder Asylberechtigte, als sie nach Österreich kamen. Im Bewerbungsprozess wird bei uns aber grundsätzlich nicht darauf geachtet, aus welchen Ländern BewerberInnen kommen oder ob sie einen Asylstatus haben. Ausschlaggebend ist einzig und allein, ob die Person für die Stelle geeignet ist und ob eine gültige Arbeitserlaubnis vorliegt oder nicht. Natürlich liegt es dann auch an uns, dafür zu sorgen, dass diese Mitarbeiter in Hinblick auf ihre Sprachkenntnisse so geschult werden, dass eine reibungslose Kommunikation mit dem Kunden gewährleistet ist. Grundsätzlich haben sogenannte Flüchtlinge bei uns also die gleiche Chance wie alle anderen und werden weder bevorzugt noch diskriminiert. Aus diesem Grund ist Markas sicherlich ein gutes Beispiel für gelebte Integration.“

Deutsch­kennt­nisse erste Voraussetzung

Viktor Wagner
KR Viktor Wagner, Reiwag

„REIWAG Facility Services ist in Österreich, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Kroatien und Serbien tätig. Bezogen in erster Linie auf den Großraum Wien: Die seit vielen Monaten ständig ansteigenden Arbeitslosenraten bringen mit sich, dass bei REIWAG sich täglich Menschen melden, die Arbeit suchen. Jene, welche über ausreichend Deutschkenntnisse verfügen, werden nach entsprechenden Interviews zur Erstschulung und zu einem Test eingeladen und danach, wenn die Tests und Schulungen erfolgreich ausgehen, aufgenommen und in weitere Schulungsprogramme integriert.
Ein wesentlicher Bestandteil der Beschäftigungsmöglichkeiten sind die Grundkenntnisse der deutschen Sprache, denn unsere Kunden verlangen, dass unsere Mitarbeiter ihre Arbeitstätigkeit auf Befragen erklären können, und im Zuge der Schulung ist Chemiekunde, Maschinenkunde und Anwendungstechnik ein wesentlicher Bestandteil der Tätigkeit. Dies muss verstanden und auch erklärt werden können!“

Positive Impulse für die Branche

Dr.Billasch
Dr. Alexander Billasch, Blitz Blank

„Als einer der führenden Anbieter für alle Arten von Reinigungsdienstleistungen mit rund 900 Mitarbeitern bekommt Blitz Blank naturgemäß viele Bewerbungen. Jedoch wird es zunehmend schwieriger, fachlich gute und gleichzeitig motivierte Reinigungskräfte zu finden.
Eines unserer Erfolgsmodelle ist die enge Zusammenarbeit mit dem AMS und Arbeitsstiftungen, denn für Blitz Blank sind qualifizierte Mitarbeiter mit Top-Know-how ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Erst kürzlich konnten wir auf diesem Weg eine verantwortungsvolle Stelle im Unternehmen besetzen: Merve Neziroglu hat nach 18 Monaten intensiver Ausbildung im 2. Bildungsweg ihren Lehrabschluss in Denkmal-, Gebäude- und Fassadenreinigung erfolgreich absolviert und ist nun bei Blitz Blank als Objektleiterin tätig. Das erfordert natürlich auch von Seiten des Arbeitgebers eine große Bereitschaft zur Investition in die Aus- und Weiterbildung – und dabei sprechen wir jetzt nicht alleine von den regelmäßig veranstalteten Deutschkursen für unsere Mitarbeiter.
Generell vertreten wir bei Blitz Blank die Philosophie, dass nur ein zufriedener Mitarbeiter ein treuer und zuverlässiger Partner ist und sich die Mitarbeiterzufriedenheit direkt messbar auf die Kundenzufriedenheit auswirkt. Diese Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit lässt sich auch daran ablesen, dass bei Blitz Blank bis zu drei Generationen von Familien als Mitarbeiter tätig sind. Diese Art der Weiterempfehlung innerhalb der Familie, bei Freunden und in der letzten Zeit nun auch vermehrt via Social Media ist ein weiteres Erfolgsmodell bei Blitz Blank, um fachlich top-qualifizierte und top-motivierte Mitarbeiter zu finden.
Zur Frage der Chancen für Flüchtlinge: Ein kurzer Blick auf die Namen der in der Reinigungsbranche tätigen Mitarbeiter – auch bei Blitz Blank – zeigt, wie viele ursprünglich unterschiedliche Nationalitäten hier unter einem gemeinsamen Dach einen Arbeitsplatz gefunden und erfolgreich miteinander zu arbeiten und zusammenzuleben gelernt haben. Ein Arbeitsplatz ist der beste Schlüssel für eine gelungene und nachhaltige Integration von asylberechtigten Flüchtlingen und auch gesellschaftlich relevant, um bspw. die Sozialaufwendungen zu minimieren.
Jedoch sind auch die Herausforderungen entsprechend groß, beginnend bei der Anrechnung von Ausbildungen bis hin zum raschen Erlangen von Sprachkenntnissen. Das ist eine Aufgabe, die Politik und Zivilgesellschaft sowie das AMS und Unternehmen wie Blitz Blank nur gemeinsam bewältigen können. Wir werden auch hier zukünftig unseren Beitrag leisten und sehen in der Reinigungsbranche für Asylberechtigte eine echte Chance, sich hier eine neue Existenz aufzubauen.
Viele asylberechtigte Flüchtlinge sind sehr motiviert, was der gesamten Branche positive Impulse geben kann – daher überlegt Blitz Blank gerade eine gemeinsame Initiative mit der Innung, um zukünftige Maßnahmen auf eine breite Basis zu stellen.“

Eine Chance für den Arbeitsmarkt

Matthias Herold
Matthias Herold, Dr.Sasse

„Die Suche nach Arbeitskräften auf dem österreichischem Markt ist regional unterschiedlich. Der Westen und Süden der Republik mit hohem Tourismusaufkommen stellt einen Reinigungsdienstleister vor große Herausforderungen. Im Osten stellt sich die Situation anders dar: Hier gibt es einen überschaubaren Personalpool, aber geringe Verbundenheit zum Dienstgeber. Dies spiegelt sich sowohl im Bereich von gering qualifizierten Mitarbeitern als auch im Bereich von Führungskräften wieder.
Zur Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt: Das braucht seine Zeit. Geringe berufliche Qualifikationen und fehlende Sprachkenntnisse verzögern diesen Prozess. Daher ist es logisch, dass der Einstieg dieser potentiellen Arbeitskräfte zuerst in den Berufsfeldern mit den geringsten Hürden stattfindet, und das werden vorwiegend unsere Branche oder die Gastronomie sein. Wir denken, dass hier ein Verdrängungswettbewerb stattfinden kann, in dem der eine oder andere Dienstgeber bestehende Stellen durch Migranten besetzt, die zwar nicht die gewünschte Qualifikation haben, aber unter Umständen besser motiviert und dem Unternehmen verbunden sind. Daher kann die Integration sehr wohl auch eine Chance für den Arbeitsmarkt und Dienstleistungsbewusstsein der Menschen in unserer Branche sein. Wir könnten uns die Integration in unserem Unternehmen vorstellen.“

Wir sind bereit

Michael Freitag
Michael Freitag, Service Solutions Austria

„Häufig spielt neben klassischen Rekrutierungsmaßnahmen auch die Empfehlung des eigenen Arbeitgebers eine zunehmende Rolle. Eine Entwicklung, die wir speziell im Reinigungsbereich beobachten und auch nutzen.
Die räumliche Nähe des Arbeitsplatzes zum Wohnort stellt eine große Erleichterung für viele ArbeitnehmerInnen dar, manchmal ist dies sogar eine Grundvoraussetzung für die Wahl eines Arbeitsplatzes. Wir sind in vielen Regionen Österreichs vertreten und bieten Bewerbern und Mitarbeitern ein attraktives Arbeitsmodell mit internen Weiterbildungsmöglichkeiten und flexiblen Arbeitszeiten. Das sind Faktoren, die einen Wiedereinstieg erleichtern.
Wir sind stolz darauf, dass bei Sodexo Österreich 66 unterschiedliche Nationalitäten zusammenarbeiten. In der gesamten D|A|CH-Region sind es sogar 100 Nationalitäten. So konnten wir in Deutschland auch bereits vereinzelt Flüchtlinge als Auszubildende einstellen. Auch in Österreich ist uns die Integration von Flüchtlingen ein Anliegen. Die Rahmenbedingungen hierfür müssen so schnell wie möglich geschaffen werden. Ausschlaggebend ist jedenfalls die regionale Arbeitsmarktsituation. Genau hier ist es wichtig, gemeinsam mit dem AMS eine Strategie zur Ausbildung und Integration zu schaffen. Sprachkurse und fachspezifische Schulungen sind definitiv notwendiger Bestandteil der Integration. Davon würden die Menschen, die sich für ein Leben in Österreich entschieden haben, und der österreichische Arbeitsmarkt gleichermaßen profitieren. Mit einem fixen Arbeitsplatz verbessert sich die Lebensqualität. Wir sind daher grundsätzlich bereit, gemeinsam mit dem Gesetzgeber und dem AMS Lösungen auszuarbeiten und damit unseren Beitrag zur sozialen Integration zu schaffen.“

 

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