Lackner

Da Hofer war’s

Der neue Geschäftsführer von Dr. Sasse Facility Management in Österreich kommt aus dem Lebensmitteleinzelhandel – vom Hofer.
Ein Gespräch mit Michael Lackner.

Text: Christian Wolfsberg

ReinigungAktuell: Warum der Wechsel in der Dr. Sasse GF?

Michael Lackner: In Ermangelung eines Nachfolgers ergab sich Mitte letzten Jahres eine Kaufoption von Schweiger & Partner. Matthias Herold hat sich dann entschlossen, selbst – mit Beteiligung von Dr. Sasse AG – als Gesellschafter einzusteigen. Bis Jahresende 2021 sind wir noch gemeinsam Geschäftsführer, Matthias Herold übergibt laufend und scheidet dann per Ende Dezember aus.

Sie kommen aus dem Lebensmitteleinzelhandel – auch eine Branche mit hartem Wettbewerb. Welche Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten finden Sie?

Lackner: Ich startete vor etwa 6 Jahren bei Hofer und war zuletzt 2 Jahre für die Gruppe (Aldi Süd) in Australien. Ich komme also vom drittgrößten Lebensmitteleinzelhändler in Österreich und bin nun bei einem mittelgroßen Reinigungsunternehmen. Der Unterschied der letzten sechs Monate aus meiner Sicht ergibt, dass beim Discounter (Hofer, Lidl etc.) alles bis ins kleinste Detail definiert ist. Ich habe bei Hofer ein 120 Seiten Handbuch bekommen mit allen Definitionen, Prozessen etc. Man sagt dort: Es gibt 10.000 Wege, etwas zu tun, aber nur einen besten! Dieses Strukturdenken, diese Konzern-Sicht führt dazu, dass alle Prozesse zuerst ganz genau definiert, minutiös festgehalten, auf höchstmögliche Effizienz geprüft und dann über die gesamte Organisation weltweit ausgerollt werden. Etwas von diesem Denken ins Facility Management zu Dr. Sasse Österreich zu bringen, also Prozesse festzuhalten und immer wieder zu optimieren, ist mir ein Anliegen. Die Parallelen zum Lebensmitteleinzelhandel sind, dass beide Branchen sehr umkämpft, sehr preisgetrieben sind, wobei mir der Umgang in der Reinigungsbranche deutlich kollegialer, wertschätzender erscheint. Generell neu für mich ist der sehr andere B2B Markt, wo nicht der Endkunde im Fokus steht, sondern eben andere Unternehmen. Auch neu für mich ist: Im Lebensmitteleinzelhandel in Österreich bestimmen 5 Unternehmen 95 % des Marktes. Die Reinigungsbranche hingegen ist viel breiter, viel diverser aufgestellt und es gibt sehr viele mittelgroße Unternehmen. Diese geringere Unternehmensgröße hat Folgen. Die Stichworte Digitalisierung, Prozessoptimierung etc. sind noch nicht so ausgeprägt, vielleicht auch aufgrund der zur Verfügung stehenden Kapazitäten. Bei den Riesen im Lebensmitteleinzelhandel werden einfach Teams für diese Aufgaben aufgestellt und die Resultate dann weltweit umgesetzt. Diese Strukturen sind in der Reinigung meistens nicht vorhanden. Es gibt keine ganze Abteilung für Digitalisierung. Veränderungen müssen innerhalb des Tagesgeschäfts erledigt werden. Es ist ein Mitstemmen und keine Delegierung an Spezialisten.

Und Unterschiede bezüglich Innovationsfreudigkeit?

Lackner: In der Lebensmittelbranche werden dem Endkunden, dem Konsumenten fertige Lösungen von oben herab präsentiert. In der Reinigung gibt es den Endkunden in dieser Form nicht, sondern andere Unternehmen, mit denen Lösungen erst gemeinsam, partnerschaftlich erarbeitet werden müssen. Daher finde ich, in der Reinigungsbranche muss man deutlich innovativer sein, vielschichtiger und flexibler Denken.

Formal ist die Reinigung Teil des Facility Managements. Es fühlt sich aber an, als wären Reinigung und FM zwei verschiedene Branchen, oder?

Lackner: Es wird – auch bei Dr. Sasse – so gehandhabt, als seien es zwei Branchen. Ich würde gerne noch den dritten Teil neben Infrastrukturellem und Technischem FM hinzufügen, das Kaufmännische. Das ist jener teil, den die Unternehmen, unsere Kunden nicht aus der Hand geben, denn dort liegt der strategische Teil. Die Ziele kommen derzeit vom Kunden, aber wir sollten viel mehr Partner werden. Wir sollten gemeinsam ein besseres Ergebnis erzielen und uns im Sinne des kaufmännischen FM auch die gemeinsam erarbeiten Einsparungen teilen.

Wie unterscheidet sich Dr.Sasse von etwa Engie?

Lackner: Engie ist, glaube ich, auch in der Errichtung involviert, aber natürlich viel stärker im Technischen FM verwurzelt. Das ist für uns in Österreich sicher noch eine Herausforderung. Hier sind wir noch sehr auf das Infrastrukturelle FM konzentriert. Es ist eben eine sehr vielschichtige Branche. Jeder pickt sich seine für sich passenden Teile heraus.

Was haben Sie vor?

Lackner: Wichtig ist nicht, mit allem auf einmal zu beginnen, sonst läuft man Gefahr, nichts zu Ende zu bringen! Wir wollen uns intern so aufstellen, das Wachstum leicht ermöglicht wird. Also: unsere Prozesse so ordnen, dass ein Skalieren (Wachstum) gut funktionieren kann. Die Basis für weitere Expansion zu legen. Und diese Expansion bedeutet wahrscheinlich Spezialisierungen; unsere Stärken auf- und ausbauen. Als Beispiel: im Gesundheitswesen, in der Industrie, der Reinraumreinigung. Überall dort, wo wir bereits jetzt eine hohe Kompetenz haben. Vielleicht auch, jene Ausschreibungen, wo wir einer von 30 Anbietern sind, auszulassen und uns auf unsere wirklichen Stärken zu fokussieren: Service-Exzellenz und Kundenfokus. Wir haben eine sehr hohe Service-Qualität und wollen eine intensive Partnerschaft mit unseren Kunden; für mehr Qualität und weniger Kosten.

In der Lebensmittelbrache positionieren sich die Anbieter stark. In der Reinigungsbranche machen alle alles…

Lackner: Das ist mir auch gleich aufgefallen. Es wird um jeden Euro gekämpft, egal ob das die jeweilige Stärke ist. Letztlich hat dann doch jeder seine Cluster, aber es ist nach außen hin nicht so klar, wie in der Lebensmittelbranche. Es gibt wenig Anbieter mit einer klaren Positionierung. Dahinter wird aber dann doch sehr stark mit Referenzen gearbeitet, aber nach außen will sich kein Dienstleister beschneiden. Das beschränkt aber auch alle im Marketing, in der Positionierung. Mein 3-Jahresplan sieht jedenfalls vor: zuerst intern fit werden und dann unsere Stärken ausspielen.

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