Roboter-Einsatz ist in vielen Bereichen schon gang und gäbe. Auch in Groß- oder Gemeinschaftsküchen soll es (bald) großflächig so weit sein. Denn Kochroboter, also die Essenszubereitung durch Geräte, werden schon seit einiger Zeit punktuell eingesetzt. Was bedeutet das für die Küchenhygiene?
Text: Erika Hofbauer

Jeder Einzug einer neuen Technologie in den Alltag erfordert genaue Kosten-Nutzen-Analysen. Gerade beim Einsatz von Robotisierung in (hygienisch) sensiblen Bereichen wie Küchen ist besonderes Augenmerk angesagt. Was halten Experten grundsätzlich vom Einsatz dieser Geräte im Zusammenhang mit Essenszubereitung? „Ich sehe im Einsatz von Kochrobotern in der Essenszubereitung eine große Chance“, ist beispielsweise Boris Brabatsch, Head of Marketing bei Sodexo Austria, überzeugt: „Der wesentliche Mehrwert liegt in der konstant hohen Qualität, die der Roboter liefert. Es spielt keine Rolle, ob ein Gericht morgens, mittags oder abends zubereitet wird, der Geschmack bleibt gleich, weil der Roboter sich exakt an die vorgegebenen Rezepturen und Mengen hält.“ Anders als beim Menschen, der etwa eine Prise Salz individuell dosiere, arbeite der Roboter grammgenau, so Brabatsch. In Österreich sei der Einsatz aktuell noch nicht möglich, weil die Behörden mit der Robotik im Küchenbereich noch kaum Erfahrung hätten, bedauert der Sodexo-Manager die aktuelle Situation, denn: „Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind auf traditionelle Küchenformen ausgelegt und es fehlt an konkreten Vorgaben für automatisierte Systeme. Technisch gesehen ist die Technologie allerdings ausgereift. Die Geräte funktionieren sehr gut, jedoch ist es wichtig, den richtigen Roboter für den jeweiligen Einsatzbereich auszuwählen.“ Ein Pizza-Roboter brauche zwar wenig Platz, könne aber eben nur Pizza. Ein großer Kochroboter benötige bis zu 16 Quadratmeter, weil er in einem geschlossenen System mit gekühlter Lagerung der Lebensmittel, automatisierter Zubereitung und integrierter Reinigung arbeite, erläutert Brabatsch: „Frittierte Gerichte wie ein klassisches Wiener Schnitzel kann er derzeit noch nicht zubereiten.“
Roboter-Erfahrung

Ronge & Partner Group
Manfred Ronge, Geschäftsführer der Ronge & Partner Group, möchte hier differenzieren: „Roboter, also die Automatisierung generell, haben in den Küchen der Gemeinschaftsverpflegung bereits seit einiger Zeit Einzug gehalten. Entgegen der Frage nach dem Einsatz beim Kochen direkt haben sich aber wesentlich mehr Systeme entwickelt, die an der Peripherie des Kochprozesses ihren Einsatz finden. Roboter helfen uns bei der Lagerhaltung, übernehmen logistische Dienste, um Lebensmittel oder fertige Speisen fahrerlos von A nach B zu bringen. Sie sind enorm hilfreich im Bereich der Spüle, schlichten Geschirr ein und aus, sortieren und überwachen die Sauberkeit. Auch in Krankenhäusern helfen Roboter beim Tablettieren der Speisen und legen die Tabletts, das Besteck, Teller und andere Utensilien auf. Selten, aber doch kommen sie zum Einsatz und helfen beim Anrichten von einzelnen Speisenkomponenten. Natürlich werden Roboter auch für Reinigungsaufgaben vermehrt eingesetzt.“ Bei Sodexo möchte man mit großen Schritten voranschreiten. Marketing-Chef Boris Brabatsch: „In Deutschland setzen wir bei Sodexo bereits erfolgreich einen großen Kochroboter ein. In Österreich arbeiten wir daran, diese Technologie ebenfalls einzuführen, sobald die gesetzlichen Rahmenbedingungen geklärt sind. Das Interesse unserer Kunden ist jedenfalls vorhanden, vor allem in Betrieben mit Schichtarbeit, wo Nachtschichtverpflegung gebraucht wird. Dort ist es besonders schwierig, Personal zu finden, und die Kochroboter sind eine willkommene Lösung.“ Bei den Kunden stehe vor allem Zuverlässigkeit, Hygiene und eine reibungslose Integration in den Betriebsablauf im Fokus, erzählt Brabatsch: „Wir sehen, dass die jüngere Generation, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist, besonders offen für den Einsatz von Kochrobotern ist. Sie haben keine Berührungsängste, sondern finden die Technik spannend. Der Prozess ist transparent, man kann dem Roboter bei der Arbeit zusehen, sieht, wie Zutaten verarbeitet werden, und versteht, was im Inneren passiert. Das schafft Vertrauen.“ Für Menschen, die sich im digitalen Umfeld weniger wohlfühlen, könne es anfangs eine gewisse Hemmschwelle geben, aber insgesamt sei die Akzeptanz hoch, betont Brabatsch.
Unverzichtbar
Ähnlich beurteilt auch Manfred Ronge die jüngste Entwicklung: „Im Gesundheitsbereich, insbesondere in Krankenhäusern, ist der Einsatz von Automatisierung in den vorhin genannten Bereichen praktisch Standard und unverzichtbar geworden, weil der Arbeitskräftemangel auch unsere Branche letztlich dort hingeführt hat. Bei der Planung von größeren Krankenhausküchen ist das also nicht nur fallweise angefragt, sondern inzwischen integrierter Bestandteil unserer Planungen.“ Wesentlich sei am Ende jedoch immer die Kosten-Nutzen-Rechnung. Diese gehe derzeit erst in großen Häusern auf: „Automatisierung spart zwar Personal, benötigt aber Platz und technische Servicierung.“
Küchenhygiene
Stichwort Küchenhygiene: Was ändert sich, wenn Kochroboter im Einsatz sind? Sodexo Marketing-Chef Brabatsch: „Die Küchenhygiene bleibt auch beim Einsatz von Kochrobotern ein zentrales Thema. Wir arbeiten selbstverständlich streng nach den HACCP-Richtlinien. Der Unterschied liegt darin, dass die Reinigung des Roboters täglich erfolgt, wie es das Lebensmittelhygienegesetz vorschreibt. Bestimmte Teile, wie etwa die Induktionstöpfe, werden automatisch gewaschen und desinfiziert. Der Roboter verfügt über Sensoren, die melden, wenn bestimmte Zutaten zur Neige gehen. Dann wird angezeigt, dass ein Behälter zum Beispiel nur noch zu 20 Prozent gefüllt ist und nachgefüllt werden muss. Für diese Aufgaben braucht es eine Person, die den Roboter serviciert, aber das ist planbar. Eine Reinigungskraft kann diese Tätigkeit übernehmen. Es ist also kein dauerhafter Personaleinsatz notwendig, sondern eine gezielte Betreuung.“ Für Manfred Ronge von der Ronge & Partner Group werden wohl einige veränderte Anforderungen an das Personal in diesem Zusammenhang zukommen: „Wie erwähnt, ist der Kochprozess von echten Robotern noch nicht abzubilden. Kochroboter der heutigen Generation sind zu langsam, um große Mengen in kurzer Zeit zuzubereiten. Digitale Tools und erste Ansätze von maschinellen Hilfsmitteln sind dennoch als unverzichtbarer Bestandteil unserer Küchen etabliert. Daher werden die Anforderungen an unser Personal zum Thema Digitalisierung, Prozesse, Logistik und Prozesssteuerung immer mehr.“
Zunehmende Automatisierung
Abseits von den Ausbildungsadaptierungen: Was wird sich in Zukunft noch ändern? Sodexo-Manager Boris Brabatsch: „Ich bin überzeugt, dass sich die Gemeinschaftsverpflegung durch die zunehmende Automatisierung stark verändern wird. Wir arbeiten bei Sodexo bereits daran, mithilfe von Künstlicher Intelligenz und historischen Daten vorherzusagen, welche Gerichte zu welchem Zeitpunkt besonders gefragt sein werden. Wenn wir etwa wissen, dass bei hohen Außentemperaturen bestimmte Speisen wie Salat-Bowls oder Gemüsegerichte besonders beliebt sind, kann der Roboter entsprechend bestückt werden. Das verändert die Abläufe, weil wir stärker vorausschauend planen können. Auch die Organisation wird effizienter und weniger Personal ist direkt an der Zubereitung beteiligt. Dafür braucht es Servicemitarbeiter, die den Betrieb des Roboters sicherstellen. Hygienekonzepte werden angepasst, aber sie lassen sich durch die Planbarkeit und Automatisierung leichter umsetzen. Die Entwicklung geht klar in Richtung technologiegestützte Entlastung und nicht in Richtung Verdrängung von Personal.“ Ins gleiche Horn stößt diesbezüglich auch Manfred Ronge: „Im Bereich der Hygiene erhalten wir einfach digitale Tools, die uns immer mehr unterstützen werden und vermehrt Reinigungsaufgaben übernehmen. Der Faktor Mensch und der Hausverstand wird im Umgang mit natürlichen Lebensmitteln nicht so schnell durch Roboter ersetzt werden können. In den Bereichen, wo die Automatisierung Einzug gehalten hat, wird das Arbeiten wesentlich genauer und bekommt seinen Schwerpunkt im Prozess, weil der „Kollege Roboter“ sehr „grantig“ auf Abweichungen reagiert und Flexibilität derzeit noch nicht seine Stärke ist. Der Kochprozess verändert sich also kaum, aber alles drum herum wird durch die Automatisierung entlastet.“ Steigende Anforderungen kommen also auf die Führungskräfte und die Technik zu, ist Ronge überzeugt.