Ob reiner Lästling, Materialschädling oder gefürchteter Gesundheitsschädling – die Ameise ist in jeder dieser Kategorien vertreten.
Ameisen zählen in der Schädlingsbekämpfung zu der Kategorie der Lästlinge. Wobei es unter den 14.000 bekannten Ameisenarten weltweit unterschiedliche Verhaltensweisen gibt. Die bekannteste Ameisenart ist die schwarzgraue Wegameise, die beinahe überall unterwegs ist . Ebenso bekannt und weit verbreitet ist die gemeine Rasenameise, die meist in Gärten und auch auf Terrassen vorzufinden ist. „Das sind die, mit denen man immer wieder zu tun hat. Wenn sie auf Nahrungssuche sind, werden sie gerne von zuckerbasierten Lockstoffen im Haushalt angelockt und wandern ins Haus hinein“, weiß Mst. Rainer Barath, Technischer Direktor Anticimex GmbH. „Und wenn sie dann direkt in den Lebensmittelvorrat wandern, haben sie natürlich schädigende Wirkung in dem Sinn, dass sie die Lebensmittel kontaminieren, wenn sie in Packungen hineinkriechen. Das wäre schon das nächste stärkere Szenario. Meistens aber werden sie nur als störend empfunden.“
Eine zweite Ameisen-Kategorie ist die, die auch Material angreift und wirklich als Schädling fungiert (Materialschädling). „Da reden wir aber noch immer nicht von der Pharaoameise, sondern zum Beispiel von holzzerstörenden Ameisen, die nicht wie die Termiten Frischholz oder verbautes, intaktes Holz angreifen, sondern bereits vorgeschädigtes Holz“, erklärt Barath. „Das ist zum Beispiel die glänzendschwarze Holzameise, aber auch die braune Wegameise. Diese Arten befallen Holz, wenn schon Feuchtigkeit eingedrungen ist und sich Pilze gebildet haben, das Holz also vorgeschädigt ist. Und diese Arten sind dann auch sehr hartnäckig und mit klassischen Ameisen-Köderdosen oder Vergrämungsmitteln nicht ganz so leicht zu bekämpfen.“
Und eine dritte Kategorie sind die, die wirklich Hygiene- bzw. Gesundheitsschädlinge sind, namentlich die Pharaoameise. Diese Art bevorzugt die eiweiß-basierte Nahrungsquellen und ist deshalb für vor allem für Krankenhäuser als auch Lebensmittelbetriebe ein großes Problem.


Je mehr Holz verbaut ist, umso besser für die Ameisen
Ameisen im Allgemeinen kommen praktisch überall hin. Sie sind natürlich in das Ökosystem integriert, und wenn wir unsere Häuser dort hinbauen und die Bedingungen passen, dann werden sich Ameisen dort auf die Suche nach Nahrung oder einem Unterschlupf begeben. Ein Haus ,ameisendicht’ zu bekommen, ist bei dieser kleinen Insektenart denn auch fast unmöglich. Aber es gibt natürlich gewisse Objekte oder auch Bauweisen, die Ameisenbefall begünstigen. „Einfamilienhäuser im Grünen eignen sich gut – dabei vor allem Holzriegelhäuser“, so Barath. Generell gelte: „Je mehr Biomaterial oder natürliches Material verbaut ist, desto eher lockt es diese Tiere an, weil es ihrem natürlichen Habitat ähnlich ist, so wie sie es in der Natur vorfinden. Also je mehr Holz verbaut wird, desto besser ist es für die Ameisen.“
Wird ein Schädlingsbekämpfer denn nicht eher in einen lebensmittelverarbeiteten Betrieb gerufen als in ein Wohnhaus? Barath: „Das würde ich so nicht sagen. Wir als Firma bedienen ja beide Segmente, also Firmenkunden genauso wie Privatkunden. Und im Privatkundensegment sind wir auch sehr stark über Hausverwaltungen vertreten. Gerade in größeren Städten rufen auch genügend Privatkunden direkt an.“ Und die Wegameise, die oft weite Strecken von 50 bis auch 100 Meter vom Nest aus zurücklege, finde man in Gebäuden dann sogar noch in oberen Stockwerken. Also das Ameisenproblem beschränke sich definitiv nicht nur auf die Lebensmittelindustrie.
Wie kann man Ameisen nun in Schach halten? „In Bezug auf Insekten gilt sowieso immer die Grundregel, Lebensmittel gut zu verpacken und in der Küche wegzuschließen. Die Küchenhygiene ist somit sicher das Hauptthema“, erklärt der Profi. „Ein zweiter Punkt, der zu beachten ist, bezieht sich auf die Instandhaltung des Hauses. So schauen wir Schädlingsbekämpfer bei einem Befall zum Beispiel immer auch, ob Feuchtigkeit vorhanden ist. Vor allem bei verbautem Holz oder eben gerade bei Holzriegelhäusern sind feuchte Stellen ein großes Thema. Ebenso muss man unter den Fensterbänken immer wieder nachschauen, ob diese fachgerecht eingebaut wurden, also nach unten hin dicht sind. Wenn Ameisen unterm Fenster hereinkommen, ist das meistens mangelndem Einbau geschuldet. Bei Fenstereinbauten sollte man sich jedenfalls genau anschauen, ob wirklich alles dicht ist – auch ob zum Beispiel Silikonfugen zu erneuern sind. Das Wichtigste ist aber ganz allgemein, offene Lebensmittel zu vermeiden.“
Ein eigenes Thema ist, wenn man Ameisen im Garten hat. Auch dazu, sagt Barath, bekomme man sehr viele Anrufe – „und das kann auch mit Obsträumen zusammenhängen, die Blattläuse haben, von deren Ausscheidung, dem Honigtau, sich die Ameisen ernähren. Da kann es sein, dass sich aus diesem Grund ein Nest in der Nähe befindet. In dem Fall könnte man zum Beispiel eine Blattlausbekämpfung durchführen oder einfach die Obsträume gut pflegen.“
Worst-Case-Szenario Pharaoameisen im Krankenhaus
Pharaoameisen im Krankenhaus sind das Worst-Case-Szenario. Das Thema Hospitalismus ist hier das Problem, es soll ja nicht so sein, dass man relativ gesund ins Krankenhaus geht und dann krank wieder herauskommt. Umso wichtiger ist dort eine penible Hygiene. Sollten Pharaoameisen im Krankenhaus auftreten, ist wirklich Feuer am Dach. Dieser gefürchtete Schädling geht zum Beispiel gerne auf Wundabfall, da hier Blut und Eiter als Eiweißquelle im Vordergrund stehen. Dementsprechend ist die Pharaoameise auch etwas anders zu bekämpfen. „Aber wenn wir mal nicht vom Worst-Case-Szenario im Krankenhaus reden, sondern nur von Mehrparteienhäusern, dann haben wir dort die größte Ausbreitungsgefahr“, so Rainer Barath. Die Pharaoameise brauche ein eher warmes Klima, sie komme ja auch ursprünglich aus Ägypten. Deswegen halte sie sich dauerhaft in gut beheizten Räumlichkeiten auf. Und gerade im Mehrparteienhäusern breite sie sich vom Heizungskeller bis in die Wohnungen entlang der Heizungsverläufe aus.
Ein weiteres Problem ist, dass die Pharaoameise, weil sie sehr klein ist, viel kleiner als eine Wegameise (ungefähr ein Drittel davon) oft auch unentdeckt bleibt und sich dann dementsprechend vermehren kann.
„Der nächste Punkt ist, dass die Pharaoameise ein Vektor für Krankheitserreger ist, weswegen sie auch gefürchtet ist“, ergänzt Barath, „und deswegen gibt es zum Beispiel in Wien, was ich sehr fortschrittlich finde, die Pharaoameisenverordnung.“ Diese besagt, dass die Pharaoameisen in Wien gemeldet und dann auch bekämpft werden müssen. Und wenn der Schädlingsbekämpfer zur Bekämpfung von Pharaoameisen gerufen wird, wird meistens im ganzen Haus bekämpft, nicht nur in einer Wohnung, denn bei einem Befall ist meist nicht nur eine Wohnung betroffen, sondern gleich mehrere, da diese ja über die Heizungsstränge alle miteinander verbunden sind. Barath: „Von zum Beispiel 50 Wohnungen können meist auch 5 bis 10 oder mehr befallen sein. Das potenzielle Risiko ist aber für alle Wohnungen in dem Wohnhaus gegeben. Deswegen werden immer gleich alle Wohnflächen bekämpft. Wichtig ist, dass man, wenn man in Wien wohnt, den Befall der Hausverwaltung meldet und nicht selber mit Insektenspray arbeitet.“ Gegen eine klassische Wegameise könne man auch selber mit handelsüblichen Mitteln arbeiten und erst, wenn man es nicht mehr in den Griff bekomme, einen Schädlingsbekämpfer rufen. „Aber gegen die Pharaoameise haben Sie selber als Privatperson keine Chance“, betont Barath. „Wir Profis müssen mit speziellen Ködern arbeiten, die eine Entwicklung der Folgegeneration mithilfe spezieller Wirkstoffe unterbindet. Wenn Sie hingegen bei Pharaoameisen einen Insektenspray nehmen, erreichen sie das Gegenteil einer Bekämpfung.“ Warum? „Weil die Pharaoameisen durch den Einsatz von Insektensprays alarmiert werden und sofort mehrere neue Königinnen ausbilden. Am Ende haben Sie dann fünf- bis zehnmal so viel Tiere als vorher. Sie bauen dann auch mehrere Verzweigungen, die man vorher nicht hatte. Deswegen ist es absolut verboten, hier mit Insektenspray oder handelsüblichen Mitteln zu arbeiten.“