Kurz-Interview mit Mag. Dr. Stephan Schwarzer, Universitätsdozent an der WU Wien mit den Tätigkeitsschwerpunken Umweltrecht, Energierecht und Wirtschaftsrecht.

Herr Schwarzer, die Unternehmen ächzen unter der Belastung durch bürokratische Auflagen. Was ist da los?
Schwarzer: Bei der Finanzierung fängt es schon an mit den bürokratischen Unzumutbarkeiten. Wer einen Kredit bei der Bank braucht, wird gefragt, ob sein Vorhaben ökologisch vertretbar ist, Stichwort „Green Finance“ – ein großes Thema für jeden, der einen Kredit braucht, ob groß, mittel oder klein. Was im Prinzip sinnlos ist, denn wenn das zu finanzierende Vorhaben umweltgefährlich wäre, dürfte man es ohnehin nicht machen. Oder – die Werbung betreffend: Damit eine Reinigungsfirma sagen darf, dass sie umweltschonend reinigt, muss sie ein Umweltzeichen oder eine Zertifizierung haben. Auch bei ganz einfachen Dingen in der Werbung wie „Wir haben nachhaltigen Kaffee“ oder „Unser Orangen sind Bio“ greift der Gesetzgeber ein und sagt: „Du musst dafür ein eigenes Umweltzeichen haben.“ Und das kostet. Weshalb sich gerade die Kleinen schwer tun mit Umweltzeichen, der Aufwand sehr hoch ist.
Was ist der ärgste bürokratische Brocken?
Schwarzer: Der „Star“ unter den Bürokratiemonstern ist die Umweltberichterstattungsrichtlinie, die genauso rückgebaut werden müsste wie die Lieferkettenrichtlinie. Das müsste beides parallel passieren.
Was kommt noch alles auf uns zu?
Schwarzer: 2026 kommt die Entwaldungsverordnung, die „Deforestation Regulation“, auf uns, wo man dann von jedem Streichholz wissen muss, aus welchem Baum es gefertigt wurde.
Die Wirtschaft musste erst die Energiepreiserhöhung verdauen, die uns schon schwer getroffen hat, in einem zweiten Durchgang haben die Gewerkschaften Lohnerhöhungen durchgesetzt, was sie wieder schwer getroffen hat, weil die Lohnerhöhungen bei uns höher waren als anderswo. Und dann kommt noch diese Bürokratiekeule, die dazu führt, dass ein großer Betrieb eigenes ein paar Leute beschäftigen muss, um diese Dinge zu administrieren, um immer compliant zu sein. Und volkswirtschaftlich gesprochen, werden die Stückkosten immer höher, die Produktivität steigt nicht durch dieses Zettelausfüllen. Da müssen riesige Mengen von Dateien verwaltet werden, und wenn man einen Fehler macht, dann sind sehr hohe Strafen fällig. Jede einzelne bürokratische Maßnahme wäre vielleicht noch verkraftbar, aber die Summe macht es aus, ein Dutzend solcher Bürokratiemonster auf einmal zu verkraften ist schwer.
Was macht der Staat falsch?
Schwarzer: Der Staat kümmert sich viel zu viel um Dinge, die ihn eigentlich nichts angehen. Er soll sich darum kümmern, dass Menschen nicht gefährdet werden, dass die Umwelt nicht gefährdet wird. Er muss dann aber nicht auch noch drauflegen, wie man sich richtig zu verhalten hat und wie man nachweist, dass man sich richtig verhält. Da bleibt den Unternehmen dann nicht mehr viel Luft übrig zum Atmen.