Gerhard Klosterer, Service Development Director der Rentokil Initial GmbH, klärt auf.

Reinigung aktuell: Man spricht heute schon mal vom Comeback der Bettwanzen? Warum?
Gerhard Klosterer: Genau genommen waren sie nie weg. Nur hat die COVID-Pandemie in der Populationsdynamik von Bettwanzen zu Veränderungen geführt. In der COVID-Zeit, als Beherbergungsbetriebe geschlossen waren, sind die Populationen in diesen Betrieben schlichtweg verhungert. Denn was macht die Bettwanze, wenn niemand da ist? Sie versucht, irgendwo einen Wirt zu finden, sucht überall, verliert in dieser Zeit Energie und stirbt bzw. verhungert schlichtweg. Das hat dazu geführt, dass es nach der Pandemie einen extremen Rückgang der Bettwanzenpopulation gab – eben bis sie sich wieder erholt hat. Wir sind mit den Bettwanzen jetzt nur wieder dort, wo wir schon mal waren. Sie sind nur wieder auf dem früheren Niveau, so wie die Tourismuszahlen jetzt wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie sind.
Die Bekämpfung der Bettwanzen wird auch als die Königsklasse der Schädlingsbekämpfung bezeichnet. Warum? Weil die Bekämpfung dieses Schädlings die schwierigste ist?
Es sind mehrere Faktoren. Alles, was ein Parasit ist, der beim Menschen Blut saugt, ist schon mal eine schwierige Angelegenheit, sprich: bei allem, womit der Mensch direkt in Kontakt ist, muss man vorsichtiger sein. Wenn man in einem Lebensmittelbetrieb Schaben hat, „vergreift“ sich die Schabe nicht direkt am Menschen. Die Bettwanze dagegen lebt immer im sehr nahen Umfeld von Menschen, im Intimbereich des Menschen, meistens im Schlafzimmer, im Wohnzimmer oder in einem Hotelzimmer, da, wo man sich eigentlich wohlfühlen soll, wo man sich aufhält, wo man einfach seine Ruhe haben will, damit man sich erholen kann. Genau dort lebt die Bettwanze, und sie lebt gut versteckt. Sie vermehrt sich dort, sie legt dort ihre Eier ab, sie hinterlässt dort ihren Kot, ihre Häutungsreste und sie kommt mehrmals pro Woche zum Menschen zum Blutsaugen. Das ist natürlich ein Faktor, der im Privatsektor die Hausbewohner natürlich unruhig macht. Die Verschleppung im Haus haben Sie ja genauso bei Privaten.
Gibt es Beherbergungsbetriebe, wo sich Bettwanzen besonders gern aufhalten? Zum Beispiel auf Schutzhütten, wie man hört…?
Schutzhütten gehen sehr offen mit dem Thema um und sind deswegen auch sehr oft in den Medien. Das triggert uns natürlich, sodass wir glauben, auf den Schutzhütten wäre ein besonders starkes Bettwanzen-Aufkommen. Aber natürlich, die Schutzhütte ist meistens aus Holz, das heißt, die Bettwanze hat hier optimale Versteckmöglichkeiten, optimale Bedingungen und man hat in der Regel jeden Tag neue Gäste, mit Schweiß beladenes Gepäck auf engstem Raum im Matratzenlager, wo die Bettwanzen dann permanent einen Austausch und permanent neue Transportmöglichkeiten haben, um von einer Hütte zur nächsten zu kommen. Ja, das ist ein gutes Feld für Bettwanzen, keine Frage. Aber wir haben das Problem genauso in vielen anderen Beherbergungsbetrieben.

Gibt es Früherkennungssysteme oder vorbeugende Maßnahmen gegen Bettwanzen? Oder steht man da immer vor vollendeten Tatsachen?
Bedingt. Also die Hände sind uns fast gebunden. Der Markt ist teilweise geflutet mit Pseudohilfsmitteln wie speziellen Bettwanzen-Matratzen, -Überzügen usw. – alles unnötig, alles Humbug. Detektoren funktionieren nur teilweise, sind aber noch nicht fähig, den Menschen so gut zu imitieren, dass sie auch wirklich angelockt werden.
Die beste Früherkennung ist immer ein Hotelpersonal, das gut geschult wird. Ich rede nicht von drei Stunden Schulung pro Woche, sondern einmal im Monat für zehn Minuten Bewusstseinsschulung: Wie erkenne ich Spuren von Bettwanzen? Ob es Kotspuren sind, ob es tote oder lebende Tiere sind? Oder Bluflecken am Leintuch – wenn das Hotelpersonal überlegt, hier könnten Bettwanzen sein, selbst wenn dann vielleicht keine sind – das ist das beste Frühwarnsystem. Manche Hotels gehen auch präventiv mit Spürhunden durch. Einige nehmen das Thema sehr ernst, meistens gebrannte Kinder, wie man so schön sagt. Die lassen einmal im Jahr das komplette Hotel durchsuchen. Da geht der Hund durch, um im besten Fall festzustellen, dass es keinen Befall gibt.
Mit welchen Mitteln werden Bettwanzen vom Profi bekämpft und wie wirksam sind diese Mittel?
Der Profi, der die Bettwanzen bekämpft, ist so gut geschult, dass er genau weiß, wo er diese Mittel ausbringt. Und er schöpft aus dem Pool an Methoden, die man als Schädlingsbekämpfer hat, alles aus. Deswegen auch die „Königsklasse“. Wir haben nicht nur einen Insektizid-Sprühbelag, sondern wir reden auch über Stäubepulver, die eine mechanische Austrocknung bewirken und wodurch das Insekt dann stirbt. Wir reden hier über Verschiedenes, auch über Heißdampf zum Beispiel, wo man, wenn man direkt bei den Eiern ist, diese kochen kann, dann „thermische Entwesungen“, wie wir dazu sagen, wenn man die Räume aufheizt und die Temperatur so lange wie möglich über 55 Grad hält. Also das Klassische, das man mittlerweile aus der Bekämpfung kennt. Das Gute dabei ist, dass es gegen Wärme noch keine Resistenzen gibt. Das ist auch nicht zu erwarten.
Thema Resistenzen: Die Hersteller der Bekämpfungsmittel müssten angeblich neue Mittel entwickeln, eben wegen der Resistenzen. Wie weit ist man da in der Entwicklung?
Die Hersteller wollen das, sie sehen natürlich einen großen Markt darin. Das Problem sind unsere EU-Regularien. Das ist jetzt keine Ausrede, sondern es sind einfach die Fakten, dass es extrem schwierig ist, hier etwas Neues auf den Markt zu bringen. Für ein Biozid eine Zulassung zu bekommen, ist mittlerweile genauso schwierig wie für ein Arzneimittel. Es sind nicht nur extrem hohe Kosten, sondern auch extrem lange Wege, bis man mit der Zulassung durch ist. Das heißt, selbst wenn die Hersteller das wollen, was ja der Fall ist – bis das einmal auf den Markt kommt, dauert es Jahre. Und dann ist das Mittel vielleicht schon wieder überholt. Das ist das große Problem, vor dem man da steht. Und die EU selbst geht in eine ganz andere Richtung. Wir haben das bei den Rodentiziden gesehen, es wird ja die Verwendung von Nagerbekämpfungsmitteln schon extrem eingeschränkt. Und der nächste Schritt ist, bei Insektiziden das Gleiche zu machen. Das wirkt sich natürlich am stärksten bei Bettwanzen aus. Also am besten gar kein Gift mehr. Das ist verständlich, hat eine gewisse Berechtigung als Denkansatz, aber bei Bettwanzen muss man derzeit einfach noch toxische Stoffe einsetzen, weil man mit der Wärme nicht in jede einzelne Ritze und Fuge vom Gebäude eindringen kann. Das ist die Problematik. Und die Bettwanzen wandern teilweise schon resistent gegen die Produkte, die wir einsetzen, aus Nicht-EU-Ländern zu uns. Und Resistenzbrecher sind bei uns, wie gesagt, sehr schwierig durchzusetzen.
Ihre Botschaft bezüglich Bettwanzen an die potentiellen Kunden der Schädlingsbekämpfer?
Offen mit dem Thema umgehen, Stichwort „Früherkennung von Bettwanzen durch dahingehend instruierte und geschulte Mitarbeiter.“ Im Zweifelsfall einfach den Schädlingsbekämpfer hinzuziehen, lieber einmal zu oft als einmal zu wenig, weil die Ausbreitung dann viel zu schnell geht und sich auf viele Zimmer ausbreitet. Also Früherkennung, Schulung von Personal – das ist der Kern, der Schlüssel zum Erfolg.